Atmosphären-Wächter im All
Redaktion
/ Pressemitteilung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt astronews.com
13. Oktober 2017
Die europäische Umweltsatelliten-Flotte hat Zuwachs
bekommen: Am Vormittag startete vom russischen Weltraumbahnhof in Plesetsk der
Satellit Sentinel-5P an Bord einer Rockot-Trägerrakete. Der
Satellit soll in den kommenden Jahren aus 824 Kilometern Höhe Daten über die
Spurengase in der Atmosphäre und die Luftqualität zur Erde funken.
Sentinel-5P ist der erste
Copernicus-Satellit, der die Atmosphäre
beobachtet. Das Messinstrument TROPOMI untersucht
zahlreiche Spurengase und ihre Auswirkungen auf
die Luftqualität und unser Klima.
Bild: ESA / Stephane Corvaja [Großansicht] |
Welche Spurengase wie Stickstoffoxid, Ozon, Formaldehyd, Schwefeldioxid,
Methan und Kohlenmonoxid sind in unserer Atmosphäre? Wie hoch sind die globalen
und regionalen Feinstaubkonzentrationen? Welche Prozesse stecken hinter
Veränderungen der Atmosphäre und wie wirkt sich das auf unser Klima, unsere
Luftqualität und damit auch unsere Gesundheit aus?
Antworten auf diese Fragen soll der jüngste Satellit des Europäischen
Erdbeobachtungsprogramms Copernicus geben: Sentinel-5P ist am
13. Oktober 2017 um 11.27 Uhr MESZ an Bord einer Rockot-Trägerrakete
vom nordrussischen Weltraumbahnhof in Plesetsk ins All gestartet. Um 12.46 Uhr
MESZ erfolgte die planmäßige Abtrennung des Satelliten, die Solarpaneele
entfalteten sich und das erste Signal wurde empfangen. Sentinel-5P -
das P steht dabei für Precursor, also Vorläufer - ist Teil der Sentinel-Satellitenflotte,
die seit 2014 aufgebaut wird. Bis 2030 soll das in Qualität und Quantität
weltweit einzigartige Umweltüberwachungsprogramm 20 Erdbeobachtungssatelliten
umfassen.
"Sentinel-5P schließt weitestgehend die Lücke der Messung von Spurengasen
zwischen dem europäischen Umweltsatelliten ENVISAT und Sentinel-5, das als
Sensor auf den MetOp-Wettersatelliten der zweiten Generation ab 2021 zur
Verfügung stehen wird. Mit Sentinel-5P wird zudem der erste
Atmosphärensensor des Copernicus-Programms in Betrieb genommen", erläutert
Albrecht von Bargen vom Raumfahrtmanagement des Deutschen Zentrums für Luft- und
Raumfahrt (DLR) in Bonn. Deutschland beteiligt sich mit 256 Millionen Euro - das
sind gut 22 Prozent - am Erdbeobachtungsprogramm der europäischen
Raumfahrtagentur ESA und ist gemeinsam mit Großbritannien Programmführer.
Copernicus ist ein Erdbeobachtungsprogramm der Europäischen Union,
bei dem die ESA und ihre Mitgliedsstaaten die sogenannte Weltraumkomponente -
also die Sentinel-Satelliten und die wissenschaftlichen Messinstrumente
an Bord der Satelliten - zur Verfügung stellen. In Deutschland ist das DLR
Raumfahrtmanagement im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie
für die Koordination der deutschen ESA-Beiträge zuständig und im Auftrag des
Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur auch für die Umsetzung
der nationalen Copernicus-Dienste.
Der rund 820 Kilogramm schwere Sentinel-5P beobachtet aus 824
Kilometern Höhe die Spurengase der Erdatmosphäre. Mit seinem Messinstrument
TROPOMI (Tropospheric Monitoring Instrument) ist der Satellit in der Lage, Tag
für Tag wichtige Information über die Luftverschmutzung, den Zustand der
Atmosphäre sowie die Änderung des Klimas zu liefern. Mit einem Sichtfeld von
2600 Kilometern, knapp 1000 hochauflösenden Spektralkanälen und einer hohen
räumlichen Auflösung wird Sentinel-5P jeden Tag unseren gesamten
Planeten kartieren und setzt auch technisch neue Standards: TROPOMI misst im
ultravioletten, sichtbaren, nahen und kurzwelligen infraroten
Wellenlängenbereich und kann einen weiten Bereich an Luftschadstoffen wie
Stickoxide, Ozon, Formaldehyd, Schwefeloxide, Methan und Kohlenmonoxid
beobachten.
Die Datenprodukte zu diesen Spurengasen werden im Copernicus
Atmosphärendienst eingesetzt, um Daten auch zu regionaler Luftverschmutzung zur
Verfügung zu stellen. "Immer mehr öffentliche Einrichtungen greifen auf diese
Produkte zurück, um die Bürger bei Schadstoffbelastungen in dicht besiedelten
Gebieten zu warnen", so von Bargen. "Dazu gehören auch Maßnahmen, um die
negativen Auswirkungen auf die Menschen zu verringern. Ein praktisches Beispiel
für den nachhaltigen Beitrag der Raumfahrt für eine gesündere Umwelt."
Die Mission soll aber auch andere Daten bereitstellen wie zum Beispiel für
die Überwachung von Vulkanasche für die Flugsicherheit oder für Warnungen vor zu
hoher UV-Strahlung. Bedeutend ist die Fortsetzung der Zeitreihen der
Messinstrumente GOME, SCIAMACHY, GOME-2 und MIPAS durch Sentinel-5P:
Langjährige Klimadatensätze werden damit fortgeschrieben und finden Eingang in
den Copernicus Klimadienst. Das gesamte Nutzlastbodensegment
einschließlich des Datenempfangs, der Prozessierung, Archivierung und
Datenverteilung wurde vom Deutschen Fernerkundungsdatenzentrum des DLR in
Oberpfaffenhofen entwickelt und integriert.
Eingebunden in das Bodensegment der ESA wird auch der operationelle Betrieb
des Nutzlastbodensegments vom Deutschen Fernerkundungsdatenzentrum verantwortet.
Die Datenprozessoren, die die Messdaten in geophysikalische Datenprodukte
verwandeln, wurden von DLR Institut für Methodik der Fernerkundung , der
Universität Bremen, und dem Max-Planck-Institut für Chemie in Mainz in einem
europäischen Konsortium entwickelt.
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