Neuer Superrechner für Gravitationswellenforscher
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Gravitationsphysik astronews.com
24. Januar 2017
Um Gravitationswellen aufzuspüren, muss man wissen, wie ihr
Signal beim Durchlaufen eines Detektors aussieht. Entsprechende Simulationen
können sehr zeitaufwendig sein. Jetzt wurde am Max-Planck-Institut für
Gravitationsphysik der neue Supercomputer Minerva in Betrieb genommen,
der hauptsächlich für solche Rechnung verwendet werden soll.
Der neue Großrechner Minerva der Abteilung
Astrophysikalische und Kosmologische
Relativitätstheorie am Max-Planck-Institut für
Gravitationsphysik (Albert-Einstein-Institut) in
Potsdam-Golm.
Foto: A. Okulla / Max-Planck-Institut für
Gravitationsphysik [Großansicht] |
Am Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik (Albert-Einstein-Institut, AEI)
wurde jetzt der neue Supercomputer Minerva in Betrieb genommen. Mit
9.504 Rechnerkernen, 38 TeraByte Arbeitsspeicher und einer Rechenleistung von
320,4 TeraFlop/s ist der Großrechner mehr als sechsmal so leistungsfähig wie das
Vorgängermodell. Damit können die Wissenschaftler der Abteilung
"Astrophysikalische und Kosmologische Relativitätstheorie" nun deutlich mehr
Gravitationswellenformen berechnen und komplexere Simulationen durchführen.
Der neue Großrechner – benannt nach der römischen Göttin der Weisheit –
wird vor allem für die Berechnung von Gravitationswellen verwendet. Wenn
massereiche Objekte wie Schwarze Löcher und Neutronensterne verschmelzen,
entstehen diese erstmals im September 2015 direkt gemessenen Kräuselungen in der
Raumzeit. Um die genauen Wellenformen der abgestrahlten Gravitationswellen zu
ermitteln, müssen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Einsteins
komplizierte, nicht-lineare Feldgleichungen mit numerischen Methoden auf
Großrechnern wie Minerva lösen.
Das AEI arbeitet seit vielen Jahren an vorderster Front in diesem Bereich und
die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter machen wichtige Beiträge zu den dort
verwendeten Software-Werkzeugen. Um die schwachen Signale im Rauschen des
Detektors zu entdecken und um Informationen über die astrophysikalischen und
kosmologischen Eigenschaften der Quelle aus ihnen zu ziehen, berechnen die
Wissenschaftler die Verschmelzung unterschiedlicher Doppelsysteme wie
beispielsweise zwei Schwarze Löcher oder ein Neutronenstern und ein Schwarzes
Loch mit unterschiedlichen Kombinationen von Massenverhältnissen und
Eigendrehungen.
"Solche Berechnungen sind sehr rechenaufwändig. Die Simulation der ersten von
LIGO gemessenen Gravitationswelle dauerte - noch auf unserem vorherigen
Großrechner Datura - drei Wochen", sagt AEI-Direktorin Prof. Alessandra Buonanno.
"Minerva ist deutlich schneller. So können wir zügig auf neue Detektionen am
Gravitationswellendetektor Advanced LIGO reagieren und auch mehr Signale
berechnen."
Die Gravitationswellen-Detektoren Advanced LIGO in den USA (aLIGO)
und GEO600 in Ruthe bei Hannover haben am 30. November 2016 ihren zweiten
Beobachtungslauf ("O2") begonnen (astronews.com berichtete).
aLIGO ist nun empfindlicher als je zuvor: die Detektoren sind in der Lage,
Signale aus einer 20 Prozent größeren Entfernung zu detektieren als im ersten
Beobachtungslauf O1. Damit erhöht sich die Ereignisrate um mehr als 70 Prozent.
Vor O2 hat das Team der Abteilung die Fähigkeiten der aLIGO-Detektoren
verbessert, Parameter der Gravitationswellenquellen zu beobachten und
abzuschätzen. Für die Suche nach Verschmelzungen binärer Schwarzer Löcher haben
sie ihre Wellenformmodelle verfeinert. Dabei nutzten sie eine Synergie zwischen
numerischen und analytischen Lösungen der Einsteinschen Gleichungen der
Allgemeinen Relativitätstheorie.
Sie kalibrierten analytische Näherungslösungen (die fast augenblicklich
berechnet werden können) mit präzisen numerischen Lösungen (die auch auf
leistungsfähigen Computern sehr lange dauern). Dies ermöglicht es den
AEI-Forschenden, die verfügbare Rechenleistung effektiver zu nutzen, schneller
zu suchen, mehr potenzielle Signale verschmelzender Schwarzer Löcher in O2 zu
entdecken und ihre Quellen zu bestimmen.
AEI-Forschende haben auch Simulationen von Verschmelzungen binärer
Neutronensterne und Bosonensterne durchgeführt. Bei diesen können gleichzeitig
elektromagnetische Strahlung und Gravitationswellen beobachtet werden, und sie
können für neue präzise Tests der Einsteinschen Relativitätstheorie genutzt
werden.
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