Meilenstein für Datenautobahn im All
Redaktion
/ Pressemitteilung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt astronews.com
26. Juni 2012
Moderne Satelliten produzieren gewaltige Datenmengen, die
irgendwie auch wieder auf die Erde gelangen müssen. Besonders bei Satelliten,
die in einer relativ niedrigen Umlaufbahn kreisen, kann dies ein Problem sein.
Abhilfe soll das europäische Datenrelais-System EDRS schaffen. In
Oberpfaffenhoffen wurden dafür nun wichtige Verträge unterzeichnet.
Ein Netzwerk aus
geostationären Satelliten wird die Grundlage für EDRS
bilden.
Bild: ESA |
Ein wichtiger Meilenstein für die Inbetriebnahme einer
europäischen "Datenautobahn" im All ist erreicht: Gestern unterzeichneten der
DLR-Vorstandsvorsitzende Prof. Johann-Dietrich Wörner, der Vorsitzende der
Geschäftsführung der Astrium GmbH, Evert Dudok, und Gerhard Bethscheider,
Geschäftsführer der SES ASTRA TechCom S.A. (Luxemburg) im Deutschen
Raumfahrtkontrollzentrum beim DLR in Oberpfaffenhofen die Verträge für große
Teile des Bodensegments des neuartigen europäischen Datenrelais-Systems EDRS. Es
soll Europas Unabhängigkeit in der weltraumgestützten Satellitenkommunikation
vergrößern. Die Verträge haben eine Laufzeit bis 2030.
Basis des geplanten "European Data Relay Systems" (EDRS) sind zwei
geostationäre "Verteiler"-Satelliten, die aufgrund ihrer festen Position im
Weltraum die hochratigen Kommunikationsdaten von niedriger fliegenden
Erdbeobachtungssatelliten aufnehmen und ohne zeitliche Verzögerungen zur Erde
weiterleiten (astronews.com berichtete). Damit sind die Satelliten nicht - wie
bislang üblich - an die kurzen Kontaktzeiten während ihres Fluges über die
jeweiligen Bodenstationen gebunden.
"Es können also wesentlich größere Datenmengen schneller und über einen
längeren Zeitraum vom All zur Erde übertragen werden. Vor allem für die
Umweltbeobachtung ist dies von großer Bedeutung, zum Beispiel für
Notfalldienste, bei Naturkatastrophen oder auch für die Wettervorhersage",
erklärte Wörner. Das EDRS-Programm der Europäischen Weltraumorganisation ESA ist
deshalb auch zentraler Bestandteil des GMES-Programms von ESA und EU. GMES
(Global Monitoring for Environment and Security) ist ein europäisches Programm
zur weltweiten satellitengestützten Umwelt- und Sicherheitsüberwachung.
Wie die deutsche Radarsatellitenmission TanDEM-X besteht auch das
EDRS-Vorhaben aus einer Public-Private-Partnership (PPP): Diesmal jedoch
zwischen der ESA als Auftraggeber und der Astrium GmbH als Hauptauftragnehmer.
Das DLR ist im Unterauftrag von Astrium für den Aufbau großer Teile des
Bodensegments sowie für die Kontrolle der Nutzlast auf dem ersten, so genannten
EDRS-A-Satelliten und für die Steuerung und Kontrolle des so genannten
EDRS-C-Relay-Satelliten im Regelflugbetrieb über mindestens 15 Jahre zuständig.
Dazu entsteht ein eigenes EDRS-Kontrollzentrum im Deutschen
Raumfahrtkontrollzentrum des DLR.
Die beiden geostationären Relay-Satelliten senden die von den niedrigeren
Erdbeobachtungssatelliten gesammelten Datenpakete an insgesamt vier
Empfangsantennen, die auf dem Gelände der Bodenstationen in Weilheim (DLR), Redu
(Belgien) und im britischen Harwell stehen sollen. Die SES ASTRA TechCom S.A.
ist Lieferant der vier Antennen und wird im Auftrag des DLR die Antenne in Redu
betreiben. Die Antennen arbeiten im so genannten Ka-Frequenzband und können sehr
hohe Datenmengen im Gigabit-Bereich übertragen, speichern und zur Erde
weiterleiten.
Erstmals soll im Rahmen von EDRS auch in Deutschland entwickelte optische
Laserkommunikations-Technologie operativ für die Datenübertragung eingesetzt
werden. "Die europäische Infrastruktur in der Telekommunikation wird so enorm
verbessert", ist Wörner überzeugt: "Mit EDRS stehen erstmals operativ
geostationäre Datenrelais-Dienste für Partner und Kunden weltweit zur Verfügung.
Das Vorhaben beinhaltet die Entwicklung der notwendigen Technologien, den Aufbau
der Infrastruktur am Boden und im Weltraum und den zuverlässigen Betrieb des
Systems."
Nach seiner Entwicklungsphase soll EDRS ab Ende 2014 mit den ersten beiden
GMES-Erdbeobachtungssatelliten des Typs Sentinel für "Verkehr" auf der
unsichtbaren Datenautobahn im All sorgen. An Bord der Sentinels werden
sich auch kleine Laserkommunikationsterminals befinden, die über eine Entfernung
von 45.000 Kilometern Datenmengen von bis zu 1,8 Gigabit pro Sekunde übertragen
können. Das entspricht rund 100.000 bedruckten DIN-A4-Seiten in der Sekunde.
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