Einschläge als Kohlenstofflieferanten
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung astronews.com
7. Januar 2013
Bis September vergangenen Jahres untersuchte die NASA-Sonde
Dawn den Asteroiden Vesta. Dabei entdeckte man extrem dunkles Material
auf seiner Oberfläche. Dieses dürfte, so zeigt eine jetzt vorgestellte Analyse,
sehr kohlenstoffreich sein und ist durch gewaltige Einschläge auf Vesta gelangt.
Solche Einschläge könnten auch andere Welten im Sonnensystem mit Kohlenstoff
versorgt haben.
Das meiste des
kohlenstoffreichen, dunklen Materials auf Vesta
findet sich an den Rändern kleinerer Krater
(oben) oder als einzelne Sprenkel in ihrer
Umgebung (unten).
Bild: NASA /JPL-Caltech / UCLA / MPS /
DLR / IDA
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Der Protoplanet Vesta hat eine bewegte Vergangenheit: Aufnahmen der deutschen
Framing Camera an Bord der NASA-Raumsonde Dawn, die Vesta bis
September des vergangenen Jahres etwa ein Jahr lang begleitet hat (astronews.com
berichtete wiederholt), zeigen zwei gewaltige Krater auf der Südseite des
Himmelskörpers. Doch die gigantischen Einschläge haben offenbar nicht nur die
Form des Asteroiden, sondern auch seine mineralogische Zusammensetzung dauerhaft
verändert.
Wissenschaftler unter Leitung des Max-Planck-Instituts für
Sonnensystemforschung (MPS) konnten nämlich nun zeigen, dass die beiden
kosmischen Brocken, welche die Südseite der Vesta erschütterten, dunkles,
kohlenstoffhaltiges Material mitbrachten. Ähnliche Ereignisse könnten in der
Frühzeit des Sonnensystems auch die inneren Planeten wie die Erde mit
Kohlenstoff, einem Grundbaustein organischer Verbindungen, versorgt haben.
Vesta ist in vielerlei Hinsicht bemerkenswert. Zum einen ist der
Himmelskörper, der zwischen den Bahnen von Mars und Jupiter um die Sonne kreist
und einen Durchmesser von etwa 530 Kilometern hat, einer der wenigen
Protoplaneten in unserem Sonnensystem, die heute noch intakt sind. Wie andere
Protoplaneten war Vesta vor etwa 4,5 Milliarden Jahren ein heißer, geschmolzener
Körper. Wissenschaftler gehen jedoch davon aus, dass der Großteil der
vulkanischen Aktivität nach nur wenigen Millionen Jahren zum Erliegen kam. Vesta
ist somit eine Art Zeitkapsel aus einer frühen Entwicklungsphase des
Sonnensystems. Zum anderen haben die Aufnahmen der Raumsonde Dawn eine
Oberfläche mit ausgeprägten Unterschieden in Helligkeit und Zusammensetzung
offenbart. Es gibt auf Vesta helles Material, das so weiß ist wie Schnee, und
dunkle Bereiche, die so schwarz sind wie Kohle.
Besonders dieses rätselhafte, dunkle Material könnte weiteren Aufschluss über
die Entwicklung und Vergangenheit des Protoplaneten - und damit des gesamten
Sonnensystems - geben. Eine Forschergruppe unter Leitung des MPS konnte nun
zeigen, dass dieses Material nicht ursprünglich zu Vesta gehörte, sondern durch
Einschläge von Asteroiden eingebracht wurde. "Vieles spricht dafür, dass das
dunkle Material sehr reich an Kohlenstoff ist", erklärt Prof. Dr. Vishnu Reddy
vom MPS und der Universität von North Dakota in den USA, Erstautor der neuen
Studie. In der Fachzeitschrift Icarus haben er und seine Kollegen nun
die bisher umfassendste Analyse dieses Materials vorgelegt.
Die detaillierten Untersuchungen legen einen Zusammenhang zwischen dem
dunklen Material und den beiden riesigen Asteroideneinschlägen nahe, die Vestas
Südhalbkugel prägen. "In einem ersten Schritt haben wir eine genaue
Übersichtskarte erstellt, welche die Verteilung des dunklen Materials zeigt",
erklärt Dr. Lucille Le Corre vom MPS. Diese Informationen konnten die Forscher
den Aufnahmen des Kamerasystems an Bord der Raumsonde Dawn entnehmen, das
Wissenschaftler unter Leitung des MPS entwickelt und gebaut hatten.
"Dabei haben wir etwas Erstaunliches entdeckt", fährt sie fort. Das dunkle
Material gruppiert sich in erster Linie um die Ränder der beiden großen Krater
auf der Südhalbkugel. Genauere Untersuchungen zeigten, dass dieses Gestein
wahrscheinlich mit dem ersten der beiden Einschläge, der vor etwa zwei bis drei
Milliarden Jahren das Veneneia-Becken bildete, auf den Protoplaneten kam. Der
zweite Einschlag, in dessen Folge das riesige Rheasilvia-Becken entstand, hat
einen Teil dieses Material dann später überdeckt.
Umfangreiche Modellrechnungen der MPS-Forscher unterstützen die Theorie der
zwei Einschläge - und erlauben zudem genaueren Aufschluss über deren Verlauf. So
konnten die Wissenschaftler in Computersimulationen bestimmen, welche
Aufprallgeschwindigkeiten mit den gefundenen Konzentrationen des dunklen
Materials vereinbar sind. "Alles spricht für einen vergleichsweise langsamen
Zusammenstoß mit Geschwindigkeiten von weniger als zwei Kilometern pro Sekunde",
so Reddy. Der Einschlag im Nördlinger Ries im Süden Deutschlands geschah dagegen
bei etwa 20 Kilometern pro Sekunde. Und auch die räumliche Verteilung des
Materials, welche die Forscher berechnen konnten, entspricht dem Bild, das sich
heute zeigt.
Informationen über das dunkle Material liefern auch die so genannten
HED-Meteorite, die von Vesta stammen. Einige dieser Meteoriten zeigen dunkle
Einschlüsse, die ebenfalls reich an Kohlenstoff sind. Das Kürzel HED steht dabei
für die Gesteinsarten Howardit, Eucrit und Diogenit, aus denen diese Meteoriten
in erster Linie bestehen. "Durch genaue Analyse des dunklen Materials auf der
Vesta und Vergleichen mit Laboruntersuchungen dieser Meteorite konnten wir nun
den ersten direkten Beweis liefern, dass die HED-Meteorite tatsächlich
Bruchstücke von Vesta sind", so Le Corre.
"Bei unseren Analysen geht es längst nicht nur darum, die genaue
Entwicklungsgeschichte von Vesta zu rekonstruieren", betont Dr. Holger Sierks,
einer der mitverantwortlichen Wissenschaftler für die Dawn-Mission am MPS.
Vielmehr wollen die Forscher die Bedingungen im frühen Sonnensystem verstehen.
Die Mission Dawn startete vor etwa fünf Jahren ins All und schwenkte am
16. Juli 2011 in eine Umlaufbahn um den Protoplaneten Vesta ein. 2015 soll die
Raumsonde ihr zweites Reiseziel, den Zwergplaneten Ceres, erreichen, der wie
Vesta im so genannten Asteroidengürtel zwischen den Umlaufbahnen des Mars und
des Jupiter um die Sonne kreist.
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