Europäische Jupitermission vor dem Start
Redaktion
/ Pressemitteilung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt e. V. astronews.com
11. April 2023
Die ESA-Raumsonde JUICE soll am 13. April 2023 vom
europäischen Weltraumbahnhof Kourou mit einer Ariane-5-Trägerrakete ihre
achtjährige Reise zum Jupiter beginnen. Nach der Ankunft im Jupitersystem im
Juli 2031 wird JUICE den größten Planeten unseres Sonnensystems und insbesondere
seine Eismonde aus der Umlaufbahn um Jupiter und später speziell den Mond
Ganymed untersuchen.

Die europäische Raumsonde JUICE soll Jupiter
und seine großen Monde erforschen.
Bild: ESA / ATG medialab (Raumsonde),
NASA / ESA / J. Nichols (University of Leicester)
(Jupiter), NASA / JPL (Io), NASA / JPL /
University of Arizona (Ganymed), NASA / JPL / DLR
(Kallisto und Europa) [Großansicht] |
Gibt es außerhalb der Erde weiteres Leben – vielleicht sogar in unserem
eigenen Sonnensystem? Diese Frage treibt Wissenschaftlerinnen und
Wissenschaftler weltweit mehr denn je an. Am 13. April 2023 soll sich die
europäische Sonde JUICE, die Abkürzung steht für JUpiter ICy Moons Explorer,
vom ESA-Weltraumbahnhof in Kourou in Französisch-Guayana auf eine lange
Forschungsreise begeben, die diese und viele weitere Fragen beantworten helfen
soll. Acht Jahre wird die Jupitermission der europäischen Weltraumorganisation
ESA zum größten Planeten in unserem Sonnensystem unterwegs sein und dort vor
allem seine geheimnisvollen Eismonde aus der Nähe ins Visier nehmen.
JUICE wird dabei zum ersten Mal durch einen "nahen" - im besten Fall nur 750
Kilometer entfernten - Vorbeiflug am Mond und 36 Stunden später an der Erde
Schwung holen, zum ersten Mal aus der Umlaufbahn eines anderen Planeten in einen
Orbit um einen seiner Monde wechseln und damit auch zum ersten Mal überhaupt
einen anderen Mond als unseren eigenen umkreisen. Mit GALA (GAnymede Laser
Altimeter) kommt zum ersten Mal ein Instrument dieser Art im äußeren
Sonnensystem zur Anwendung, mit dem die Oberfläche dreidimensional abgetastet
und damit Topographie und Gestalt dieser Monde bestimmt werden kann.
Mit dabei auf dieser spannenden Reise ist auch Deutschland. Die Deutsche
Raumfahrtagentur im DLR mit Sitz in Bonn unterstützt JUICE, indem sie den
größten Einzelbeitrag eines ESA-Mitgliedslandes – 21 Prozent – zur Mission
beisteuert. Diese Mittel sind Teil der Finanzierung der Raumsonde, des Starts
mit einer Ariane 5-Trägerrakete und des Missionsbetriebs. Zusätzlich fließen
rund 100 Millionen Euro in die deutschen Beiträge zu sieben von insgesamt zehn
wissenschaftlichen Instrumenten auf der Raumsonde. Das Institut für
Planetenforschung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Berlin
ist an zwei dieser Instrumente beteiligt: das Laser-Höhenmesser GALA entstand in
Verantwortung des DLR und bei der Kamera JANUS war das DLR Teil des italienisch
geführten Konsortiums.
"Die Mission der JUICE-Sonde ist das Ergebnis erfolgreicher Kooperationen auf
nationaler und europäischer Ebene. Nach einem Flug durch unser Sonnensystem wird
das DLR-Instrument GALA an Bord der JUICE-Sonde ein Höhenmodell des
Jupiter-Eismondes Ganymed erstellen. Mit dem Laser-Höhenmesser soll die
Verformung der Eiskruste von Ganymed über Monate hinweg gemessen werden. Aus der
Höhe der Verformung kann man dann darauf schließen, ob es einen Ozean aus
flüssigem Wasser unter der Eiskruste gibt und wie dick die Kruste ist", erklärt
Prof. Dr.-Ing. Anke Kaysser-Pyzalla, Vorstandsvorsitzende des DLR. "Und was wäre
so eine Mission ohne Kamera, damit wir auf der Erde daran teilhaben können?
Zentrale Teile der Hardware der JUICE-Kamera wurden bei uns im Berliner
DLR-Institut für Planetenforschung entwickelt und gebaut. Das Kamerasystem JANUS
unserer italienischen Partner wird uns auf der Erde mit hoch aufgelösten
Oberflächenaufnahmen der Eismonde Ganymed, Callisto und Europa aus wenigen
hundert Kilometern Entfernung versorgen."
Neben GALA befindet sich als zweites in Deutschland entwickeltes und gebautes
Instrument an Bord: das Submillimeter Wave Instrument (SWI) des
Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung in Göttingen. Es soll die
mittlere Atmosphäre des Jupiters sowie die äußerst dünnen Atmosphären und die
Oberflächen der Galileischen Monde Ganymed, Europa und Callisto untersuchen.
Darüber hinaus fördert die Deutsche Raumfahrtagentur im DLR Beiträge zum
Teilchenspektrometer Particle Environment Package (PEP), zum
Jupiter-Magnetometer (J-MAG), zum Radar-Instrument Radar for Icy Moons
Exploration (RIME) und dem Instrument zur Radiosondierung der Jupiteratmosphäre
(3GM) aus dem Nationalen Raumfahrtprogramm.
Für eine besondere Reise braucht man ein spezielles "Gefährt". Die Raumsonde
der JUICE-Mission muss für ihren Weg zum ersten Planeten des äußeren
Sonnensystems komplexe Aufgaben erfüllen. Zum einen brauchen die gesammelten
Daten 30 bis 50 Minuten zurück zur Erde und neue Kommandos ebenso lange, bis sie
an der Sonde ankommen. Der Gasriese Jupiter ist im Schnitt 780 Millionen
Kilometer von der Sonne entfernt. Da JUICE auf ihrem Weg aber auch an sehr
temperaturintensiven Regionen wie der sonnennahen Venus vorbeikommt, muss sie
Temperaturschwankungen zwischen plus 250 bis minus 230 Grad Celsius überstehen.
Ein aufwendiges Thermalsystem aus aktiven und passiven Komponenten
einschließlich einer neuartigen Isolierung aus vielen einzelnen Schichten soll
die Innentemperatur stabil halten.
Zum dritten ist am Jupiter das Licht der Sonne 25-mal schwächer als auf der
Erde. Zehn Solarpaneele spannen sich deshalb auf einer riesigen Fläche von 85
Quadratmetern auf und liefern rund 700 bis 900 Watt elektrische Leistung. Die
Akkus an Bord ermöglichen es der Raumsonde, Verfinsterungen durch Monde und
Planeten bis zu fünf Stunden zu überstehen. Ist JUICE am Jupiter angekommen,
"lauert" vor und vor allem hinter dem Gasriesen das stärkste Strahlungsfeld
unseres gesamten Sonnensystems. Auch die Instrumente müssen so ausgelegt sein,
dass sie trotz der harschen Weltraum-Strahlung funktionsfähig bleiben.
Nahe am Jupiter werden Teilchen wie Protonen, Elektronen und Ionen des
Sonnenwinds und von den vulkanischen Auswürfen des Jupiter-Mondes Io vom
Magnetfeld des Planeten eingefangen: "Das Magnetfeld beschleunigt diese Teilchen
und macht sie so zu kleinen, geladenen Geschossen, die auch unseren
Laser-Höhenmesser GALA ständig bombardieren werden. Um die besonders
empfindlichen Bestandteile des Instruments vor dieser extrem starken Strahlung
zu schützen, wurde daher ein ganz besonderes Design entwickelt. Es ist das erste
Mal, dass ein solches Instrument im äußeren Sonnensystem zur Anwendung kommt",
verdeutlicht Prof. Heike Rauer, Leiterin des DLR-Instituts für
Planetenforschung, und ergänzt: "JUICE betritt wirklich wissenschaftliches
Neuland und wird mit seinen Messungen Datensätze erzeugen, die ganz neue
wissenschaftliche Aussagen möglich machen und die sich ausgezeichnet mit
Ergebnissen anderer Missionen wie beispielsweise dem Europa Clipper der NASA
ergänzen."
Um das Jupitersystem sicher und im Zeitplan zu erreichen, nimmt die Sonde
eine spezielle Reiseroute. Wie auf einem langen Trip steuert JUICE verschiedene
"Wegmarken" an, um "Bewegungsenergie zu tanken": "Die Sonde wird nach ihrem
Start in ihrer Umlaufbahn um die Sonne zunächst noch einmal im August 2024 an
Erde und Mond vorbeifliegen und kräftig Schwung holen. Dieser Schwung
katapultiert JUICE zu unserem Nachbarplaneten Venus, wo die Sonde durch den
nächsten Vorbeiflug im August 2025 noch einmal deutlich ihre Geschwindigkeit
erhöhen wird. Danach geht es noch zweimal zurück Richtung Erde. Im September
2026 und Januar 2029 wird JUICE durch diese beiden nahen Vorbeiflüge an unserem
Heimatplanten so viel Schwung geholt haben, dass die Sonde dann im Juli 2031
Jupiter erreichen wird, dessen Bahn um die Sonne etwas mehr als 600 Millionen
Kilometer von der Erdumlaufbahn entfernt ist", schildert Christian Chlebek,
JUICE-Projektleiter in der Deutschen Raumfahrtagentur im DLR, die komplexen
Flugmanöver.
Am Jupiter angekommen, soll JUICE eine Umlaufbahn um den Gasriesen
einschlagen und von Juli 2031 bis November 2034 insgesamt 35 nahe Vorbeiflüge an
den Eismonden absolvieren. Danach wird es im Dezember 2034 noch einmal besonders
spannend: Zum ersten Mal überhaupt wechselt eine Sonde von der Umlaufbahn eines
anderen Planeten in eine Umlaufbahn um einen seiner Monde. Wenn JUICE den Mond
Ganymed erreicht hat, wird der "ICy Moons Explorer" die erste Sonde sein, die
überhaupt einen anderen Mond als unseren eigenen umkreist. Im letzten Teil
dieser Reise soll das DLR-Instrument GALA vor allem die Eispanzer dieses Mondes
nach Hinweisen auf einen Ozean absuchen, bevor JUICE dann am Ende der Mission
auf der Oberfläche von Ganymed aufschlagen wird.
Update (13. April 2023, 14 Uhr): Der Start wurde wegen des
Wetters (Gefahr von Blitzen) um 24 Stunden verschoben.
Update (14. April 2023): JUICE ist heute planmäßig zum
Jupiter gestartet.
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