Astrometrie-Satellit erreicht Arbeitsorbit
von Stefan Deiters astronews.com
8. Januar 2014
Der Astrometrie-Satellit Gaia hat in der
vergangenen Nacht seinen Arbeitsorbit um den Lagrange-Punkt L2 in rund 1,5
Millionen Kilometern Entfernung von der Erde erreicht. Gaia war kurz
vor Weihnachten gestartet worden und soll - nachdem die Instrumente getestet und
kalibriert wurden - mit seiner wissenschaftlichen Mission beginnen und dabei täglich im Schnitt 40 Millionen Sterne erfassen.
Gaia soll über
fünf Jahre rund eine Milliarde Sterne erfassen.
Bild: ESA / ATG medialab / ESO / S. Brunier
(Hintergrund) |
Der europäische Astrometrie-Satellit Gaia war am 19. Dezember 2013
an Bord einer Sojus-Trägerrakete vom europäischen Raumfahrtbahnhof in
Kourou aus gestartet. Ziel der Sonde war ein virtueller Punkt im All, der
sogenannte Lagrange-Punkt L2, der 1,5 Millionen Kilometer von der Erde entfernt
auf der sonnenabgewandten Seite unseres Planeten liegt.
In der vergangenen Nacht absolvierte der Satellit nun das entscheidende
Manöver, durch das er auf einen sogenannten Lissajous-Orbit um L2 gelenkt wurde,
der in einem 263.000 mal 707.000 mal 370.000 Kilometer großen Bereich Platz
hat und den die Sonde alle 180 Tage durchlaufen wird. In der kommenden Woche
ist dazu noch ein kleineres Kurskorrekturmanöver vorgesehen.
"Der Eintritt in einen Orbit um L2 ist ein recht komplexes Vorhaben, bei dem
wir die Steuerdüsen von Gaia so zünden mussten, dass der Satellit in
die gewünschte Richtung gelenkt wird, aber gleichzeitig die empfindlichen
Instrumente nicht der Sonne ausgesetzt werden", erläutert David Milligan, der
Manager für den Betrieb des Satelliten.
"Nach einem wunderschönen Start von Kourou im letzten Monat freuen wir uns,
dass wir nun unser Ziel erreicht haben und können es kaum erwarten in den
nächsten Monaten mit dem wissenschaftlichen Betrieb zu beginnen", so Giuseppe
Sarri, der ESA-Projektmanager für Gaia. Bis es so weit ist, werden sich
die Wissenschaftler allerdings noch etwas gedulden müssen. Zwar hatte das
Betriebsteam schon auf dem Weg zu L2 mit dem Test der Instrumente an Bord des
Satelliten begonnen, wird mit diesen Arbeiten aber noch rund vier Monate
beschäftigt sein.
Während seiner anschließenden fünfjährigen Wissenschaftsmission soll Gaia
die Position und Bewegung von etwa einer Milliarde Sternen mit großer
Genauigkeit vermessen und auch Beobachtungen machen, die etwas über ihre
Temperatur, Helligkeit und chemische Zusammensetzung verraten. Das Ergebnis soll
die bislang genauste Karte unser Milchstraße in 3D sein, die den
Wissenschaftlern auch wichtige Informationen über die Geschichte unser
Heimatgalaxie liefern wird.
Um dies zu bewerkstelligen, wird sich der Satellit ganz langsam drehen und
dabei mit seinen beiden Teleskopen den Himmel abtasten. Das Licht der Teleskope
wird von einer einzelnen Digitalkamera aufgefangen, die über fast eine Milliarde
Pixel verfügt. Jeder Stern wird im Verlauf der Mission im Schnitt 70 Mal erfasst
werden. Insgesamt rechnen die Astronomen mit über eine Million Gigabyte an
Daten, entsprechend etwa dem Inhalt von 200.000 DVDs.
Um diese Datenmengen auszuwerten, stehen in ganz Europa mehr als 400
Wissenschaftler bereit. "Unsere Gaia-Entdeckungsmaschine wird uns
während der gesamten Mission beschäftigen und mit den letzten Ergebnissen ist
erst zu rechnen, wenn die Daten aus fünf Jahren ausgewertet wurden", so Gaia-Projektwissenschaftler
Timo Prusti von der ESA. "Aber das Warten wird sich lohnen, denn wir werden
einen ganz neuen Blick auf unsere kosmische Nachbarschaft und ihre Geschichte
erhalten."
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