Gasriese um jungen Stern direkt abgebildet
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der Universität Jena astronews.com
20. April 2021
Einem internationalen Forschungsteam ist mithilfe des
Very Large Telescope der ESO die direkte Abbildung eines jungen Exoplaneten
gelungen. Der Planet umkreist den ca. 360 Lichtjahre entfernten sonnenähnlichen
Stern YSES 2, der sich am Südsternhimmel im Sternbild Fliege befindet. Die
Neuentdeckung gibt dem Team aber noch einige Rätsel auf.
Der junge, sonnenähnliche Stern YSES 2. Der
Stern befindet sich in der Bildmitte hinter einer
Koronagraphenmaske (graue Kreisfläche, Radius von
0.1 Bogensekunden). Der neu entdeckte Exoplanet
YSES 2b ist südlich von seinem Mutterstern zu
erkennen.
Bild: Markus Mugrauer / Uni Jena [Großansicht] |
Seit der Entdeckung der ersten Exoplaneten vor gut 30 Jahren wächst die Zahl
der neu entdeckten Planeten bei fernen Sternen stetig. Mittlerweile sind mehr
als 4000 Exemplare bekannt. Die allermeisten von ihnen sind jedoch nur durch
indirekte Beobachtungsmethoden nachgewiesen worden. Die direkte Beobachtung von
Exoplaneten neben ihren Zentralgestirnen gelang bisher dagegen deutlich
seltener.
"Nur der Einsatz einer modernen adaptiven Optik an einem Großteleskop der
Acht-Meter-Klasse sowie spezieller Hochkontrastbeobachtungsverfahren erlaubt die
direkte Abbildung solcher substellarer Objekte in unmittelbarer Nähe zu ihren
viel helleren Muttersternen", erklärt Markus Mugrauer vom Astrophysikalischen
Institut der Friedrich-Schiller-Universität Jena, der an den Beobachtungen
beteiligt war. "Und genau das ist mit SPHERE am Very Large Telescope
der ESO in Chile möglich. Dieses Instrument wurde speziell für die direkte
Abbildung und Charakterisierung von Exoplaneten entwickelt."
Der neu entdeckte Exoplanet YSES 2b ist ca. 10.000-mal leuchtschwächer als
sein Zentralgestirn. Ermöglicht hat die Entdeckung das noch junge Alter des
Planeten. "Während der ersten wenigen Millionen Jahre ihrer Existenz strahlen
Planeten im Wesentlichen die bei ihrer Entstehung freigesetzte
Gravitationsenergie ab", erklärt Mugrauer. Diese Strahlung liegt gemäß der
Temperatur der Planeten in dieser frühen Entwicklungsphase im nahinfraroten
Spektralbereich. Im vorliegenden Fall erfolgten die Beobachtungen bei ca. 1,6
und 2,2 Mikrometern.
Fragen wirft YSES 2b noch hinsichtlich seines Entstehungsprozesses auf. In
der Astrophysik werden heute zwei unterschiedliche Theorien der
Planetenentstehung in großen Gas- und Staubscheiben um junge Sterne diskutiert:
Da gibt es zum einen das sogenannte Kernwachstumsszenario, bei dem sich zunächst
aus Staub- und Eispartikeln durch Verklumpungs- und Akkretionsprozesse
kilometergroße Planetesimale bilden, die dann durch nachfolgende Kollisionen zu
immer massereicheren Körpern heranwachsen, die schließlich das sie umliegende
Gas anziehen können, wodurch Gasplaneten entstehen.
Und zum anderen besteht die Möglichkeit, dass eine gravitative Instabilität
der Gas- und Staubscheibe um einen jungen Stern selbst zur Planetenentstehung
führen kann. In den Scheiben bilden sich dabei zunächst Verdichtungen von Gas-
und Staubmassen, die durch ihre Eigengravitation dann weiter zu Planeten
kontrahieren. Die Existenz von YSES 2b kann aber keine der beiden Theorien
eindeutig erklären.
Der Planet ist einerseits zu massearm, als dass er in seinem Abstand von mehr
als 100 Astronomischen Einheiten zum Mutterstern durch gravitative
Scheibeninstabilität entstanden sein könnte. Und auf der anderen Seite ist er zu
weit von seinem Mutterstern entfernt, als dass seine Entstehung durch das
Kernwachstumsszenario erklärt werden könnte. Folgebeobachtungen sind also nötig,
um zu erforschen, wie der Entstehungsprozess des neu entdeckten Exoplaneten
genau abgelaufen ist.
Dafür sollen einerseits die Zusammensetzung seiner Atmosphäre durch
spektroskopische Messungen analysiert und andererseits seine Umlaufbahn um den
Mutterstern detailliert charakterisiert werden. Außerdem, so das Fazit der
Autoren, bleibt zu prüfen, ob der Stern noch weitere Planeten besitzt, die ihn
in geringerem Abstand umkreisen. Dazu seien bereits neue Beobachtungen mit
SPHERE am Very Large Telescope der ESO geplant.
"Auch wenn zurzeit noch unklar ist, wie genau YSES 2b entstanden sein könnte,
so sind wir doch zuversichtlich, dass neue Beobachtungen helfen werden, dieses
Rätsel zu lösen", resümiert Studienleiter Alexander Bohn, Doktorand an der
Universität Leiden in den Niederlanden. "Dadurch erhoffen wir uns neue
Erkenntnisse über die Entstehung von Gasriesen, die auch für unser Sonnensystem
relevant sein könnten."
YSES steht für "Young Suns Exoplanet Survey" und ist der Titel eines
Beobachtungsprojektes am Paranal-Observatorium der ESO in Chile. In YSES wird
bei jungen, sonnenähnlichen Sternen in der Scorpius-Centaurus-Assoziation nach
Planeten gesucht und deren Eigenschaften charakterisiert. YSES 2, der
Mutterstern des neuen Planeten, ist knapp 14 Millionen Jahre "jung" und Mitglied
der unteren Centaurus-Crux Sternassoziation.
Der neu entdeckte Planet YSES 2b ist ca. 115 Mal so weit von seinem
Mutterstern entfernt, wie die Erde von der Sonne. Seine Oberflächentemperatur
liegt zwischen 900 und 1.100 °C und er besitzt die etwa fünf- bis acht-fache
Masse des Planeten Jupiter in unserem Sonnensystem. Damit zählt YSES 2b zur
Klasse der sogenannten "weiten Gasriesen", von denen bis heute nur wenige bei
jungen Sternen nachgewiesen werden konnten. YSES 2b ist zudem einer der
masseärmsten direkt abgebildeten Exoplaneten, die bisher gefunden wurden.
Insbesondere besitzt der Exoplanet nur 0,5 Prozent der Masse seines Muttersterns
und damit das bisher niedrigste Massenverhältnis eines direkt abgebildeten
Exoplaneten im Orbit um einen sonnenähnlichen Stern.
Über ihre Beobachtungen berichtet das Team in einem Fachartikel, der in der
Zeitschrift Astronomy & Astrophysics
veröffentlicht wurde.
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