Kohlendioxid auf der Oberfläche des Jupitermonds Europa
von
Stefan Deiters astronews.com
21. September 2023
Der Jupitermond Europa verfügt unter seiner eisigen
Oberfläche über einen Ozean aus flüssigem Wasser, der lebensfreundlich sein
könnte. Doch gibt es dort tatsächlich alle Zutaten für das uns vertraute Leben?
Mithilfe des Weltraumteleskops James Webb wurde auf Europas Oberfläche nun
Kohlendioxid nachgewiesen, das wohl aus dem Ozean stammt.
Blick der NIRCam von James Webb auf den Jupitermond Europa. In
den hellen Bereichen Powys Regio (links) und Tara Regio
(rechts) konnte eine erhöhte Konzentration von
Kohlendioxid-Eis nachgewiesen werden.
Bild: NASA, ESA, CSA, G. Villanueva (NASA/GSFC), S.
Trumbo (Cornell Univ.), A. Pagan (STScI) [Großansicht] |
Mithilfe des James Webb Space Telescope ist es gelungen, in einer
bestimmten Region auf der eisigen Oberfläche des Jupitermonds Europa
Kohlendioxid nachzuweisen. Dieses dürfte, so das Ergebnis einer Analyse,
wahrscheinlich aus dem Ozean stammen, der unter der Oberfläche des Mondes
vermutet wird - und nicht etwa von Meteoriten oder anderen externen Quellen.
Zudem scheinen die Ablagerungen noch vergleichsweise jung zu. Das wirft ein
neues Licht auf den Trabanten, dessen Ozean schon zuvor als Ort galt, in dem
sich eventuell Leben hat entwickeln können.
"Auf der Erde mag das Leben
chemische Vielfalt - je mehr Vielfalt, desto besser. Wir haben hier
kohlenstoffbasiertes Leben. Wenn wir die Chemie des Ozeans von Europa
verstehen, können wir herausfinden, ob die dortigen Bedingungen für Leben wie
wir es kennen ungünstig sind oder ob es ein guter Ort für Leben sein könnte",
sagte Geronimo Villanueva vom Goddard Space Flight Center der NASA.
"Wir denken, dass wir durch die Beobachtungen den Beweis haben, dass der
Kohlenstoff, den wir auf der Oberfläche Europas sehen, aus seinem Ozean
stammt", ergänzt Samantha Trumbo von der Cornell University.
"Das ist alles andere als trivial: Kohlenstoff ist ein biologisch essentielles
Element."
Mit James Webb konnten nun zwei Teams feststellen, dass Kohlendioxid
insbesondere in
der Region Tara Regio auf Europa in erhöhter Konzentration vorkommt. Dieses Gebiet ist geologisch jung: Es gibt Brüche in der eisigen Oberfläche und es
hat wahrscheinlich einen Materialaustausch zwischen dem unterirdischen Ozean und
der Oberfläche gegeben. "Frühere Beobachtungen mit dem Hubble-Weltraumteleskop
lieferten Hinweise auf Salz aus dem Ozean in Tara Regio", so Trumbo. "Jetzt
sehen wir, dass auch Kohlendioxid dort stark konzentriert ist. Wir vermuten,
dass dies darauf hindeutet, dass der Kohlenstoff seinen Ursprung wohl im Ozean
im Inneren hat."
"In der Wissenschaft wird darüber diskutiert, inwieweit
der Ozean von Europa mit der Oberfläche verbunden ist", erklärt Villanueva. "Ich
denke, dass diese Frage ein starker Antrieb für die Erforschung von Europa war.
Die neuen Daten deuten darauf hin, dass wir in der Lage sein könnten, einige
grundlegende Dinge über die Zusammensetzung des Ozeans zu erfahren, noch bevor
wir durch das Eis bohren, um uns vor Ort ein eigenes Bild zu machen." Beide
Teams identifizierten das Kohlendioxid mithilfe von Daten des
Nahinfrarot-Spektrographen NIRSpec von James Webb.
Kohlendioxid ist auf der Oberfläche von Europa nicht stabil, was dafür
spricht, dass sich die Ablagerungen erst in geologisch jüngerer Zeit gebildet
haben. Diese These wird auch durch den Nachweis von Kohlendioxid in einer
geologisch sehr jungen Region unterstützt. "Diese Beobachtungen haben nur wenige
Minuten der Beobachtungszeit von James Webb in Anspruch genommen",
betont Heidi Hammel von der Association of Universities for Research in
Astronomy. "Selbst in dieser kurzen Zeit konnten wir wirklich große
wissenschaftliche Arbeit leisten. Das gibt einen Vorgeschmack auf all die
spannenden Erkenntnisse über das Sonnensystem, die wir mit Webb
erzielen können."
Die Ergebnisse sind natürlich insbesondere zur Vorbereitung der anstehenden bzw. bereits
gestarteten Missionen zu den Jupitermonden interessant. Mit dem Europa Clipper,
den die amerikanische Raumfahrtbehörde NASA in einem Jahr starten will, soll
Europa gründlich untersucht werden. Die ESA-Sonde JUICE ist bereits auf dem Weg
und wird
zusätzlich auch die Monde Ganymed und Kallisto ins Visier nehmen.
Über die Ergebnisse berichten die Teams in zwei Fachartikeln, die in der
aktuellen Ausgabe der Zeitschrift Science erschienen sind.
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