Stippvisite bei der Venus
Redaktion
/ Pressemitteilung des Instituts für Weltraumforschung der ÖAW astronews.com
12. Oktober 2020
Am Donnerstag wird die japanisch-europäische Merkursonde
BepiColombo an unserem Nachbarplaneten Venus vorüberfliegen. Der Flyby
dient in erster Linie der Kurskorrektur der Sonde, doch wollen
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler den Vorüberflug auch nutzen, um mit den
Instrumenten an Bord Daten über die Venus zu gewinnen.
BepiColumbo während des Vorüberflugs an der
Venus (künstlerische Darstellung).
Bild: ESA/ATG medialab [Großansicht] |
Nach dem Vorbeiflug an der Erde im April 2020 stattet die im Oktober 2018 gestartete europäisch-japanische Raumsonde
BepiColombo nun erstmals einem anderen Planeten in unserem Sonnensystem einen Besuch ab, um dessen Anziehungskraft für eine Bahn- und Geschwindigkeitsänderung zu nutzen. Für das Grazer Institut für Weltraumforschung (IWF) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, das führend an drei Messgeräten beteiligt ist, bietet sich die nächste Gelegenheit, die Sensoren in Betrieb zu nehmen und Daten zu sammeln.
Bei ihrem zweiten von insgesamt neun Swing-By-Manövern wird sich die Doppelraumsonde
BepiColombo am 15. Oktober um 05.57 MESZ der Venus auf 10.663 Kilometer nähern, um die Geschwindigkeit und Flugbahn in Richtung Merkur anzupassen. Die Venus ist jener Planet, der auf seiner Umlaufbahn der Erde mit einem minimalen Abstand von 38 Millionen Kilometern am nächsten kommt. Derzeit ist der Planet in aller Munde, weil in seiner Atmosphäre Monophosphan als möglicher Biomarker für außerirdisches Leben gefunden wurde.
Die Signallaufzeit zwischen den Bodenstationen auf der Erde und der Raumsonde beträgt mittlerweile über neun Minuten. Das macht den Venus-Vorbeiflug zu einem ersten echten Test unter jenen Bedingungen, die ab 2026 beim Merkur herrschen werden. Das IWF ist an den Magnetfeldmessgeräten auf beiden Raumsonden beteiligt, die während der über fünftägigen Venus-Kampagne durchgehend eingeschaltet sind.
"Die
Flugbahn während des ersten Venus-Vorbeiflugs verspricht interessante Daten hinsichtlich der
magnetischen Aktivität rund um den Planeten", betont IWF-Wissenschaftler Martin Volwerk.
"Wir können
beobachten, wie sich die Aktivität des Magnetfeldes verändert, während sich BepiColombo dem Planeten
nähert und sich dann wieder von ihm in kaum erforschte Magnetschweif-Regionen entfernt."
Das Ionenspektrometer PICAM konzentriert sich auf Messungen in Regionen, in denen ein ausreichender Ionenfluss und damit eine verwertbare Signalstärke zu erwarten ist.
"Wir konnten im Vorfeld die Betriebssoftware unseres Sensors an Bord der europäischen Raumsonde aktualisieren. In dieses Update sind direkt Erkenntnisse aus dem Earth-Flyby eingeflossen und wir gehen davon aus, dass sich das sehr positiv auf die Messergebnisse auswirken wird", erklärt Harald Jeszenszky, Mitglied im Grazer PICAM-Team.
PICAM wird ungefähr 28 Stunden in Betrieb sein und nur während zweier Satellitenmanöver aus
Sicherheitsgründen abgeschaltet werden.
Insgesamt werden acht
der elf Instrumente an Bord des Mercury Planetary Orbiter und drei der fünf
Instrumente des Mercury Magnetospheric Orbiter während des Flybys arbeiten.
Mit ihnen sollen die Atmosphäre der Venus, ihre innere Struktur und die
Wechselwirkungen zwischen Venus und Sonne untersucht werden. Der nächste Flyby
an dem Planeten ist dann für den 10. August 2021 geplant.
BepiColombo war am 20. Oktober 2018 an Bord einer Ariane-5-Trägerrakete
gestartet und ist das bisher umfangreichste europäische Projekt zur Erforschung
eines Planeten des Sonnensystems. Die Mission besteht aus zwei Sonden: dem
europäischen Mercury Planetary Orbiter der europäischen Weltraumagentur
ESA und dem japanischen Mercury Magnetospheric Orbiter. Bis zum
Erreichen der Merkurumlaufbahn befinden sich die beiden Sonden an Bord des
Mercury Composite Spacecraft (MCS), das die Orbiter mit Energie versorgt
und sie mithilfe eines speziellen Schutzschildes vor den extremen Temperaturen
schützt. Nach sechs Vorbeiflügen an seinem Ziel wird BepiColombo am 5.
Dezember 2025 schließlich in eine Merkurumlaufbahn gelangen.
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