Astrometrie-Satellit spürt erste Supernova auf
von Stefan Deiters astronews.com
18. September 2014
Vor wenigen Wochen erst begann der ESA-Astrometrie-Satellit Gaia mit seiner wissenschaftlichen Arbeit, jetzt hat
er die erste Supernova entdeckt. Die Explosion ereignete sich in einer Entfernung von rund 500 Millionen
Lichtjahren. Bald hoffen die Astronomen, mit Gaia jeden Tag bis zu drei
Ereignisse dieser Art aufspüren zu können.
Blick des
Liverpool Telescope auf La Palma auf die Galaxie
SDSS J132102.26+453223.8 mit der von Gaia
entdeckten Supernova Gaia14aaa.
Bild: M. Fraser/S. Hodgkin/L.
Wyrzykowski/H. Campbell/N. Blagorodnova/Z.
Kostrzewa-Rutkowska/Liverpool Telescope |
Die eigentliche Aufgabe des europäischen
Astrometrie-Satelliten Gaia ist es, die Position und die Bewegung von
Sternen der Milchstraße mit einer bislang unerreichten Präzision zu vermessen.
Der Satellit war am 19. Dezember 2013 gestartet worden und hatte einige Wochen später
den sogenannten Lagrange-Punkt L2, der 1,5 Millionen Kilometer von der Erde
entfernt auf der sonnenabgewandten Seite unseres Planeten liegt, erreicht. Nach
einer mehrmonatigen Test- und Kalibrierungsphase (astronews.com berichtete
wiederholt) begann man am 25. Juli mit dem wissenschaftlichen Programm.
Gaia soll mit seinen zwei Teleskopen ständig den Himmel abtasten und
im Verlauf der auf fünf Jahre ausgelegten Mission die Position und Bewegung von etwa einer Milliarde Sternen mit großer
Genauigkeit vermessen. Zudem sind Beobachtungen vorgesehen, die etwas über die
Temperatur, Helligkeit und chemische Zusammensetzung der Sterne verraten. Das Ergebnis soll
die bislang genauste Karte unserer Milchstraße in 3D sein, die den
Wissenschaftlern auch wichtige Informationen über die Geschichte unserer
Heimatgalaxie liefern wird.
Um die gewünschten Informationen über die Sterne zu erhalten, visiert Gaia
bestimmte Bereiche des Himmels immer wieder an. Dabei werden natürlich auch
Änderungen sichtbar, die sich zwischen zwei Beobachtungen des gleichen Himmelsbereichs
ergeben. Genauso war es im Fall einer Galaxie in rund 500 Millionen
Lichtjahren Entfernung, deren Helligkeit im Vergleich zu einer einen Monat
zurückliegenden Beobachtung deutlich zugenommen hatte.
"Diese Art wiederholter Durchmusterung eignet sich hervorragend für die
Untersuchung der wandelbaren Natur des Himmels", erklärt Simon Hodgkin vom
Institute of Astronomy der Universität im englischen Cambridge. "Da
Gaia jeden Teil des Himmels immer wieder anvisiert, haben wir die
Möglichkeit, Tausende von 'Gaststernen' am Firmament zu entdecken", so Hodgkin
weiter. "Diese nur vorübergehend sichtbaren Quellen können als Wegweiser zu den
gewaltigsten Phänomenen im Universum dienen - wie etwa zu dieser Supernova."
Hodkins gehört zum sogenannten Science Alert Team von Gaia,
das die
Daten, die das Teleskop liefert, nach auffälligen und unerwarteten Veränderungen
durchsieht. Die erste "Anomalie" entdeckte das Team am 30. August: Eine Galaxie,
die plötzlich deutlich heller erschien, als während einer vorherigen
Beobachtung. "Wir hatten sofort den Verdacht, es könnte sich um eine Supernova
handeln, brauchten jedoch noch weitere Hinweise, um diese Vermutung zu
bestätigen", so Łukasz Wyrzykowski vom Astronomischen Observatorium der
Universität in Warschau.
Für einen solchen Helligkeitsanstieg können nämlich auch andere kosmische
Phänomene verantwortlich sein, wie etwa ein supermassereiches Schwarzes Loch im
Zentrum einer Galaxie, das plötzlich eine große Menge an Material verschlingt.
Allerdings schien sich im Falle des von Gaia beobachteten Ereignisses der
verantwortliche Lichtfleck nicht genau im Zentrum der Galaxie zu befinden.
Um jedoch Gewissheit zu erhalten, nahmen sich die Astronomen auch die
Spektren vor, die Gaia von dem Objekt aufgenommen hatte. "Im Spektrum dieser
Quelle erkannten wir bereits Spuren von Eisen und weiteren Elementen, die
bekanntermaßen in Supernovae zu finden sind", erklärt Nadejda Blagorodnova, die
als Doktorandin in Cambridge arbeitet. Außerdem deutete das Spektrum darauf hin,
dass es sich um eine Supernova vom Typ Ia handelt, also die Explosion eines
Weißen Zwergsterns in einem Doppelsternsystem.
Um die These weiter zu untermauern, führte das Team zusätzliche
Untersuchungen der inzwischen Gaia14aaa genannten Supernova mit erdgebundenen
Teleskopen durch. Damit ließ sich nicht nur bestätigen, dass es sich tatsächlich um
eine Supernova vom Typ Ia handelt, sondern auch die Entfernung der Explosion
abschätzen. Die Explosion hatte sich danach tatsächlich in der Galaxie ereignet,
in der sie von Gaia beobachtet wurde.
"Dies ist die erste Supernova in einer langen Reihe von Entdeckungen, die wir
von Gaia erwarten", erklärt Timo Prusti, der ESA-Projektwissenschaftler
für Gaia. Wenn sich das Team etwas eingearbeitet hat, rechnet der Forscher mit
der Entdeckung von rund drei Supernovae pro Tag - eine beachtliche Zahl,
angesichts der Seltenheit dieser Ereignisse. In normalen Galaxien kommen
Supernovae
nicht häufiger als einige wenige Male pro Jahrhundert vor. "Der Himmel ist voll von
besonderen Lichtquellen und wir freuen uns darauf, in den kommenden Jahren viele
davon mit Gaia untersuchen zu können", so Prusti.
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