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Bei dem dunklen Material, das auf der Oberfläche des Jupitermonds Europa zu sehen ist, könnte es sich um Ablagerungen von Seesalz handeln. Das Salz müsste dann aus dem Ozean stammen, den Wissenschaftler unter der Oberfläche vermuten. Dies ergaben Laboruntersuchungen, bei denen die Bedingungen auf der Oberfläche Europas simuliert wurden.
"Zu Europa haben wir viele Fragen", so Curt Niebur, der als Wissenschaftler in der Abteilung für Äußere Planeten am NASA-Hauptquartier in Washington arbeitet. "Die mit Abstand wichtigste Frage ist zugleich am schwierigsten zu beantworten: Gibt es dort Leben?" Untersuchungen, wie die jetzt vorgestellte Studie, seien dabei von entscheidender Bedeutung, weil sie versuchen, die Fragen zu beantworten, auf die man tatsächlich eine Antwort finden kann - wie etwa, ob es auf Europa lebensfreundliche Bedingungen gibt. "Wenn wir diese Antworten haben, können wir uns der großen Frage zuwenden, ob es in dem Ozean unter der Eiskruste Europas Leben gibt." Die Oberfläche des Jupitermonds fasziniert die Forscher schon seit vielen Jahren. Insbesondere fragen sie sich, um was für ein Material es sich handelt, das langgezogene Brüche und vergleichsweise junge geologische Strukturen überzieht und auffällig dunkel erscheint. Die Regionen, in denen man dieses dunkle Material sehen kann, lassen vermuten, dass es aus dem Untergrund von Europa stammt. Über seine chemische Zusammensetzung weiß man bislang jedoch nur wenig. Im Untergrund von Europa vermuten Wissenschaftler schon seit längerem eine Schicht aus Wasser. "Wenn es sich einfach nur um Salz aus dem Ozean darunter handelt, wäre das eine sehr einfache und elegante Lösung, um das mysteriöse dunkle Material zu erklären", so Kevin Hand, Planetenwissenschaftler vom Jet Propulsion Laboratory (JPL) der NASA und Leiter der aktuellen Untersuchung.
Noch etwas ist über Europa bekannt: Der Mond ist durch das Magnetfeld von Jupiter erheblicher Strahlung ausgesetzt. Elektronen und Ionen treffen ständig mit Geschwindigkeiten auf die Oberfläche des Trabanten, die denen in Teilchenbeschleunigern gleichen. Immer wieder wurde daher vorgeschlagen, dass auch die Strahlung eine Rolle bei der Erklärung des dunklen Materials spielen könnte. Die Verfärbungen auf Europas Oberfläche wurde in früheren Studien unter anderem mit Schwefel- und Magnesiumverbindungen erklärt. Tatsächlich scheint Schwefel, der durch die Strahlung verändert wurde, für einige der Farben auf Europa verantwortlich zu sein. Die jetzt vorgestellte Untersuchung deutet allerdings darauf hin, dass auch normales Salz, unter dem Einfluss von Strahlung, die Farben in den jüngsten Regionen des Mondes erklären könnte. Hand und sein JPL-Kollege Robert Carlson untersuchten in einer kleinen Analysekammer verschiedene infrage kommenden Substanzen, die die Färbungen erklären könnten. "Wir nennen das 'Europa in der Dose'", so Hand. "Wir bilden hier die Bedingungen auf Europa in Bezug auf Temperatur, Druck und Strahlenbelastung nach. Die Spektren der Substanzen können dann mit denen verglichen werden, die Raumsonden und Teleskope gewonnen haben." Hand und Carlson untersuchten insbesondere normales Salz, also Natriumchlorid, sowie verschiedene Mischungen aus Salz und Wasser. In der Vakuumkammer kühlten sie die Stoffe auf minus 173 Grad Celsius ab und setzten sie intensiver Strahlung aus. Nach vielen Stunden und Tagen in der Kammer, die in der Realität wohl Jahrhunderten auf Europa entsprechen würden, wurden die zuvor weißen Salzproben gelblich braun - ganz ähnlich wie bestimmte Strukturen auf Europa. "Diese Studie sagt uns, dass die chemische Signatur von Natriumchlorid, das intensiver Strahlung ausgesetzt ist, sehr gut mit den Raumsonden-Daten des mysteriösen Materials auf Europa übereinstimmt", so Hand. Außerdem zeigte sich, dass die Salzproben umso dunkler wurden, je länger sie bestrahlt worden sind. Dies könnte sogar eine Datierung der auf Europa vermuteten Eruptionen von Material aus dem Untergrund erlauben. Salz aus dem Ozean unter der Oberfläche wäre auch ein Hinweis darauf, dass es eine Wechselwirkung zwischen Ozean und dem steinigen Meeresboden gibt. Dies könnte ein wichtiger Faktor für die Lebensfreundlichkeit des Ozeans sein. Mit Teleskopen lässt sich die Frage, ob es sich tatsächlich um Salz handelt, gegenwärtig nicht beantworten. Klarheit dürfte somit wohl erst eine Sonde bringen, die entsprechende Messungen aus der Nähe vornehmen kann. Über ihre Untersuchungen berichten die Wissenschaftler in einem Fachartikel, der in der Zeitschrift Geophysical Research Letters erscheint.
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