Indikator für verborgene Dimensionen?
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Gravitationsphysik astronews.com
30. Juni 2017
Der direkte Nachweis von Gravitationswellen hat der
Forschung ein ganz neues Fenster ins All eröffnet. Vielleicht verraten diese
Kräuselungen der Raumzeit aber noch weitaus mehr, als man bislang
dachte: In einer jetzt veröffentlichten Studie kommen zwei Physiker zu dem
Schluss, dass Gravitationswellen auch Hinweise auf zusätzliche Dimensionen
liefern könnten.
Bei der Verschmelzung Schwarzer Löcher
entstehen Gravitationswellen. Diese Dellen in der
Raumzeit könnten Hinweise auf verborgene
Dimensionen enthalten.
Bild: Simulating Extreme Spacetimes (SXS) [Großansicht] |
Forscher am Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik
(Albert-Einstein-Institut/AEI) in Potsdam haben entdeckt, dass versteckte
Dimensionen – wie sie von der String-Theorie vorhergesagt werden –
Gravitationswellen beeinflussen könnten. Die Wissenschaftler untersuchten den
Einfluss von zusätzlichen Dimensionen auf die Raumzeitwellen und berechneten, ob
die Effekte experimentell nachweisbar sind.
LIGOs erste Gravitationswellenmessung von verschmelzenden Schwarzen Löchern
im September 2015 hat ein neues Fenster ins Universum geöffnet. Aber
möglicherweise können Physiker mit dieser neuen Messmethode nicht nur Schwarze
Löcher und andere exotische astrophysikalische Objekte beobachten, sondern auch
die Schwerkraft selbst verstehen. "Im Vergleich zu den anderen Grundkräften, wie
etwa dem Elektromagnetismus, ist die Schwerkraft extrem schwach", erklärt Dr.
David Andriot, einer der beteiligten Forscher. Der Grund für diese Schwäche
könnte sein, dass die Schwerkraft mit mehr als den drei Raumdimensionen und
einer Zeitdimension, die Teil unserer alltäglichen Erfahrung sind, wechselwirkt.
Zusätzliche Dimensionen (sogenannte Extradimensionen), die aufgrund ihrer
Winzigkeit verborgen bleiben, sind ein unverzichtbarer Bestandteil der
Stringtheorie – einer vielversprechenden Kandidatin für eine Theorie der
Quantengravitation. Physiker suchen nach einer solchen Theorie, die
Quantenmechanik und Allgemeine Relativitätstheorie vereint, um zu verstehen, was
passiert, wenn sehr große Massen auf sehr kleinen Abständen beteiligt sind. Dies
betrifft beispielsweise die Vorgänge im Innern eines Schwarzen Lochs oder beim
Urknall.
"Physiker suchen am Large Hadron Collider am CERN nach zusätzlichen
Dimensionen, bislang allerdings ergebnislos", sagt Dr. Gustavo Lucena Gómez, der
zweite an der Studie beteiligte Wissenschaftler. "Aber
Gravitationswellendetektoren könnten in der Lage sein, experimentelle Hinweise
zu liefern." Die Forscher entdeckten, dass zusätzliche Dimensionen zwei
unterschiedliche Effekte auf Gravitationswellen haben sollten: Sie würden die
"Standard-Gravitationswellen" verändern und darüber hinaus zusätzliche Wellen
bei hohen Frequenzen oberhalb von 1000 Hz verursachen.
Allerdings ist die Beobachtung dieser Frequenzen unwahrscheinlich, da die
bodengestützten Gravitationswellendetektoren bei hohen Frequenzen nicht
empfindlich genug sind. Hingegen sollte der Einfluss zusätzlicher Dimensionen
auf die Art und Weise, wie "Standard-Gravitationswellen" die Raumzeit stauchen
und dehnen, leichter zu erkennen sein, wenn man mehrere Detektoren für die
Beobachtung verwendet. Da der Virgo-Detektor gemeinsam mit den beiden
LIGO-Detektoren am nächsten Beobachtungslauf teilnehmen wird, könnte dies nach
Ende 2018 / Anfang 2019 passieren.
Über ihre Ergebnisse berichten die beiden Wissenschaftler in einem
Fachartikel, der in der Zeitschrift Journal of Cosmology and Astroparticle
Physics erschienen ist.
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