Schnelle Rotation der ersten Sterne?
Redaktion
/ Pressemitteilung Leibniz-Instituts für Astrophysik Potsdam (AIP) astronews.com
28. April 2011
Aus der Untersuchung der chemischen Zusammensetzung der ältesten Sterne unserer
Milchstraße mithilfe des Very Large Telescope der europäischen
Südsternwarte ESO in Chile haben Astronomen Rückschlüsse auf die Natur der
ersten Sterne im Universum gezogen. Diese könnten sich, so die Analyse der
Forscher, sehr schnell um die eigene Achse gedreht haben.
Simulation der Entstehung der
ersten Sterne mit sehr schneller Eigendrehung.
Bild: AIP /
A. Stacy, University
of Texas |
Das Leben massereicher Sterne ist turbulent und kurz. Daher sind die
ersten Generationen solcher Sterne im Universum längst erloschen.
Allerdings lassen sich ihre chemischen Hinterlassenschaften wie ein
Fingerabdruck auch heute noch in den ältesten Sternen unserer
Milchstraße nachweisen. Diese fossilen Überreste geben Zeugnis über die
Eigenschaften der ersten, inzwischen vergangenen, Sterngenerationen die
unser Universum bei ihrem Tod mit neuen chemischen Elementen
angereichert haben. "Es ist als wollten wir die Persönlichkeit des Kochs
aus dem Geschmack seiner Gerichte erschließen", vergleicht Prof. Georges
Meynet von der Universität Genf die Herangehensweise der Forscher.
Kurz nach dem Urknall war die Zusammensetzung des Universums sehr
viel einfacher als heute: Es bestand in erster Linie aus Wasserstoff und
Helium. Die chemische Anreicherung des Universums mit weiteren Elementen
ließ noch etwa 300 Millionen Jahre, bis zum Tod der ersten Generationen
massereicher Sterne, auf sich warten. Diese Sterne hatten
zwischenzeitlich in ihrem Inneren neue chemische Elemente produziert,
mit denen sie nun das Ur-Gas "verschmutzten" aus dem dann die nächste
Generation von Sternen entstand.
Für ihr Forschungsprojekt analysierten die Astronomen Spektren sehr
alter Sterne unserer Milchstraße, die mit dem Very Large Telescope
(VLT) der ESO gewonnen wurden. Diese Sterne sind so alt, dass nur sehr
massereiche, kurzlebige Sterne mit mehr als der etwa 10-fachen Masse der
Sonne zuvor genug Zeit hatten zu sterben und das Gas, aus dem sich diese
Sterne dann formten, zu verschmutzen. Wie erwartet, zeigte die Auswertung
der Beobachtungsdaten typische Elemente für solch eine Anreicherung des
Gases durch massereiche Sterne.
Allerdings entdeckten die Forscher unerwartet auch solche Elemente, von
denen man normalerweise annimmt, dass sie nur in Sternen niedrigerer
Masse produziert werden. Falls die massereichen Sterne aber sehr schnell
rotiert haben, könnten sie auch selbst für die Produktion solcher
Elemente verantwortlich sein. "Wir glauben, dass die schweren Sterne der
ersten Generationen sich sehr schnell um sich selbst gedreht haben - wir
nennen sie daher SPINSTARS (aus dem Englischen von 'sich drehende
Sterne')", erläutert Cristina Chiappini vom Leibniz-Institut für
Astrophysik Potsdam (AIP) und dem italienischen Instituto Nazionale
di Astrofisica (INAF). "Noch können wir alternative Szenarien nicht
ausschließen, aber wir zeigen, dass SPINSTARS als erste Generation
massereicher Sterne im Universum eine sehr elegante Lösung dieses
Rätsels sind!".
Teammitglied Urs Frischknecht, ein Doktorand an der Universität Basel,
arbeitet bereits daran, die numerischen Simulationen der Sterne zu
erweitern, um das vorgeschlagene Szenario weiter zu testen. Eine frühe
Generation von SPINSTARS im Universum hätte eine Vielzahl von
Konsequenzen. Die Eigendrehung eines Sterns beeinflusst auch seine
weiteren Eigenschaften, wie seine Farbe, seine Lebensdauer und seine
Leuchtkraft, stark. Somit wären auch die Eigenschaften und die
Erscheinung der ersten Galaxien des Universums durch SPINSTARS
verändert. Die Hypothese der Existenz von SPINSTARS wurde kürzlich auch
durch hydrodynamische Simulationen zur Entstehung der ersten Sterne des
Universums durch eine unabhängige Forschergruppe unterstützt.
Die Forscher berichten über ihre Beobachtungen in der heute
erscheinenden Ausgabe der Fachzeitschrift Nature.
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