Ruhige Phase geht weiter
von Stefan Deiters astronews.com
3. April 2009
Schon im letzten Jahr überraschte unsere Sonne die Forscher
mit einer langandauernden ruhigen Phase, in der auch kaum Sonnenflecken auf der
Oberfläche unseres Zentralgestirns zu sehen waren. Doch das Minimum war offenbar
noch nicht erreicht: In den ersten drei Monaten dieses Jahres zeigten sich noch
weniger Sonnenflecken als im Vorjahr.
Die Sonne am 2.
April 2009 aus Sicht der Sonde SOHO: Kein
Sonnenfleck zu sehen.
Bild: SOHO / MDI (ESA & NASA) |
Es ist ein wenig wie mit den Börsenkursen: Kaum denkt man, das
Schlimmste - also die niedrigsten Kurse - überstanden zu haben, fallen die Kurse
weiter. Ähnlich sieht es auch mit der Aktivität unseres Zentralgestirns aus, das
sich schon seit einiger Zeit äußerst ruhig verhält (astronews.com berichtete).
Die Aktivität unserer Sonne lässt sich etwa an der Anzahl der Sonnenflecken
messen und im vergangenen Jahr war an 266 Tagen überhaupt kein Sonnenfleck zu
sehen. Das entspricht einer Quote von 73 Prozent. Um eine niedrigere Zahl von
Sonnenfleckentagen zu finden, muss man bis ins Jahr 1913 zurückgehen, wo es 311
Tage ohne Sonnenflecken gab.
War also damit 2008 das absolute Minimum der solaren Aktivität erreicht?
Zweifel sind angebracht: In den ersten drei Monaten von 2009 zeigte sich an 78
von 90 Tagen kein Sonnenfleck auf unserem Zentralgestirn - eine Quote von 87
Prozent. "Wir erleben gerade ein sehr tiefes solares Minimum", erklärte Dean
Pesnell vom Goddard Space Flight Center der NASA auf der Webseite
Science@NASA und Sonnenfleckexperte
David Hathaway vom Marshall Space Flight Center ergänzt: "Das ist die
ruhigste Sonne, die wir seit fast einem Jahrhundert erlebt haben."
Dass sich die Aktivität unserer Sonne - und damit die Anzahl der
Sonnenflecken - regelmäßig ändert, ist nicht ungewöhnlich: Etwa alle elf Jahre
kommt es zu einer relativ ruhigen Phase, in der es kaum zu solaren Flares und
koronalen Massenauswürfen kommt. Auch das derzeitige Minimum passt in diesen
elfjährigen solaren Aktivitätszyklus. "Es war an der Zeit für ein wenig Ruhe -
und hier ist sie", meint Pesnell.
Allerdings ist die Sonne gegenwärtig etwas ruhiger als die Fachleute
ursprünglich erwartet hatten: So beobachtet man derzeit den geringsten Druck des
Sonnenwindes seit Beginn solcher Messungen Mitte der 1960er Jahre. Auch die
Helligkeit der Sonne hat im Vergleich zum solaren Minimum 1996 um 0,02 Prozent
im sichtbaren Bereich des Lichtes und um sechs Prozent im extremen Ultraviolett
abgenommen. Dies kann zwar nicht die globale Erwärmung aufhalten, sorgt aber
dafür, dass sich die obere Atmosphäre weniger aufheizt und somit weniger
ausgedehnt ist. Satelliten können daher länger als gedacht im All bleiben, weil
sie weniger Widerstand spüren. Das gilt leider auch für Weltraumschrott.
Auch im Radiobereich messen die Astronomen ein Minimum an Emissionen von
unserer Sonne. Die Messungen haben in den vergangenen Monaten immer wieder zu
Diskussionen darüber geführt, ob das aktuelle Minimum irgendwie außergewöhnlich
oder ein Grund zur Sorge ist. Die Fachleute sind da recht gelassen und verweisen
darauf, dass in den vergangenen Jahrzehnten die solare Aktivität eher
überdurchschnittlich hoch war. "Wir sind an diese Ruhe einfach nicht gewöhnt",
so Hathaway. Die Minima der Jahre 1901 und 1913 beispielsweise wären deutlich
länger gewesen als das aktuelle Minimum.
Für die Sonnenforscher ist die aktuelle Phase daher von besonderem Interesse:
"Zum ersten Mal in der Geschichte", so Pesnell, "können wir ein tiefes solares
Minimum verfolgen." Und dies mit einer Vielzahl von Sonden und Instrumenten, die
vor 100 Jahren noch nicht zur Verfügung standen. Doch trotz aller Fortschritte,
die Zukunft der solaren Aktivität kann man bis heute nicht vorhersagen - dazu
sind die physikalischen Prozesse des Aktivitätszyklus der Sonne zu wenig
verstanden. Pesnell glaubt jedoch, dass die Zahl der Sonnenflecken bald wieder
zunehmen wird. Dann könnte ein schwächer als übliches solares Maximum in den
Jahren 2012 oder 2013 folgen.
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