Neue Höchstwerte bei kosmischer Strahlung
von Stefan Deiters astronews.com
30. September 2009
Reisen durch das Sonnensystem sind derzeit nicht
ungefährlich: Noch nie seit Beginn des Weltraumzeitalters war nämlich die
Belastung durch kosmische Strahlung so hoch wie in diesem Jahr. Dies haben jetzt
Messungen der NASA-Sonde Advanced Composition Explorer (ACE) ergeben.
Grund für die hohe Strahlenbelastung ist die relative Ruhe unserer Sonne.
Der Advanced Composition Explorer (ACE) wurde
1997 gestartet.
Bild: NSSDC / NASA |
"2009 lag die Intensität der kosmischen Strahlung um 19 Prozent höher
als über allen Werten, die wir in den vergangenen 50 Jahren gemessen haben",
erklärt Richard Mewaldt vom California Institute of Technology. "Dieser
Anstieg ist schon beachtlich und könnte bedeuten, dass wir uns in Fragen des
Strahlenschutzes für Astronauten, die sich auf längere Missionen ins
Sonnensystem begeben, ganz neue Gedanken machen müssen."
Ursache für diesen Anstieg ist nach Ansicht der Forscher die vergleichsweise
ruhige Sonne: Wie berichtet befindet sich unser Zentralgestirn bereits seit etwa
2007 in einem solaren Aktivitätsminimum. Ein solches Minimum führt immer zu
einem Anstieg der kosmischen Strahlung. "Wir erleben gerade das tiefste solare
Minimum seit rund einem Jahrhundert", erklärt Dean Pesnell vom Goddard Space
Flight Center der NASA. "Daher ist es kein Wunder, dass auch die kosmische
Strahlung Rekordhöhen erreicht."
Die kosmische Strahlung stammt von außerhalb unseres Sonnensystems. Es
handelt sich dabei um einen Strom aus subatomaren Partikeln wie etwa Protonen
oder auch schwereren Atomkernen. Sie entsteht etwa bei Supernova-Explosionen.
Auf der Erde sind wir vor dieser kosmischen Strahlung relativ gut geschützt, für
Astronauten im All aber stellt sie eine Gefahr dar. Und auch für Satelliten:
Trifft ein Partikel den Schaltkreis einer Sonde an der falschen Stelle, könnte
dies zum Totalausfall führen.
Vor dem größten Teil dieser Strahlung schützt uns aber bereits unser Sonne
durch ihr Magnetfeld und die sie umgebene Heliosphäre. Durch diese vom
Sonnenwind aufgeblähte Blase um unser Sonnensystem herum muss sich die kosmische
Strahlung erst einmal durchkämpfen, um ins Innere unseres Planetensystems zu
gelangen. "In Zeiten geringer solarer Aktivität aber ist dieser natürliche
Schutzschild geschwächt und dadurch gelangt ein höherer Anteil an kosmischer
Strahlung ins innere Sonnensystem", erklärt Pesnell.
Aktuelle Daten deuten darauf hin, dass die Belastung durch kosmische
Strahlung in der kommenden Zeit noch weiter zunehmen könnte. So hat etwa die
Stärke des solaren Magnetfeldes stark abgenommen, genau wie die des
Sonnenwindes. So ist es nach Ansicht der Experten durchaus möglich, dass wir die
Höchstwerte noch nicht erreicht haben. Für die Erde selbst wäre auch dies kein
Problem - in früheren Jahrhunderten war, so ergab die Untersuchung von Eisproben
aus den Polarregionen, die kosmische Strahlung schon deutlich stärker als heute.
Vielleicht, so spekulieren die Wissenschaftler, hatten wir seit Beginn des
Raumfahrtzeitalters nur Glück, dass die kosmische Strahlung relativ schwach war
und nähern uns nun wieder Werten an, die in den vergangenen Jahrhunderten
typischer waren. Für die bemannte Raumfahrt wäre dies eine zusätzliche
Herausforderung.
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