Der neue Sonnenzyklus hat begonnen
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung astronews.com
16. September 2020
In den vergangenen anderthalb Jahren war unsere Sonne
vergleichsweise ruhig: Es gab kaum Sonnenflecken und auch keine
Sonneneruptionen. Doch das sollte sich nun ändern: Satellitendaten bestätigen,
dass der neue Aktivitätszyklus unseres Zentralsterns begonnen hat. Das Maximum
sollte um das Jahr 2025 erreicht sein. Ein sehr starkes Maximum ist nach den
Vorhersagen aber nicht zu erwarten.
Zwei Aufnahmen der Sonne in einer Aufnahme
des Solar Dynamics Observatory im extremen
Ultraviolett: rechts im Minimum im Dezember 2019,
links im letzten Aktivitätsmaximum im April 2014.
Bild: NASA/SDO [Großansicht] |
Seit mehr als 30 Jahren laden die amerikanische Weltraumbehörde NASA
und die amerikanische Ozean- und Atmosphärenbehörde NOAA regelmäßig
internationale Experten ein, die Sonnenaktivität der nächsten Jahre
vorherzusagen. Das ist keine einfache Aufgabe, denn unser Stern zeichnet sich
durch ein eigenartiges Zusammenspiel aus Verlässlichkeit und Launenhaftigkeit
aus.
Zwar wechseln sich Phasen hoher und geringer Aktivitäten in einem erstaunlich
regelmäßigen Rhythmus ab: Zwischen zwei Aktivitätsminima vergehen in etwa elf
Jahre. Doch einige Eigenschaften wie Stärke und genaue Dauer eines Zyklus können
durchaus variieren und lassen kein langfristiges System erkennen.
Die letzte Vorhersage vom März 2019 hat nun ihre erste Bewährungsprobe
bestanden und den Anfang des nächsten Zyklus, des 25. seit Beginn verlässlicher
Sonnenbeobachtungen, richtig prognostiziert, wie NASA und NOAA gestern
bekanntgaben. Das Solar Cycle 25 Prediction Panel hatte diesen
Zeitpunkt zwischen November 2019 und Oktober 2020 verortet. Messungen von
Forschungssatelliten aus den vergangenen Monaten zeigen nun, dass die
Sonnenaktivität tatsächlich seit Dezember 2019 wieder zunimmt.
Das Verhalten unseres Sterns im Voraus zu bestimmen, ist dabei nicht nur von
rein wissenschaftlichem Interesse. "In Phasen hoher Aktivität können sich
heftige Teilchen- und Strahlungsausbrüche von der Sonne auch auf der Erde
bemerkbar machen", so Dr. Robert Cameron vom Max-Planck-Institut für
Sonnensystemforschung (MPS), der an der jüngsten Vorhersage vom März vergangenen
Jahres mitgewirkt hat. Im schlimmsten Fall können dadurch technische Systeme wie
etwa Satelliten ausfallen oder Astronauten zu Schaden kommen.
Der nun begonnene Sonnenzyklus dürfte in dieser Hinsicht wenig Anlass zur
Sorge geben. Das Solar Cycle 25 Prediction Panel geht davon aus, dass
seine Stärke der seines ausgesprochen matten Vorgängers ähneln wird. Bereits
seit den 1980er Jahren verzeichnet die Stärke der Sonnenzyklen einen deutlichen
Abwärtstrend. "Die aktuelle Phase geringer Sonnenaktivität im Vergleich zu den
starken Zyklen, die während des Großteils des vergangenen halben Jahrhunderts
vorherrschten, setzt sich in den nächsten elf Jahren offenbar fort", so Cameron.
Das nächste, eher schwache Maximum dürfte in der Zeit zwischen November 2024 und
März 2026 auftreten.
Obwohl Prognosen früherer Sonnenzyklen zum Teil merklich danebenlagen, ist
Cameron überzeugt, dass sich die Sonne durchaus in die Karten blicken lässt –
allerdings nur einige Jahre im Voraus. Neue Erkenntnisse der Sonnenforschung der
vergangenen Jahre machten dies möglich, so der Göttinger Forscher. Wichtige
Anhaltspunkte bieten lokale magnetische Strukturen, die sich Jahre zuvor auf der
sichtbaren Oberfläche der Sonne zeigen.
Diese sogenannten bipolaren Regionen bestehen aus dicht benachbarten
Bereichen entgegengesetzter magnetischer Polarität; oftmals gehen sie mit
Sonnenflecken einher. Wie auf einer Art solarem Förderband schwemmen gewaltige,
oberflächennahe, nord-süd-gerichtete Plasmaströme diese lokalen magnetischen
Felder über mehrere Jahre hinweg aus Äquatornähe zu den Sonnenpolen - und bauen
so das globale Sonnenmagnetfeld auf, das den nächsten Sonnenzyklus prägt. An den
Polen sinkt das Plasma in die Tiefe und fließt dort zurück zum Äquator.
"Jeder Kreislauf dauert etwa elf Jahre und ist die physikalische Grundlage
des Sonnenzyklus", so Cameron. Für Vorhersagen der Sonnenaktivität ist es zum
einen entscheidend, Anzahl und Anordnung der bipolaren Regionen, die Jahre zuvor
auf der Oberfläche der Sonne entstehen, genau und ununterbrochen zu beobachten.
Diese Aufgabe übernehmen seit einigen Jahren Satelliten, wie etwas das Solar
Dynamics Observatory der NASA.
Zum anderen erlaubt die Helioseismologie, eine noch junge Teildisziplin der
Sonnenforschung, Vorgänge im Innern der Sonne sichtbar zu machen und so die
genaue Geschwindigkeit des Plasmakreislaufs zu bestimmen. "Mit diesen Methoden
können wir schon einige Jahre im Voraus ablesen, wie sich die Sonne im nächsten
Zyklus verhalten wird", so Cameron. Vorhersagen, die über einen Sonnenzyklus
hinausgehen, sind indes prinzipiell nicht möglich.
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