Dritter Datensatz veröffentlicht
Redaktion
/ Pressemitteilung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt astronews.com
3. Dezember 2020
Die Satellitenmission Gaia widmet sich einem
Mammutprojekt: Sie erstellt den bislang umfangreichsten und genauesten
Sternkatalog. Heute nun wurde der erste Teil des dritten Kataloges
veröffentlicht. Aufgrund der verbesserten Qualität der Daten werden weitere
Fortschritte bei der Erforschung der Struktur, Dynamik und Geschichte der
Milchstraße und des Universums erwartet.
Gaia ist im Dezember 2013 ins Weltall
gestartet und erfasst seither die Positionen,
Eigenbewegungen, Entfernungen und Helligkeiten
von Himmelskörpern. Mithilfe der Daten entsteht
der bislang umfangreichste und genaueste
Sternenkatalog.
Bild: ESA / ATG medialab / Hintergrund: ESO /
S. Brunier [Großansicht] |
"Dies
ist ein weiterer Schritt hin zu einer hochgenauen, dreidimensionalen, optischen
Himmelsdurchmusterung", erklärt Dr. Walther Pelzer, Vorstand für die
Raumfahrtagentur im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) anlässlich
der heutigen Veröffentlichung. "Gaia
soll Informationen zu Position und Geschwindigkeit von rund zwei Milliarden
Objekten in unserer Milchstraße und weit entfernten Galaxien sammeln und ist
dabei überaus erfolgreich. Mit einer Datenmenge von etwa einem Petabyte wird die
Mission dazu beitragen, die deutsche Wissenschaft und Industrie auf dem Gebiet
der Verarbeitung von Big Data, des maschinellen Lernens und auch der künstlichen
Intelligenz deutlich zu stärken und uns ganz neue Informationen über die Anzahl,
Zusammensetzung und Ausdehnung von Sternen und anderen Himmelskörpern geben."
Die
Positionen, Eigenbewegungen, Entfernungen und Helligkeiten von fast zwei
Milliarden Himmelskörpern zu erfassen - also rund einem Prozent unserer Galaxie
- ist das Ziel der Satellitenmission Gaia, die im Dezember 2013 gestartet ist.
Dies sind wichtige Parameter, um zu bestimmen, worum es sich bei den Objekten
genau handelt und wie sich diese entwickeln. Die Informationen dienen außerdem
dazu, einen dreidimensionalen Sternenkatalog in bislang unerreichter Präzision
zu erstellen.
"Die beiden ersten Kataloge wurden im September 2016 und April
2018 veröffentlicht und haben unter anderem unser Bild von der Entwicklung der
Milchstraße bereits nachhaltig beeinflusst", erläutert Dr. Alessandra Roy,
Gaia-Projektleiterin
im DLR Raumfahrtmanagement. "Im gesamten Sternenkatalog sind bislang 1,8
Milliarden Himmelskörper verzeichnet. Für den Großteil der Objekte - rund 1,5
Milliarden Einträge - konnte die Messung von Eigenbewegung und Entfernung nun
signifikant verbessert werden."
Der dritte Katalog enthält Informationen über lichtschwächere Sterne in der
Umgebung der Sonne, Gebiete in den Außenbereichen der Milchstraße, Sterne in den
Magellanschen Wolken und eine Messung der Beschleunigung unseres Sonnensystems
relativ zum Rest des Universums. Aufgrund der verbesserten Qualität der Daten
erwarten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler weitere Fortschritte bei
der Erforschung der Struktur, Dynamik und Geschichte der Milchstraße, aber auch
bei der Erforschung des Universums allgemein.
Der Zweig der Astronomie, der sich mit Messungen,
Berechnungen von Positionen und Bewegungen von Himmelskörpern beschäftigt, heißt
Astrometrie und reicht über 5000 Jahre zurück. Aber erst mit dem ESA-Hipparcos-Satelliten
in den 1990er Jahren und ganz besonders mit Gaia begann die
Präzisions-Astrometrie. Um den endgültigen Gaia-Katalog zu erstellen, müssen
Wissenschaftler rund zehn Milliarden Gleichungen simultan lösen und mehr als ein
Petabyte an Daten bearbeiten. Würde der Katalog in gedruckter Form vorliegen,
wäre die Buchreihe mehr als 100 Kilometer lang. Pro Tag beobachtet Gaia
durchschnittlich 850 Millionen Objekte und sammelt dabei rund 20 Gigabyte an
Daten. U
Ursprünglich war das Ende der Gaia-Mission für das Jahr 2019 geplant. Da
alle Instrumente an Bord des Satelliten noch voll funktionsfähig sind, soll die
Sonde aber noch bis zum Jahr 2025 Daten sammeln - dann werden die für die
Ausrichtung des Satelliten benutzen Gasvorräte an Bord voraussichtlich
vollständig verbraucht sein. Weitere noch vollständigere Veröffentlichungen des
Gaia-Kataloges sind ab dem Jahr 2022 geplant. "Wir werden wohl noch lange warten
müssen, bis eine vergleichbare Weltraummission wie Gaia starten wird", so Roy. "Im Moment laufen zwar Studien über eine Astrometrie-Mission, die auch den
Infrarotteil des Spektrums abdeckt, jedoch ist die dafür erforderliche
Technologie noch nicht ausgereift."
Gaia ist eine Mission der Europäischen Weltraumagentur ESA, bei der mehr
als 20 Länder zusammenarbeiten, darunter auch Deutschland. Deutschland leitet
die Koordinationseinheit, die sich mit der Bestimmung der astrometrischen
Ergebnisse innerhalb des Datenverarbeitungs- und Analysekonsortiums DPAC
beschäftigt. Der vom DLR Raumfahrtmanagement mit Mitteln des Bundesministeriums
für Wirtschaft und Energie finanzierte deutsche Beitrag umfasst das
Astronomische Rechen-Institut deer Universität Heidelberg, das Leibniz-Institut für
Astrophysik Potsdam, das Max-Planck-Institut für Astronomie und das
Lohrmann-Observatorium an der Technischen Universität Dresden. Das DLR
Raumfahrtmanagement agiert als nationale Raumfahrtagentur. Das
Max-Planck-Institut für Astrophysik wird an der an der
spektroskopischen Datenauswertung für die dritte Ausgabe beteiligt sein. An der
ersten Ausgabe des Katalogs waren auch die Hamburger Sternwarte und die
Universität Bremen beteiligt.
|