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GRAVITATIONSWELLEN
Vier weitere Kollisionen Schwarzer Löcher
Redaktion / Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Gravitationsphysik
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3. Dezember 2018

Die Zahl der bestätigten Gravitationswellenereignisse hat sich um vier weitere Kollisionen Schwarzer Löcher erhöht: Die Resultate des zweiten Beobachtungslaufs der Detektoren Ligo und Virgo wurden am Wochenende bei einem Workshop vorgestellt. Unter den Ereignissen ist auch die massereichste und am weitesten entfernte bislang entdeckte Gravitationswellenquelle.

Kollision

Mit den Detektoren Ligo und Virgo wurden die Gravitationswellen von vier weiteren Verschmelzungen von Schwarzen Löchern aufgespürt. Hier eine künstlerische Darstellung eines solchen Ereignisses. Bild: LIGO / Caltech / MIT / Sonoma State (Aurore Simonnet) [Großansicht]

Am Samstag präsentierten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der LIGO Scientific Collaboration und Virgo Collaboration auf dem Gravitational Wave Physics and Astronomy Workshop an der University of Maryland neue Ergebnisse ihrer Suche nach verschmelzenden kosmischen Objekten, wie Paaren Schwarzer Löcher und Neutronensterne. Zusätzlich zu den bereits veröffentlichten sechs Verschmelzungen von Schwarzen Löchern und einer Verschmelzung von zwei Neutronensternen entdeckten die Wissenschaftler vier weitere Verschmelzungen Schwarzer Löcher in den Daten.

Während des ersten Beobachtungslaufs O1 vom 12. September 2015 bis 19. Januar 2016 wurden Gravitationswellen von drei Verschmelzungen Schwarzer Löcher gefunden. Im zweiten Beobachtungslauf, der vom 30. November 2016 bis zum 25. August 2017 dauerte, gab es eine Neutronenstern-Verschmelzung und sieben weitere Verschmelzungen Schwarzer Löcher, einschließlich der vier neuen Ereignisse, die nun präsentiert wurden.

Die neuen Ereignisse werden als GW170729, GW170809, GW170818 und GW170823 bezeichnet, entsprechend den Tagen, an denen sie die Detektoren erreichten. Mit dem Nachweis von vier weiteren Verschmelzungen Schwarzer Löcher erfahren die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mehr über die Population dieser Systeme im Universum und über die Häufigkeit dieser Ereignisse. Die Massen der an den Verschmelzungen beteiligten Schwarzen Löcher umfassen ein breites Spektrum, das von 7,6 bis 50,6 Sonnenmassen reicht.

Das neue Ereignis GW170729 ist die massereichste und am weitesten entfernteste Gravitationswellenquelle, die man bisher beobachtet hat. In dieser Verschmelzung, die vor etwa fünf Milliarden Jahren stattfand, wurden fast fünf Sonnenmassen in Gravitationswellen umgewandelt.

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Bei zwei Verschmelzungen Schwarzer Löcher (GW151226 und GW170729) ist es sehr wahrscheinlich, dass sich mindestens eines der beteiligten Schwarzen Löcher gedreht hat. Eines der neuen Ereignisse, GW170818, das die drei LIGO- und Virgo-Observatorien gemeinsam nachwiesen, ließ sich sehr genau am Himmel lokalisieren. Seine Position wurde mit einer Genauigkeit von 39 Quadratgrad (195-mal die scheinbare Größe des Vollmonds) in der nördlichen Himmelshalbkugel bestimmt. Es ist damit die bisher am genauesten lokalisierte Verschmelzung Schwarzer Löcher.

Die wissenschaftlichen Arbeiten, die diese neuen Ergebnisse beschreiben, enthalten einen Katalog aller Gravitationswellen und Kandidatenereignisse der beiden ersten Beobachtungsläufe. Sie beschreiben die Eigenschaften der Population verschmelzender Schwarzer Löcher im Universum. Vor allem stellte das Team fest, dass fast alle aus Sternen entstandenen Schwarzen Löcher weniger als die 45-fache Masse unserer Sonne haben.

"Modernste Wellenformmodelle, fortschrittliche Datenverarbeitung und eine bessere Kalibrierung der Instrumente haben es uns ermöglicht, astrophysikalische Eigenschaften von bereits zuvor bekanntgegebenen Ereignissen noch genauer zu ermitteln," sagt Alessandra Buonanno, Direktorin der Abteilung "Astrophysikalische und kosmologische Relativitätstheorie" am Albert-Einstein-Institut in Potsdam und College Park-Professorin an der University of Maryland. "Ich freue mich auf den nächsten Beobachtungslauf im Frühjahr 2019, bei dem wir erwarten, im Schnitt zwei Signale verschmelzender Schwarzer Löcher pro Beobachtungsmonat zu finden!"

"Ich freue mich, dass viele der fortschrittlichen Detektortechnologien, die an unserem Detektor GEO600 entwickelt wurden, dazu beigetragen haben, die Instrumente im Beobachtungslauf O2 so empfindlich zu machen, und dass in O3 eine weitere Technologie, für die GEO600 Pionierarbeit geleistet hat, nämlich gequetschtes Licht, in LIGO und Virgo eingesetzt wird", sagt Karsten Danzmann, Direktor der Abteilung "Laserinterferometrie und Gravitationswellenastronomie" am Albert-Einstein-Institut in Hannover.

Die elf mit Sicherheit gemessenen Gravitationswellen wurden durch drei unabhängige Analysen in den Daten entdeckt: zwei verschiedene, sogenannte matched-filter-Analysen, die auf relativistischen Modellen von Verschmelzungen kompakter Binärsysteme und den dabei abgestrahlten Gravitationswellen basieren und eine unmodellierte Suche nach kurzzeitigen Ausbrüchen. Zusätzlich zu diesen Entdeckungen stellten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler 14 schwächere, als Gravitationswellen-Kandidaten bezeichnete Ereignissen vor, die durch die beiden matched-filter-Analysen identifiziert wurden.

Der dritte Beobachtungslauf (O3) von Advanced LIGO und Virgo soll Anfang 2019 beginnen. Mit weiteren Empfindlichkeitsverbesserungen für LIGO und für Virgo sowie der Aussicht, dass der japanische Gravitationswellendetektor KAGRA möglicherweise gegen Ende von O3 in das Netzwerk aufgenommen wird, werden in den kommenden Jahren viele Dutzende von binären Beobachtungen erwartet. In O3 werden Gravitationswellenbeobachtungen sofort breit bekannt gegeben, so dass alle Astronomen – Amateure und Profis gleichermaßen – Folgebeobachtungen durchführen können.

Forscherinnen und Forscher des Max-Planck-Instituts für Gravitationsphysik (Albert-Einstein-Institut; AEI) und der Leibniz Universität Hannover haben wichtige Beiträge zur Beobachtung und Interpretation der Signale geleistet und hochgenaue Modelle für Gravitationswellen von Doppelsystemen Schwarzer Löcher und Neutronensterne entwickelt. Diese Modelle waren sowohl für die Entdeckung der Signale als auch für die Bestimmung der astrophysikalischen Eigenschaften ihrer Quellen unerlässlich.

"In diesem Katalog präsentieren wir eine gründliche Analyse aller elf Gravitationswellen-Messungen, die in O1 und O2 gefunden wurden. Wir stützen uns dabei auf die modernsten Modelle der Gravitationswellen, die von diesen Großereignissen im All abgestrahlt werden, um die Massen, Eigendrehungen und Gezeitendeformationen der Binärsysteme abzuleiten. Ich bin sehr stolz darauf, an dieser herausragenden Leistung der LIGO Scientific Collaboration und Virgo Collaboration beteiligt gewesen zu sein", sagt Michael Pürrer, Wissenschaftler in der Abteilung "Astrophysikalische und Kosmologische Relativitätstheorie" am AEI in Potsdam.

Pürrer präsentierte am Samstag stellvertretend für die LIGO Scientific Collaboration und Virgo Collaboration die Ergebnisse dieses ersten Katalogs bei dem Workshop. AEI-Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben auch Schlüsseltechnologien zur Detektorentwicklung beigetragen, die am Gravitationswellendetektor GEO600 bei Hannover getestet wurden. Darüber hinaus entwickelten und implementierten sie wichtige Elemente der Algorithmen und Software zur Datenanalyse und stellten die leistungsfähigsten Computersysteme für die Analyse zur Verfügung.

Details über die neuen Funde haben die Teams auch auf dem Preprint-Server arXiv.org veröffentlicht. 

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Links im WWW
Preprint des Katalogs der Gravitationswellenereignisse bei arXiv.org
Preprint der Untersuchungen der Eigenschaften der Kollisionen von Schwarzen Löchern bei arXiv.org
Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik
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