Blick auf Nepal aus dem Erdorbit
Redaktion
/ Pressemitteilung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt astronews.com
6. Mai 2015
Satelliten erweisen sich immer wieder als wichtige
Datenquellen nach Katastrophen. So werden aus dem All aktuelle Aufnahmen der vom
Erdbeben in Nepal betroffenen Regionen gemacht, um Hilfen besser organisieren
und Schäden erfassen zu können. Auf Grundlage von Daten des Satelliten
Sentinel-1 wurden inzwischen auch die Erdbewegungen während des Bebens berechnet.
Das Bild zeigt
die Veränderungen in Nepal zwischen aktuellen und früheren
Aufnahmen in Höhe und Lage in Blickrichtung des
Satelliten.
Bild: DLR [Großansicht] |
Das Earth Observation Center (EOC) des Deutschen Zentrums für Luft-
und Raumfahrt (DLR) konnte Ende der vergangenen Woche mithilfe der von
dem ESA-Radarsatellit Sentinel-1 aufgenommenen Daten der Erdbebenregion in
Nepal eine neue Gebietskarte erstellen und die Verschiebungen durch das Beben
berechnen.
Die Daten wurden am EOC zu einem Interferogramm verarbeitet, das die
Oberflächenverschiebungen zeigt, die durch das schwere Erdbeben vom 25. April
2015 verursacht wurden. Dabei ist eine über 90 Kilometer lange und 30 Kilometer
breite Fläche rund um Kathmandu betroffen. Durch das Beben wurden Spannungen
zwischen der indischen und eurasischen Platte gelöst und erzeugten so ruckartige
Bodenbewegungen im Bereich von mehreren Metern.
In der erstellten Karte sind die Deformationen farbig kodiert: Nahe der
Plattengrenze bewegte sich der Erdboden auf den Satelliten zu, das heißt nach
oben (blauer Bereich), weiter nördlich davon gab es damit zusammenhängende
Absenkungen (gelb), eine Gegenbewegung, wie sie oft bei Beben an
Subduktionszonen auftreten. Weiterhin stellten Wissenschaftler eine horizontale
Bewegung des Gebietes von bis zu zwei Metern in Nord-Süd-Richtung fest. In dem
Bild ist weiterhin die Lage der zahlreichen Nachbeben gekennzeichnet. Die
Wissenschaftler am EOC verglichen zur Berechnung Archivaufnahmen des Gebiets mit
aktuellen Radarbildern von Sentinel-1.
Das Zentrum für Satellitengestützte Kriseninformation (ZKI) des Deutschen
Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) stellte zudem den Hilfsorganisationen in
Nepal bereits am Montag nach dem Beben erste Referenzkarten der Region Kathmandu
zur Verfügung. Diese stammen von hochauflösenden Luftbilddaten des DLR-Instituts
für Optische Sensorsysteme. Unterdessen hat die Internationale
Katastrophencharta ("Space and Major Disasters") Satellitenaufnahmen in Auftrag
gegeben, um schnellstmöglich aktuelle Übersichtsbilder zur Verfügung zu stellen
und eine Schadensanalyse zu ermöglichen.
Die hochaufgelösten Daten von Kathmandu entstanden im Januar 2014 und konnten
vom ZKI als Referenzkarte an die Helfer vor Ort weitergegeben werden. Dadurch
hatten Organisationen wie THW oder DRK einen Lageplan, der die Infrastruktur vor
dem Beben zeigt. So konnten beispielsweise Zugangswege identifiziert,
Landeplätze für Helikopter ausfindig gemacht und die Hauptkrisengebiete bestimmt
werden. Auch zur Orientierung im Feld sind solche Karten hilfreich, da sie ein
sehr detailliertes Bild der Stadt vor dem Beben wiedergeben.
Die Aufnahmen entstanden im Rahmen des Projekts Mountain Wave, in
dem das DLR-Institut für Optische Sensorsysteme das modulare
Luftbildkamerasystem MACS (Modular Airborne Camera System) im Himalaya und über
dem historischen Teil von Kathmandu testete.
Das Zentrum für Satellitengestützte Kriseninformation (ZKI) ist ein Service
des Deutschen Fernerkundungsdatenzentrums (DFD) im DLR. Seine Aufgabe ist die
Bereitstellung eines 24/7 Service für die schnelle Beschaffung, Aufbereitung und
Analyse von Satellitendaten bei Natur- und Umweltkatastrophen, für humanitäre
Hilfsaktivitäten und für die zivile Sicherheit weltweit. Die Produkte werden
nach den spezifischen Bedürfnissen für nationale und internationale politische
Entscheidungsträger, Lagezentren sowie Hilfsorganisationen erstellt und auch der
Öffentlichkeit frei zugänglich gemacht.
Die internationale Charta "Space and Major Disasters" ist ein internationaler
Verbund von Raumfahrtagenturen, der 1999 von der Europäischen
Weltraumorganisation ESA und der französischen Raumfahrtagentur CNES gegründet
wurde. Der Verbund stellt nationalen Katastrophenschutzbehörden und
Hilfsorganisationen bei Naturkatastrophen oder technischen Großunfällen Daten
von Erdbeobachtungssatelliten schnell und unbürokratisch zur Verfügung.
Der Satellit Sentinel-1A wurde Frühjahr 2014 gestartet und verfügt
über ein fortschrittliches Radar, das rund um die Uhr in allen Wetterlagen
Bilder von der Erdoberfläche liefert. Er ist Teil des Copernicus-Programms.
Dieses globale Überwachungsprogramm, das von der Europäischen Union und der
europäischen Weltraumagentur ESA ins Leben gerufen wurde, soll wichtige Daten
für einen verantwortungsbewussteren Umgang mit den Ressourcen der Erde sowie zur
Erforschung des Klimawandels, seinen Auswirkungen und für den Schutz der
Bevölkerung vor Gefahren liefern.
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