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GRAVITATIONSWELLEN
Katalog mit 35 neuen Gravitationswellensignalen
Redaktion / Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Gravitationsphysik (Albert-Einstein-Institut)
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8. November 2021

Die Teams der Gravitationswellendetektoren LIGO, Virgo und KARGA haben heute die neueste Version ihres Gravitationswellenkatalogs vorgestellt. Er enthält 35 neue Signale, die aus der zweiten Hälfte des dritten Beobachtungslaufs O3 stammen. In den nächsten Monaten werden die Detektoren weiter ausgebaut, damit Ende 2022 der nächste Beobachtungslauf beginnen kann.

Simulation

Numerisch-relativistische Simulation zweier einander umkreisender und verschmelzender Neutronensterne. Höhere Dichten sind orange dargestellt, geringere Dichten sind blau dargestellt.  Bild: T. Dietrich (MPI für Gravitationsphysik) und BAM-Kollaboration (Simulation);  T. Dietrich, S. Ossokine, H. Pfeiffer, A. Buonanno (MPI für Gravitationsphysik) (Visualisierung) [Großansicht]

Die LIGO Scientific Collaboration, die Virgo Collaboration und die KAGRA Collaboration haben heute die neueste Version ihres Gravitationswellenkatalogs veröffentlicht. Der "Gravitational-Wave Transient Catalog 3" (GWTC-3) enthält 90 Signale, darunter 35 bisher unveröffentlichte. Diese stammen aus O3b, der zweiten Hälfte des dritten gemeinsamen Beobachtungslaufs O3, der am 27. März 2020 endete. Alle Signale stammen von verschmelzenden Schwarzen Löchern und Neutronensternen. Der neue Katalog bietet einige Überraschungen, wie beispielsweise eine bemerkenswerte Verschmelzung eines Neutronensterns mit einem Schwarzen Loch, eine Kollision zweier sehr schwerer Schwarzer Löcher und mehrere Paare Schwarzer Löcher, die Informationen über ihre Spins preisgeben. Parallel dazu veröffentlichten die Forschenden begleitende Studien über die Population Schwarzer Löcher und Neutronensterne im Universum sowie über die Ausdehnungsgeschichte des Universums. Die Detektoren werden derzeit für den vierten gemeinsamen Beobachtungslauf O4 ausgebaut, der voraussichtlich spät im Jahr 2022 beginnt.

Ein Schwarzes Loch, das einen Neutronenstern verschluckt - O3b enthält gleich mehrere solcher außergewöhnlicher Ereignisse. Eines wurde bereits veröffentlicht, doch auch das zweite hat es in sich. "In O3b entdeckten wir GW191219_163120, ein Verschmelzungssignal, das von einem Schwarzen Loch mit der 32-fachen Masse unserer Sonne stammt. Es verschluckt einen Neutronenstern von nur 1,17 Sonnenmassen. Das ist der leichteste Neutronenstern, der je beobachtet wurde", erklärt Alessandra Buonanno, Direktorin am Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik (Albert-Einstein-Institut; AEI) in Potsdam und Professorin an der University of Maryland. "Die neuen Beobachtungen fordern immer wieder unser Verständnis davon heraus, wie sich stellare Schwarze Löcher und Neutronensterne bilden und wie sie sich gegenseitig umrunden, bis sie schließlich verschmelzen."

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GW200210_092254 ist eine weitere Neuentdeckung in den O3b-Daten, die dem zuvor entdeckten GW190814 ähnelt. Dabei verschmolz ein Schwarzes Loch mit einem zweiten Objekt, das entweder ein sehr schwerer Neutronenstern oder ein sehr leichtes Schwarzes Loch ist. Bei den meisten Entdeckungen handelt es sich um Verschmelzungen zweier Schwarzer Löcher; einige dieser Ereignisse sind besonders bemerkenswert. "Am 20. Februar 2020 beobachteten wir vermutlich die Geburt eines weiteren 'dicken Fisches' ähnlich GW190521: zwei schwere Schwarze Löcher verschmolzen zu einem sogenannten mittelschweren Schwarzen Loch", sagt Frank Ohme, Leiter einer unabhängigen Max-Planck-Forschungsgruppe am AEI Hannover. "Außerdem fanden wir mehrere Ereignisse, bei denen die Gravitationswellen Details über die Eigendrehungen der verschmelzenden Schwarzen Löcher verraten."

"Wir haben eine einmonatige Pause im Oktober 2019 – zwischen O3a und O3b, den beiden Hälften von O3 – genutzt, um die Detektoren aufzurüsten und zu verbessern. Dazu reinigten wir die Endspiegel bei LIGO Livingston, tauschten Vakuumtechnik bei LIGO Hanford aus und erhöhten die Laserleistung bei Virgo", sagt Karsten Danzmann, Direktor am AEI Hannover und Direktor des Instituts für Gravitationsphysik der Leibniz Universität Hannover. Er fügt hinzu: "Die Upgrades und die ständige Wartung unserer Gravitationswellen-Instrumente hat die Empfindlichkeit des internationalen Detektornetzwerks in O3b erhöht. Wir haben tiefer ins Universum gelauscht als je zuvor."

Der KAGRA-Detektor in Japan begann zum Ende von O3 gemeinsam mit den anderen Instrumenten zu beobachten. Danach folgten im April 2020 zwei Wochen gleichzeitiger Datenaufnahme mit dem deutsch-britischen Gravitationswellendetektor GEO600 in der Nähe von Hannover. Die Ergebnisse dieses GEO600-KAGRA-Beobachtungslaufs werden separat veröffentlicht.

Die Forscherinnen und Forscher haben heute zusätzlich zwei Begleitveröffentlichungen zu ihrem neuen Katalog publiziert. Die eine untersucht die Frage, was die Ereignisse über die Population kompakter Objekte – Neutronensterne und Schwarze Löcher – in unserem Universum verraten, wie oft diese verschmelzen und wie ihre Massen verteilt sind. In der anderen Studie nutzten die Astronominnen und Astronomen die Gravitationswellensignale, um die Ausdehnungsgeschichte des Kosmos besser zu verstehen, indem sie die Hubble-Konstante bestimmten.

AEI-Forschende haben maßgeblich zu den in den drei Veröffentlichungen vorgestellten Analysen beigetragen. Sie haben genaue Wellenformmodelle von verschmelzenden kompakten Objekten wie Schwarzen Löchern und Neutronensternen erstellt, die die Präzession der Spins der Objekte, Multipolmomente jenseits des dominanten Quadrupols sowie die Gezeiteneffekte des Neutronensterns berücksichtigen. Diese physikalischen Merkmale, die der Wellenform aufgeprägt sind, sind entscheidend, um eindeutige Informationen über die Eigenschaften der Quellen und des Universums zu gewinnen. AEI-Forschende haben sich auch aktiv an den Analysen und der Aufbereitung der Ergebnisse für die Veröffentlichung beteiligt. Die Hochleistungscomputercluster "Minerva" und "Hypatia" am AEI wurden bei der Entwicklung der Wellenformmodelle eingesetzt; sie wurden auch bei der Analyse der beobachteten Signale verwendet.

Die LIGO-, Virgo- und KAGRA-Detektoren werden derzeit für O4 vorbereitet und ausgebaut. Dieser vierte gemeinsame Beobachtungslauf wird voraussichtlich spät im Jahr 2022 beginnen. Die Detektoren sollten dann noch empfindlicher sein und häufiger Neues entdecken. Die Teams rechnen damit, Gravitationswellen bis zu dreimal so oft wie in O3 zu beobachten. Es wären dann durchschnittlich fünf Signale pro Woche möglich.

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siehe auch
Gravitationswellen: Dritter Beobachtungslauf fortgesetzt - 12. November 2019
Gravitationswellen: Verschmelzung von Neutronenstern und Schwarzem Loch? - 3. Mai 2019
Gravitationswellen: Neuer Beobachtungslauf beginnt - 1. April 2019
Gravitationswellen: Die Ära der Gravitationswellen-Astronomie - 6. Juli 2016
LIGO: Zweites Gravitationswellen-Signal entdeckt - 16. Juni 2016
Gravitationswellen: Neutronenstern-Paare im Visier - 10. Mai 2016
LIGO: Erste direkte Beobachtung von Gravitationswellen - 11. Februar 2016
Links im WWW
Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik (Albert-Einstein-Institut)
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