Leben durch Wasserstoffperoxid?
von Stefan Deiters astronews.com
8. April 2013
Beobachtungen mit dem Keck-II-Teleskop auf Hawaii
haben gezeigt, dass es fast überall auf der eisigen Oberfläche des Jupitermonds Europa
signifikante Vorkommen von Wasserstoffperoxid gibt. Wenn dieser Stoff in den
unter der Eisdecke vermuteten Ozean gerät, könnte er für dort eventuell
vorhandenes primitives Leben eine wichtige Energiequelle darstellen.

Der Jupitermond
Europa. Foto:
NSSDC / NASA |
"Leben wie wir es kennen benötigt flüssiges Wasser, Elemente wie Kohlenstoff,
Stickstoff, Phosphor und Schwefel und es bedarf irgendeiner Form von Energie,
aus dem Licht oder aus chemischen Reaktionen, als Antrieb für das Leben",
erläutert Kevin Hand vom Jet Propulsion Laboratory der NASA, der auch
Erstautor eines Fachartikels über die Beobachtungen in der Zeitschrift
Astrophysical Journal Letters ist.
"Europa verfügt über flüssiges Wasser und die Elemente. Wir glauben, dass
Verbindungen wie Peroxid einen wichtigen Beitrag zur Energieversorgung leisten
könnten. Das Vorhandensein von Oxidationsmitteln wie Peroxid auf der Erde war
ein entscheidender Faktor für die Entstehung von komplexerem, multizellularem
Leben," so Hand.
Für ihre Studie haben die Wissenschaftler Beobachtungen im nahen Infrarot des
Jupitermondes ausgewertet, die mit dem Keck-II-Teleskop auf dem Gipfel
des Mauna Kea auf Hawaii während vier Nächten im September 2011 gemacht wurden.
Die höchste Konzentration von Peroxid wurde dabei auf der "führenden" Seite von
Europa gefunden, also der Hemisphäre, die in Richtung des Umlaufs des Monds um
Jupiter zeigt. Hier stellte man eine Häufigkeit von 0,12 Prozent in Bezug auf
Wasser fest. Die Konzentration fällt in Richtung der gegenüberliegenden
Mondseite fast bis auf null ab.
Wasserstoffperoxid wurde auf Europa erstmals mithilfe der Jupitersonde
Galileo entdeckt, die das System des Gasriesen von 1995 bis 2003 erforscht
hat (astronews.com berichtete). Allerdings konnte
Galileo entsprechende Untersuchungen nur in Teilbereichen des Mondes
machen. Die neuen Daten zeigen nun, dass sich in großen Bereichen der Oberfläche
Wasserstoffperoxid findet.
Die höchste Konzentration konnten die Astronomen in Regionen nachweisen, in
denen das Eis von Europa fast vollständig aus Wasser besteht und es nur eine
äußerst geringe Verschmutzung durch Schwefel gibt. Das Peroxid entsteht durch
Reaktionen des Eises auf der Oberfläche mit der intensiven Strahlung, der der
Mond aufgrund seiner Position im Magnetfeld des Gasriesen ausgesetzt ist.
"Die Galileo-Messungen haben uns faszinierende Hinweise darauf
geliefert, was sich überall auf der Oberfläche von Europa abspielen könnte", so
Mike Brown vom California Institute of Technology. "Dank der Keck-Beobachtungen
können wir dies nun quantifizieren. Was wir noch nicht wissen ist, ob es eine
Vermischung von Oberfläche und Ozean gibt, durch die potentielles Leben das
Peroxid nutzen könnte."
Wasserstoffperoxid gilt deswegen als ein so bedeutender Faktor für das Leben in
dem unter der Eisdecke von Europa vermuteten Ozean, weil sich die Verbindung -
wenn sie sich mit Wasser vermischt - auflöst und Sauerstoff freigibt. "Auf
Europa könnten Verbindungen wie Peroxid den Bedarf an chemischer Energie decken
helfen, der für Leben in dem Ozean nötig ist, wenn das Peroxid denn in den Ozean
gemischt wird", so Hand.
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