Schwaches Maximum im Mai 2013?
von Stefan Deiters astronews.com
2. Juni 2009
Eine internationale Gruppe von Sonnenexperten hat nun eine
neue Vorhersage für den nächsten solaren Aktivitätszyklus vorgelegt. Sie
erwarten das nächste solare Maximum nun im Mai 2013. Die Sonne wird dabei
allerdings weniger Sonnenflecken zeigen als auf dem Höhepunkt der solaren
Aktivität durchschnittlich üblich. Zur Zeit befindet sich unser Zentralgestirn
in einer ungewöhnlich langen ruhigen Phase.
Die Sonne, hier
ein UV-Blick der Sonnensonde SOHO vom 29. Mai
2009, zeigt inzwischen wieder Anzeichen von
Aktivität.
Bild: SOHO / EIT (ESA & NASA) |
"Wenn unsere Vorhersagen korrekt sind, wird es während des 24.
Sonnenzyklus eine maximale Sonnenfleckenzahl von 90 geben", erläutert Doug
Biesecker vom Space Weather Prediction Center der amerikanischen
National Oceanic and Atmospheric Administration (NOAA). "Das wäre die
niedrigsten Sonnenfleckenzahl seit 1928 als der 16. Zyklus mit 78 Sonnenflecken
sein Maximum erreichte."
Die Experten warnen allerdings davor, ein solches vergleichsweise "mildes"
solares Aktivitätsmaximum als harmlos zu betrachten: "Selbst während eines
unterdurchschnittlichen Aktivitätszyklus kann es zu extremem Weltraumwetter
kommen", so Biesecker. "Der große geomagnetische Sturm im Jahr 1859 ereignete
sich beispielsweise während eines Zyklus, der ähnlich schwach war wie der, den
wir jetzt vorhersagen."
Im Jahr 1859 sorgte ein gewaltiger solarer Flare für erhebliche
Turbulenzen auf der Erde. Die harmloseste Folge waren noch die Polarlichter, die
so hell gewesen sein sollen, dass man in der Nacht Zeitung lesen konnten.
Schlimmer waren Schäden an elektrischen Anlagen. Es gibt Schätzungen, nach denen
ein ähnlicher Sonnensturm in unserer heutigen, so deutlich mehr auf Elektronik
angewiesenen Welt Schäden von ein bis zwei Billionen Dollar verursachen würden,
mit deren vollständiger Beseitigung man wohl ein Jahrzehnt beschäftigt wäre.
Diese möglichen Folgen eines Sonnensturms sind auch der Grund dafür, dass
sich Wissenschaftler inzwischen intensiv mit dem Weltraumwetter befassen, um im
Ernstfall nicht unvorbereitet von einem Flare getroffen zu werden. Mit
ihrer jetzt vorgelegten Prognose korrigieren die Experten eine Vorhersage aus
dem Jahr 2007, die sich inzwischen als haltlos herausgestellt hatte. Damals
erwarteten die Fachleute das solare Minimum für März 2008. Eine Gruppe glaubte
an ein starkes Maximum 2011, eine andere an ein schwaches Maximum 2013. "Es hat
sich nun herausgestellt, dass keine unserer Modelle wirklich korrekt waren", so
Dean Pesnell vom Goddard Space Flight Center der NASA. "Die Sonne
verhält sich auf eine unerwartete und sehr interessante Weise."
Der elfjährige Zyklus der solaren Aktivität ist etwa seit Mitte des 19.
Jahrhunderts bekannt. Schwierig ist allerdings die genaue Vorhersage der Maxima
und Minima der Zyklen und zuweilen auch die Dauer der ruhigen Phase der Sonne.
Die Aktivität der Sonne lässt sich direkt an der Zahl der Sonnenflecken ablesen,
so dass man aus älteren Sonnenfleckenzählungen auch etwas über die Aktivität der
Sonne in vergangenen Jahrhunderten lernt. So zeigte sich etwa, dass es im 17.
Jahrhundert eine rund 70 Jahre dauernde Phase gab, in der keine Sonnenflecken zu
sehen waren. Dieses sogenannte Maunder-Minimum gibt den Wissenschaftlern bis
heute Rätsel auf.
Auch derzeit befindet sich unsere Sonne - wie mehrfach berichtet - in einer
vergleichsweise langen ruhigen Phase. Seit Beginn des Weltraumzeitalters war die
Sonne noch nie so lange so ruhig wie in den vergangenen Monaten. Mehr als zwei
Jahre gab es keinen signifikanten solaren Flare mehr. "Alle Experten heute haben
so etwas noch nie gesehen", meint auch Pesnell. "Das solare Minimum dauert
deutlich länger als wir es in 2007 vorhergesagt haben."
Inzwischen gibt es allerdings erste Anzeichen, dass ein Ende der ruhigen
Phase absehbar ist: Es zeigen sich kleine Sonnenflecken und es ist - etwa mit
Hilfe verschiedener Sonden - eine erhöhte Aktivität auf der Sonnenoberfläche zu
beobachten. All diese jüngsten Daten flossen in die aktuelle Vorhersage der
Expertengruppe ein. Sie rechnet damit, dass sich unser Zentralgestirn noch für
rund ein Jahr relativ ruhig zeigen wird. Allerdings könnte die Sonne die
Fachleute auch wieder überraschen, insbesondere was das Datum des nächsten
Maximums angeht: "Man kann sich zwar schon den Mai 2013 im Kalender ankreuzen",
so Pesnell. "Aber man sollte einen Bleistift benutzen."
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