101 Geysire auf Saturnmond identifiziert
von Stefan Deiters astronews.com
29. Juli 2014
Astronomen ist es gelungen, mithilfe von Daten der
Saturnsonde Cassini 101 einzelne Geysire auf dem eisigen Mond Enceladus zu
identifizieren. Die Analyse der Daten ergab, dass die Quelle der Geysire
offenbar tief im Inneren des Saturntrabanten zu finden ist und somit flüssiges
Wasser aus dem unterirdischen Ozean an die Oberfläche gelangen kann.
Blick auf die
Geysir-Region auf Enceladus.
Bild: NASA/JPL-Caltech / Space Science
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Der Mond Enceladus galt lange Zeit als relativ langweilige eisige Welt im
Orbit um den Ringplaneten Saturn. Dann aber entdeckte man auf Bildern der Sonde
Cassini Fontänen, die aus der Südpolarregion des Mondes ins All schießen. Sie
stammen alle aus einem Bereich mit langen tiefen Furchen im Eis, die die
Wissenschaftler inzwischen "Tigerstreifen" getauft haben. Unter der eisigen
Oberfläche des Saturnmonds vermuten die Astronomen zudem einen Ozean aus flüssigem
Wasser.
Ein Forscherteam hat nun Cassini-Beobachtungen der Tigerstreifen-Region aus fast
sieben Jahren ausgewertet und so eine Karte erstellen können, auf der die Orte
von 101 individuellen Geysiren eingetragen sind. Sie allen haben ihren Ursprung
in einer der Tigerstreifen-Furchen und scheinen zudem in Verbindung mit lokalen
"Hotspots" zu stehen, also kleinen Bereichen, in denen eine etwas höhere
Temperatur gemessen wird. Dies wiederum ist ein Indiz für den Ursprung der
spektakulären Fontänen.
Seit der ersten Sichtung der Geysire im Jahr 2005 versuchen die Wissenschaftler
herauszufinden, wie genau sie entstehen und woher sie stammen. Eine Theorie
bringt die
Geysire mit der Gezeitenwirkung in Verbindung, die der riesige Saturn auf den
umlaufenden Eismond ausübt. So wäre es beispielsweise möglich, dass Enceladus so
gestaucht und gestreckt wird, dass gegenüberliegende Wände in den
Tigerstreifen-Furchen aneinanderreiben, wodurch dann Wärme entsteht und
schließlich Dampf und Flüssigkeit für die Geysire frei wird.
Andere vermuteten, dass sich Brüche im Eis durch die Gezeitenwirkung öffnen und
wieder schließen und dadurch immer wieder Wasser aus tieferen Regionen an die
Oberfläche gelangen kann. Welcher Prozess genau zur Entstehung der Geysire
führt, ließ sich bislang kaum sicher sagen. Die nun vorgestellten Daten liefern
jedoch sehr konkrete Hinweise auf den Ursprung.
Als die Wissenschaftler nämlich die genauen Orte der Geysire mit
vergleichsweise groben Wärmedaten der Region verglichen, stellten sie fest, dass
die höchste Geysir-Aktivität sich dort findet, wo auch am meisten Wärmestrahlung
ausgesandt wird. Auch die Gezeitenverformung war dort am größten, wo sich die
meisten Geysire befanden.
Eine weitere Karte mit hochaufgelösten Wärmekarten lieferte dann den
entscheidenden Hinweis: Offenbar stimmten die Orte einzelner Geysire mit kleinen
lokalen Hotspots überein, die einen Durchmesser von deutlich weniger als 100
Metern aufwiesen. So kleine wärmere Bereiche aber lassen sich kaum durch Reibung
erklären, die durch Gezeiten verursacht wird. Viel besser passt als Erklärung
in diesem Fall die Kondensation von Dampf an den oberflächennahen Wänden der Furchen.
"Als wird diese Ergebnisse in den Händen hielten, wussten wir sofort, dass die
Wärme nicht etwa die Geysire verursacht, sondern genau umgekehrt", erläutert
Carolyn Porco vom Cassini Imaging Team am Space Science Institute in Boulder im
US-Bundesstaat Colorado. "Es verriet uns auch, dass die Geysire kein
Oberflächenphänomen sind, sondern eine viel tiefere Quelle haben."
Bei dieser Quelle muss es sich, so die Analyse der Wissenschaftler, um den
unterirdischen Ozean handeln, der schon seit längerem unter der eisigen
Oberfläche des Saturnmonds vermutet wird. Auf seine Existenz hatten
beispielsweise Schwerefeldmessungen während der Vorüberflüge von Cassini
hingewiesen (astronews.com berichtete).
In einer anderen Studie wurde die sich verändernde Helligkeit der Geysire
untersucht. Geht man davon aus, dass die Entstehung der Fontänen tatsächlich
etwas mit dem Öffnen und Schließen der Furchen durch die Gezeitenwechselwirkung
mit Saturn zu tun hat, lassen sich die Helligkeitsvariationen bereits mit dem
einfachsten Modell über die Gezeitenwirkung erklären. Allerdings konnten die Forscher damit
noch nicht alle Eigenschaften der Geysire erklären, etwa den genauen
Zeitpunkt, wann die Geysire heller werden.
Die Ergebnisse sind in zwei Fachartikeln beschrieben, die gerade in der
Zeitschrift The Astronomical Journal erschienen sind.
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