Erste Sterne keine Einzelgänger
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der Universität Heidelberg astronews.com
4. Februar 2011
Die ersten Sterne im Universum entstanden möglicherweise nicht, wie bislang
angenommen, als Einzelsterne, sondern zusammen mit einer Vielzahl kleinerer
Begleitsterne. Darauf deuten neue Computersimulationen hin, die die Prozesse der
Sternentstehung im jungen Universum nachbilden. Entscheidend dabei sind offenbar
die Vorgänge in der Gasscheibe um den entstehenden Stern.

Blick auf die
Gasscheibe, die einen neu gebildeten, zentralen
Stern umgibt. Blau erscheinen hier Bereiche
geringer Gasdichte, rötlich solche mit hoher
Gasdichte. Deutlich erkennt man die Verdichtung
innerhalb der Scheibe, aus der sich ein weiterer
Stern entwickeln wird. Die eingezeichnete
Größenskala entspricht einem Abstand von 30
Astronomischen Einheiten (AU), dem 30-fachen
Abstand zwischen Erde und Sonne.
Bild: idw / Universität Heidelberg /
Zentrum für Astronomie - Arbeitsgruppe
Sternentstehung [Großansicht] |
Die ersten Sterne des Universums waren nicht wie bisher
angenommen Einzelsterne, sondern konnten mit einer Vielzahl kleinerer
Begleitsterne geboren werden. Dies geschieht dann, wenn sich die
Gasscheiben, die junge Sterne umgeben, während des Geburtsvorgangs
teilen und sich aus diesen Fragmenten dann neue Sterne bilden. Zu diesem
Ergebnis sind nun Wissenschaftler des Zentrums für Astronomie der
Universität Heidelberg zusammen mit Kollegen des Max-Planck-Instituts
für Astrophysik in Garching und der University of Texas at Austin
mit Hilfe von Computersimulationen gekommen. Nach Ansicht der
Forscher werfen ihre Resultate ein völlig neues Licht auf die Bildung
der ersten Sterne nach dem Urknall. Die Studie wird in der
Wissenschaftszeitschrift Science veröffentlicht.
Sterne entstehen aus kosmischen Gaswolken in einem komplexen
Wechselspiel aus Gravitation und Gasdruck. Aufgrund der eigenen Schwereanziehung
beginnt sich das Gas immer weiter zu verdichten. Dabei erwärmt es sich, der
Druck steigt, und die Verdichtung kommt zum Erliegen. Wenn es dem Gas gelingt,
thermische Energie abzustrahlen, kann sich die Komprimierung fortsetzen und ein
neuer Stern entstehen. Dieser Kühlprozess funktioniert dann besonders gut, wenn
dem Gas chemische Elemente wie Kohlenstoff oder Sauerstoff beigemischt sind. So
bilden sich in der Regel Sterne mit nur geringer Masse, so wie etwa unsere
Sonne.
Im frühen Universum waren diese Elemente jedoch noch nicht vorhanden, so dass
das ursprüngliche kosmische Gas nicht sehr gut kühlen konnte. Die meisten
theoretischen Modelle sagen daher Sternenmassen von etwa dem Hundertfachen der
Sonne voraus. Der Heidelberger Astrophysiker Dr. Paul Clark und seine Kollegen
haben diese Vorgänge nun mit Hilfe von Computersimulationen untersucht. Sie
zeigen, dass dieses einfache Bild revidiert werden muss und es im frühen
Universum nicht nur riesige Einzelsterne gab.
Der Grund liegt in der Physik der sogenannten Akkretionsscheiben, die die
Geburt der ersten Sterne begleitet haben. Der Gasnebel, aus dem sich ein neuer
Stern bildet, rotiert. Dadurch fällt das Gas nicht direkt ins Zentrum, sondern
es bildet erst eine scheibenartige Struktur aus und kann nur durch interne
Reibung weiter nach innen fließen. Wenn mehr Masse auf diese Scheibe einfällt
als sie nach innen abtransportieren kann, wird sie instabil und zerfällt in
mehrere Fragmente.
Anstelle eines einzigen Sternes im Zentrum bildet sich dann eine Gruppe von
mehreren Sternen - mit Abständen, die der Distanz zwischen Erde und Sonne
vergleichbar sind. Diese Erkenntnis eröffnet nach Angaben von Clark völlig neue
Möglichkeiten, die ersten Sterne im Universum zu entdecken. Doppelsterne oder
Mehrfachsysteme können in ihrem Endstadium intensive Ausbrüche von Röntgen- oder
Gammastrahlen produzieren. So werden bereits Weltraummissionen geplant, die
derartige Blitze im frühen Universum untersuchen sollen.
Zugleich besteht die Möglichkeit, dass einige der ersten Sterne durch
gravitative Wechselwirkung mit Nachbarsternen aus ihrer Geburtsumgebung
herausgeschleudert wurden, bevor sie viel Masse ansammeln konnten. Im Gegensatz
zu kurzlebigen massereichen Sternen überdauern massearme Sterne Jahrmilliarden.
"Einige der ersten Sterne könnten daher heute noch leben, was es ermöglichen
würde, die frühesten Stadien der Stern- und Galaxienbildung direkt vor unserer
eigenen kosmischen Haustür zu erforschen", spekuliert Clark.
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