Neue Hinweise auf Ozean unter dem Eis
von Stefan Deiters astronews.com
4. April 2014
Bei drei Vorüberflügen der Saturnsonde Cassini am
Eismond Enceladus
haben Astronomen neue Indizien dafür gefunden, dass sich unter der eisigen
Oberfläche des Mondes ein lokaler Ozean aus Wasser befindet. Aus diesem
Reservoir könnten sich auch die Fontänen am Südpol speisen, die die Sonde im
Jahr 2005 erstmals beobachtet hat.
So stellen sich
die Wissenschaftler den inneren Aufbau von
Enceladus vor: Eine Gesteinskern im Inneren ist
von einer dicken Eisschicht umgeben, auf der
Südhalbkugel gibt es dazwischen noch einen Ozean
aus Wasser.
Bild: NASA / JPL-Caltech [Großansicht] |
Bevor die Saturnsonde Cassini den Ringplaneten erreichte, hielt man die Mehrzahl
seiner Monde für relativ langweilig: Mit Ausnahme des in eine dichte Atmosphäre
gehüllten Titan schien es sich bei ihnen um tiefgefrorene eisige Welten zu
handeln, auf denen es nicht viel zu entdecken gab.
Doch dann
beobachtete Cassini spektakuläre Fontänen aus
Eispartikeln und Wasserdampf, die aus der Südpolarregion von Enceladus ins All
geschleudert wurden. Und bald tauchte der Verdacht auf, dass diese Fontänen
eventuell aus einem Ozean aus flüssigem Wasser gespeist werden könnten, der sich
unter der Oberfläche des 500 Kilometer durchmessenden Mondes verbirgt.
Jetzt liefern neue Untersuchungen, die auch auf
Cassini-Daten beruhen,
weitere starke Indizien für die Existenz eines lokalen Ozeans unter dem Eis. Die
Wissenschaftler werteten die Daten eines Radioexperiments während dreier
Vorüberflüge von Cassini an dem Mond in den Jahren 2010 und 2012 aus. Dabei
hatte sich die Sonde dem Mond auf weniger als 100 Kilometer genähert - zweimal
war sie dabei über die Südhalbkugel und einmal über die Nordhalbkugel geflogen.
Bei den Vorüberflügen wurde die Sonde von der Anziehungskraft des Mondes ganz
leicht abgelenkt. Ihre Geschwindigkeit änderte sich dadurch um 0,2 bis 0,3
Millimeter pro Sekunde. Dies mag wenig erscheinen, ließ sich aber mithilfe der
Radiosignale, die Cassini zur Erde sandte, messen. Auf diese Weise erhielten die
Wissenschaftler einen Hinweis darauf, wie sich die Anziehungskraft von Enceladus
entlang der Bahn der Sonde veränderte. Diese Daten ließen dann
Rückschlüsse auf den inneren Aufbau des Mondes zu.
Eine höhere Anziehungskraft als gewöhnlich deutet beispielsweise auf einen Berg
oder eine andere Massenansammlung hin, während eine geringere Anziehungskraft
auf ein Massendefizit hinweist. Bei den Vorüberflügen stellten die
Wissenschaftler nun eine geringere Masse als erwartet an der Oberfläche der
Südpolarregion fest und eine höhere Masse in einer Tiefe von 30 bis 40
Kilometern.
"Wenn man die Bewegung der Raumsonde so untersucht und zudem die
Topografie des
Mondes berücksichtigt, die wir dank der Kameras von Cassini kennen, erhalten wir
praktisch ein Fenster in den inneren Aufbau von Enceladus", erläutert Luciano
Iess von der Università La Sapienza in Rom, der auch Erstautor eines
Fachartikels über die Beobachtungen in der Fachzeitschrift Science ist. "Die
Abweichungen der Bewegung der Raumsonde lassen sich am einfachsten erklären, wenn
man eine asymmetrische innere Struktur annimmt, wie etwa eine Eisschicht, die in
der südlichen Hemisphäre über flüssigem
Wasser in einer Tiefe von 30 bis 40 Kilometern liegt."
Die Daten
wären auch mit der These vereinbar, dass Enceladus über einen globalen
Ozean verfügt, doch würde sich, so die Wissenschaftler, ein lokaler Ozean, der
sich vom Südpol bis etwa zum 50. südlichen Breitengrad erstreckt, am besten mit
der Topographie des Mondes und den in der Tigerstreifen-Region gemessenen
höheren Temperaturen in Einklang bringen lassen. Die Tigerstreifen-Region ist
der Bereich, aus dem die Fontänen von Enceladus kommen.
Der lokale Ozean 30 bis 40 Kilometer
unter dem Eis dürfte eine Tiefe von
ungefähr zehn Kilometern haben. Es ist zwar nicht sicher, dass er durch Spalten und Brüche im Eis mit den Fontänen an der
Oberfläche verbunden ist, erscheint den Forschern aber als durchaus möglich. Flüssiges Wasser gilt als notwendige Zutat für die
Entwicklung von Leben. Der Nachweis eines verborgenen Sees aus Wasser würde Enceladus somit noch interessanter machen, als der Saturnmond ohnehin schon ist.
|