Elektronen und Positronen kreisen
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der Universität Mainz astronews.com
4. April 2016
Eigentlich sollten im Urknall gleichgroße Mengen Materie und
Antimaterie entstanden sein. Doch ein Blick in unsere Umgebung zeigt: Die
Antimaterie ist praktisch vollständig verschwunden. Eines der Hauptaufgaben des
Teilchenbeschleunigers SuperKEKB in Japan soll es sein, den Grund für dieses
Ungleichgewicht zu finden. Beim Bau wurde im März ein wichtiger Meilenstein
erreicht.
Der Kollisionspunkt des neuen Beschleunigers
SuperKEKB im Herbst 2015. Bild:
KEK [Großansicht] |
Bei der Konstruktion des Teilchenbeschleunigers SuperKEKB am japanischen
Forschungszentrum KEK wurde im März ein wichtiger Meilenstein erreicht:
Elektronen und Positronen kreisten erstmals in den beiden dafür vorgesehenen
Speicherringen. Nach verschiedenen Testläufen soll ab 2017 die
Experimentierphase beginnen, in der die beiden Teilchenstrahlen zur Kollision
gebracht werden.
Eine wesentliche Fragestellung bei den Experimenten wird sein, warum die
Antimaterie, die in ähnlicher Menge wie die uns umgebende Materie existieren
sollte, im Universum weitestgehend verschwunden ist. Mainzer Physiker sind an
der Entwicklung des zugehörigen Detektors beteiligt, der die entstehenden
Teilchen und ihre Zerfallsprodukte aufzeichnet. Zudem werden Physiker aus der
Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Concettina Sfienti gemeinsam mit etwa 600
Wissenschaftlern aus 23 Ländern an der Auswertung der Experimente mitarbeiten.
Ebenso wie der Beschleuniger, der seinen Vorgänger KEKB ablöst und eine um das
vierzigfache größere Kollisionsrate erlaubt, wird auch der verwendete Detektor
Belle für die zu erwartenden extremen Anforderungen modernisiert. Der deutsche
Beitrag zum neuen Detektor Belle II ist ein hochauflösender Spurdetektor im
Herzen der Apparatur, der den Kollisionspunkt und die Spuren der erzeugten
Teilchen sehr genau bestimmen kann: die Ungenauigkeit wird weniger als die
Hälfte der Dicke eines menschlichen Haares betragen.
Die Expertise der Mainzer Physiker liegt dabei in der Software zur Überwachung
des Detektors und der Ausleseelektronik. Mit dieser Software werden die
Betriebsparameter des Detektors gesteuert und seine Leistungsfähigkeit wird
kontinuierlich kontrolliert. Die hohe Kollisionsrate macht es zwar erforderlich,
bis an die Grenze des Machbaren leistungsfähige und somit kostspielige Hardware
einzusetzen, soll es im Gegenzug aber auch ermöglichen, selten auftretende
Ereignisse zu registrieren.
"Das ist ein wichtiger Meilenstein in der Entwicklung von SuperKEKB – einem
Beschleuniger, der eine vierzigmal höhere Luminosität erreichen wird als der
stärkste Collider, der je gebaut wurde", so Sfienti. Die Luminosität ist ein Maß
für die Leistungsfähigkeit eines Beschleunigers. Je höher die Luminosität, desto
mehr Teilchenkollisionen finden statt, so dass auch seltenere Phänomene
untersucht werden können. "Das Experiment wird uns den größten Datensatz von
hochpräzise vermessenen Teilchenkollisionen liefern, der bisher produziert
worden ist, und könnte zur Entdeckung neuer Teilchen führen."
Zudem erhofft man sich, extrem selten vorkommende Ereignisse nachzuweisen,
die in frühen Phasen unseres Universums stattgefunden haben könnten - und damit
neue physikalische Gesetze jenseits des Standardmodells zu entdecken.
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