Topographie der Erde als farbiges Muster
Redaktion
/ Pressemitteilung des DLR astronews.com
27. August 2014
Der erste Sentinel-1-Satellit der europäischen
Raumfahrtagentur ESA befindet sich seit April im All. Jetzt haben
Fernerkundungsexperten des DLR auf Grundlage von Radaraufnahmen erstmals ein
sogenanntes Interferogramm erstellt, das die Topographie der Erde als farbiges
Muster zeigt. Das Verfahren soll später ganz unterschiedlichen
Forschungsbereichen wichtige Daten liefern.
Dieses Interferogramm zeigt das Gebiet des
Golfs von Genua.
Bild: Copernicus data (2014)/ESA/DLR
Remote Sensing Technology Institute [Großansicht] |
Seit April 2014 fliegt der ESA-Satellit Sentinal-1A um die Erde -
und tastet mit seinen Radarstrahlen die Oberfläche der Erde auf einer Breite von
jeweils 250 Kilometern ab. Nun haben Wissenschaftler des Deutschen Zentrums für
Luft- und Raumfahrt (DLR) aus den aufgezeichneten Daten im Auftrag der ESA das
erste Interferogramm erstellt, ein Bild, das die Topographie der Erde als
farbiges Muster abbildet. Entstanden ist die Aufnahme durch die Verarbeitung von
zwei Bildern des Gebiets um Korsika und Genua vom 7. und 19. August.
"Wir konnten noch am selben Tag der zweiten Aufnahme die weltweit ersten
dieser Interferogramme berechnen und somit die Machbarkeit dieser Technologie
demonstrieren", betont Prof. Richard Bamler, Leiter des DLR-Instituts für
Methodik der Fernerkundung. Ziel dieser Entwicklung ist es, in einem
kontinuierlichen Monitoring Bewegungen der Erdoberfläche im Millimeterbereich zu
vermessen.
"Terrain Observation by Progressive Scan" (TOPS) nennt sich die neuartige
Aufnahmetechnik, mit dem Sentinel-1 die Erde kontinuierlich auf einer
Breite von 250 Kilometern abtastet. Dabei wird auf dieser Strecke alle fünf
Meter eine Höhenmessung vorgenommen. Die jeweils nächste Messung dieser Punkte
findet in Flugrichtung bereits in einer Entfernung von nur 20 Metern erneut
statt. Mit dieser Technologie werden in Zukunft von mehreren Sentinel-1-Satelliten
die Landflächen aller Kontinente in einzigartig kurzer Zeit und vor allem
permanent mit regelmäßiger Wiederholung aufgenommen.
Ein großer Vorteil ist, dass die Sensoren die Erdoberfläche unabhängig von
Bewölkung und Tageslicht systematisch als Bild aufnehmen. Die vom Radarsensor
zum Bild mitgelieferten Informationen über Phase und Polarisation ermöglichen
eine Reihe von wichtigen Anwendungen - von aktuellsten Höhenkarten über die
Beobachtung der Vegetation bis zu millimetergenauen Bewegungsmessungen aus dem
Weltraum an geologisch aktiven Objekten und Regionen.
Zahlreiche Verfahren für das Erstellen von Interferogrammen wurden bereits
mit dem deutschen Radarsatelliten TerraSAR-X entwickelt, den das DLR
steuert und betreibt. "Während TerraSAR mit höchster Auflösung und der
weltweit besten geometrischen Genauigkeit arbeitet, setzt Sentinel-1 im
Gegensatz dazu auf eine mittlere räumliche Auflösung, hat dafür aber eine enorme
Abbildungsleistung in der Fläche", erläutert Institutsleiter Bamler. In wenigen
Tagen können mit den 250-Kilometer-Bildstreifen ganze Länder und Kontinente
kartiert werden. "In ein paar Jahren werden wir so von jedem Punkt der Erde
wertvolle Zeitreihen zur Verfügung haben, für die Forschung zu Gletschern und
Eisschilden, Ozeanen, Vulkanen, Erdbebenzonen oder geologische Veränderungen der
Erde." Für diese Forschung wird häufig die Radar-Interferometrie benötigt.
Die TOPS-Technologie stellt jedoch hohe technische Anforderungen an die
interferometrische Verarbeitung ihrer Daten, die bisher nur von wenigen Teams
auf der Welt beherrscht wird. Am DLR-Institut für Methodik der Fernerkundung ist
zu diesem Zweck ein operationeller Prozessor im Auftrag der ESA entwickelt
worden. Doch erst seitdem der Satellit auf einem Orbit positioniert ist, auf dem
er nach exakt 175 Erdumrundungen und zwölf Tagen über dieselbe Region der Erde
fliegt, können die DLR-Wissenschaftler aus jeweils zwei Aufnahmen eines Gebiets
zu unterschiedlichen Zeitpunkten ihre Interferogramme berechnen.
Diese Ergebnisse leisten einen wichtigen Beitrag zur technischen Verifikation
der Sentinel-1-Mission und konnten der ESA sowie den Anwendern
insbesondere die gute Charakteristik der Daten demonstrieren. Bei zukünftigen
Forschungsprojekten könnten sich die Sentinel-1- und die TerraSAR-X-Mission
ergänzen. Geplant ist beispielsweise eine Bodensenkungskarte für Deutschland,
die Setzungen oder Hebungen des Erdbodens großflächig aufzeigen. "Sind solche
Gefährdungsgebiete mit Sentinel-1 erkannt, kann die genauere Analyse
mit hochaufgelösten TerraSAR-X-Daten folgen." Auch die hochpräzisen
Höhenmodelle der Radarmission TanDEM-X könnten genutzt werden, um die
Sentinel-1-Interferogramme geometrisch zu korrigieren.
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