Jupitersonde misst Sauerstoffproduktion auf Mond Europa
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der Universität zu Köln astronews.com
8. März 2024
Unter der Eisdecke des Jupitermonds Europa befindet sich vermutlich ein riesiger
Ozean aus Salzwasser. Nun konnte aus Messungen eines nahen Vorüberflugs der
NASA-Sonde Juno die Menge an Sauerstoff abgeleitet werden, die auf dem
Mond durch ein intensives Teilchenbombardement entsteht. Sie ist erheblich
geringer als bislang angenommen.
Der Jupitermond Europa in einer Ansicht, die
aus Daten der NASA-Sonde Juno während ihres Vorüberflugs am
29. September 2022 erstellt wurde.
Bild: NASA / JPL-Caltech / SwRI / MSSS,
Bildverarbeitung: Kevin M. Gill (CC BY 3.0) [Großansicht] |
Mit einem Äquatordurchmesser von 3100 Kilometern ist Europa der viertgrößte
von Jupiters 95 bekannten Monden und der kleinste der vier sogenannten
Galileischen Monde. Die Forschung geht davon aus, dass unter seiner Eiskruste
ein riesiger Ozean aus Salzwasser verborgen liegt. Unklar ist bislang, ob unter
der Oberfläche lebensfreundliche Bedingungen herrschen. Ein Team von Forschenden
der NASA-Mission Juno hat nun berechnet, dass die Sauerstoffproduktion
auf Europa wesentlich geringer ist, als von früheren Studien vorhergesagt. Die
Ergebnisse wurden durch die Messung der Wasserstoffausgasung auf der
Mondoberfläche mithilfe von Daten des Jovian Auroral Distributions
Experiment (JADE) von Juno gewonnen. Bislang war die
Zusammensetzung der Atmosphäre von Europa noch nie direkt gemessen worden.
Die Messungen bestätigen, dass die Atmosphäre hauptsächlich aus Sauerstoff
und Wasserstoff besteht. Die Autorinnen und Autoren schätzen in der jetzt
veröffentlichten Studie die Menge des produzierten Sauerstoffs auf etwa zwölf
Kilogramm pro Sekunde. Frühere Schätzungen reichten bis über tausend Kilogramm
pro Sekunde. Die Forschenden ziehen in Betracht, dass ein Teil des auf diese
Weise produzierten Sauerstoffs in den unterirdischen Ozean des Mondes gelangen
und dort zu einer möglichen Quelle für Stoffwechselenergie werden könnte.
Europa befindet sich auf seiner Umlaufbahn in der Mitte des Strahlungsgürtels
des Gasriesen. Geladene oder ionisierte Teilchen vom Jupiter bombardieren die
eisige Oberfläche und spalten Wassermoleküle in zwei Hälften. Dadurch entsteht
der Sauerstoff, der in den Ozean des Mondes gelangen könnte. Das ständige
Bombardement ist zwar für die Entstehung von Sauerstoff aus Wassermolekülen
verantwortlich, trägt aber gleichzeitig zu dessen Verlust bei, indem es das
Wasser erodiert.
"Europa ist wie eine Eiskugel, die langsam ihr Wasser in einem fließenden
Strom verliert. Die ionisierten Teilchen fließen dann durch das außergewöhnliche
Magnetfeld des Jupiters um den Planeten herum", erklärt Dr. James Szalay von der
Princeton University. "Wenn diese ionisierten Teilchen auf Europa
treffen, spalten sie das Wassereis auf der Oberfläche Molekül für Molekül auf
und erzeugen so Wasserstoff und Sauerstoff. In gewisser Weise wird die gesamte
Eishülle durch geladene Teilchen, die auf sie einschlagen, kontinuierlich
abgetragen."
Als Juno am 29. September 2022 in einer Entfernung von 354
Kilometern an Europa vorbeiflog, identifizierte und maß das JADE-Instrument
Wasserstoff- und Sauerstoff-Ionen, die durch den Beschuss mit geladenen Teilchen
entstanden waren und dann vom Magnetfeld des Jupiters "eingefangen" wurden.
"Schon die Galileo-Mission der NASA öffnete uns die Augen für die komplexen und
dynamischen Wechselwirkungen zwischen Europa und seiner Umgebung. Juno
hat uns die Möglichkeit gegeben, die Zusammensetzung geladener Teilchen aus der
Atmosphäre Europas direkt zu messen, und wir konnten es kaum erwarten, einen
weiteren Blick hinter den Vorhang dieser spannenden Wasserwelt zu werfen", so
Szalay. "Wir ahnten noch nicht, dass die Beobachtungen uns einen so genauen
Einblick in die Menge des Sauerstoffs geben würden, der in Europas eisiger
Oberfläche produziert wird."
Juno ist mit elf hochmodernen wissenschaftlichen Instrumenten zur
Untersuchung des Jupitersystems ausgestattet, darunter neun Sensoren für
geladene Teilchen und elektromagnetische Wellen zur Untersuchung der
Magnetosphäre des Jupiters. "Unsere Fähigkeit, während unserer ausgedehnten
Mission nahe an den Galileischen Mond zu fliegen hat es uns ermöglicht, ein
breites Spektrum an Untersuchungen durchzuführen – auch zur möglichen
Bewohnbarkeit von Europa", sagt Dr. Scott Bolton, leitender Wissenschaftler der
Juno-Mission vom Southwest Research Institute in San Antonio. "Diese
Untersuchungen dauern an. Weitere Vorbeiflüge und die erste Erkundung des nahen
Rings und der polaren Atmosphäre des Jupiters stehen noch bevor."
Professor Dr. Joachim Saur vom Institut für Geophysik und Meteorologie der
Universität zu Köln war auch den jetzt vorgestellten Forschungen beteiligt. Saur
lieferte Berechnungen der Strömungen um den Mond und trug zur Schätzung der
Verlustrate bei. Die Sauerstoffproduktion ist eine von mehreren Fragen, die eine
weitere NASA-Mission, Europa Clipper, bei ihrer Ankunft am Jupiter im
Jahr 2030 untersuchen wird. Die Mission verfügt über neun hochentwickelte
Instrumente um festzustellen, ob auf Europa Bedingungen herrschen könnten, die
Leben ermöglichen. An Europa Clipper und der Mission Jupiter Icy
Moons Explorer der Europäischen Weltraumorganisation ESA ist Saur ebenfalls
beteiligt. "Beide Missionen werden unser Verständnis der Ozeane auf solchen
Monden auf ein völlig neues Niveau heben. Sie sind speziell auf die Erforschung
der Ozeane ausgerichtet, während Juno in erster Linie das Innere und die
Polarlichter des Jupiters erforschen soll und leider nur einmal an Europa
vorbeigeflogen ist", sagt der Geophysiker.
Die Studie des Teams wurde jetzt in der Fachzeitschrift Nature Astronomy
veröffentlicht.
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