Instrumente liefern nach aufregender Inbetriebnahme erste Daten
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung astronews.com
2. August 2023
Etwa drei Monate nach dem Start der ESA-Raumsonde JUICE zum Jupiter haben zwei Instrumente aus Göttingen ihre ersten Bewährungsproben bestanden: Beide
haben bewiesen, dass sie unter Weltraumbedingungen voll funktionstüchtig sind,
und erste wissenschaftliche Messdaten zur Erde geschickt. Besonders für ein
Instrument verliefen die ersten Wochen jedoch ganz anders als erwartet.
Künstlerische Darstellung der ESA-Sonde
JUICE im All.
Bild: ESA (Acknowledgement: ATG Medialab) [Großansicht] |
Als sich wenige Tage nach dem erfolgreichen Raketenstart Mitte April der 16
Meter lange Antennenausleger des JUICE-Instrumentes Radar for Icy Moon
Exploration (RIME) nicht ausklappen ließ, begann auch für das Team des
das Submillimetre Wave Instrument (SWI) das erste Abenteuer auf dem Weg
zum Jupiter. "Teile von SWI und RIME sind an Bord der Raumsonde eng benachbart –
und somit eine Art Schicksalsgemeinschaft", so Dr. Ali Ravanbakhsh vom
Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung (MPS) in Göttingen, Projektmanager
des SWI-Instrumentes. Die Bemühungen der ESA und des RIME-Teams, den klemmenden
Verschlussstift der Antenne doch noch zu lösen, wirkten sich deshalb auch auf
SWI aus. "Alle Schritte musste auch von unserer Seite gut bedacht werden.
Deshalb war es nötig, SWI deutlich früher als geplant in Betrieb zu nehmen", so
MPS-Wissenschaftler Dr. Paul Hartogh, wissenschaftlicher Leiter des SWI-Teams.
Normalerweise steht der Plan, in welchen Schritten ein Instrument
angeschaltet, in Betrieb genommen und getestet wird, Monate im Voraus fest;
jetzt war alles anderes – und musste viel schneller gehen. Zudem kamen
Anforderungen auf SWI zu, die ursprünglich nicht vorgesehen waren. Um etwaiges
Eis auf dem verklemmten RIME-Mechanismus abzutauen, entschied sich die ESA
dafür, die Raumsonde zur Sonne zu drehen. "Eine solches Manöver in solch
geringem Abstand zur Sonne war nie Teil des Missionsplans", so Hartogh.
Um sicher zu sein, dass SWI keinen Schaden nehmen würde, musste das SWI-Team
so schnell wie möglich modellieren, wie das Instrumente auf die starke
Sonneneinstrahlung reagieren würde – und konnte schließlich für das Manöver
grünes Licht geben. Als am 12. Mai die RIME-Antenne endlich gelöst werden
konnte, war das auch für das SWI-Team eine befreiende Nachricht. "Wir freuen uns
sehr, dass wir die Kolleginnen und Kollegen von der ESA und des RIME-Teams
unterstützen konnten und dass JUICE vor Ort im Jupitersystem nun sein gesamtes
wissenschaftliches Potential wird ausschöpfen können", so Ravanbakhsh.
Trotz der gebotenen Eile und der straffen Zeitpläne ist eine Inbetriebnahme
im All immer ein schrittweiser, vorsichtiger Prozess. "Das Instrument muss sich
zum ersten Mal unter echten Weltraumbedingungen bewähren. Da will man kein
Risiko eingehen und nähert sich erst vorsichtig dem vollen Betriebsmodus an", so
MPS-Wissenschaftler Dr. Markus Fränz vom Team des Jovian Electron and Ion
Sensor (JEI) des Particle Environment Package (PEP). So könnten
etwa Gasrückstände vom Bau der Sonde, die im All nach und nach ausgasen, im
JEI-Sensor zu Spannungsüberschlägen führen und das Instrument beschädigen. Das
Team erhöhte deshalb die Spannungen, mit denen der Sensor betrieben wird, erst
schrittweise und fuhr das Instrument auch zunächst sehr langsam und vorsichtig
wieder herunter.
Mit Erfolg: Mittlerweile ist die Inbetriebnahme von PEP-JEI abgeschlossen;
der Sensor konnte sein Können bei niedrigen und mittleren Spannungen unter
Beweis stellen. Aus Sicherheitsgründen wird PEP-JEI erst im Januar 2024 mit den
höchsten Spannungen betrieben. Auch die anderen fünf Sensoren von PEP haben die
Inbetriebnahme erfolgreich beendet. Für PEP-JEI liegen bereits erste
wissenschaftliche Daten vor. So konnten Protonen und Alpha-Teilchen des
Sonnenwindes detektiert werden. Der stetige Teilchenstrom von der Sonne umströmt
die Raumsonde JUICE ständig auf ihrem Weg zum Jupiter. "Da PEP nicht direkt in
Richtung des anströmenden Sonnenwindes schaut, hatten wir mit solchen Messdaten
nicht unbedingt gerechnet", so MPS-Wissenschaftler Dr. Norbert Krupp. "Durch den
großen Geschwindigkeitsunterschied zwischen Sonde und Sonnenwind erreichen
dennoch einige Teilchen unseren Sensor. Nun wissen wir, dass unser Instrument
auch im Weltall funktioniert", fügt er hinzu.
Auch SWI konnte erste Messungen durchführen. Am 27. Juni hat SWI aus einer
Entfernung von etwa 22 Millionen Kilometern erste Wasserdampfspektren der
Erdatmosphäre aufgenommen. Aus den Daten lassen sich Informationen über den
Temperaturverlauf und die Höhenverteilung des Wasserdampfs ableiten. "Die
jüngsten Messdaten von SWI zeigen uns, wie empfindlich das Instrument misst. Wir
erwarten deshalb, bereits aus einer Entfernung von mindestens 250 Millionen
Kilometern Wasserdampf in der Jupiteratmosphäre nachweisen zu können", so
Hartogh. "Trotz der umfangreichen Tests, die alle Instrumente vor dem
Missionsstart durchlaufen, ist die Inbetriebnahme im All immer auch ein Art
Lernprozess", so MPS-Wissenschaftler Dr. Elias Roussos, der die Kommandos, die
das ESA-Kontrollzentrum in Darmstadt zu PEP-JEI sendete, überwachte. "Wir lernen
unser Instrument noch einmal ganz neu kennen."
Um kleinere Anpassungen vorzunehmen, die eventuell nötig sind, bleibt noch
viel Zeit. Erst im Januar nächsten Jahres gibt es für das SWI- und das
PEP-JEI-Team wieder Gelegenheit, umfangreichere Tests durchzuführen. Und bis
JUICE das Jupitersystem erreicht, vergehen noch acht Jahre.
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