Masseärmster direkt beobachteter Exoplanet?
von Stefan Deiters astronews.com
3. Juni 2013
Neun Jahre nachdem mit dem Very Large Telescope der
ESO der erste extrasolare Planet direkt beobachtet
wurde, könnte demselben Team nun die direkte Abbildung eines weiteren Exoplaneten gelungen sein. Der Planet um den Stern HD 95086 hat lediglich die
vier- bis fünffache Masse des Gasriesen Jupiter und wäre das bislang masseärmste
Exemplar, bei dem eine direkte Beobachtung gelungen ist.
Der vermutete Planet HD 95086b (unten links).
Der Zentralstern ist ausgeblendet, seine Position
durch ein Symbol markiert. Der eingezeichnete
Kreis entspricht der Neptunbahn in unserem
Sonnensystem. Bild:
ESO/J. Rameau [Großansicht] |
Die Entdeckung eines Exoplaneten, also eines Planeten, der um einen anderen
Stern kreist, ist heute nichts Besonderes mehr. Viele Hundert dieser fernen
Welten wurden nämlich inzwischen aufgespürt - allerdings in den allermeisten
Fällen mit indirekten Verfahren. Entweder registrierten die Astronomen ein
verräterisches Wackeln des Zentralsterns und schlossen daraus auf die Existenz
eines umlaufenden Planeten oder sie konnten einen regelmäßigen
charakteristischen Helligkeitsabfall bei einem Stern beobachten, der nur durch
das Vorüberziehen eines Planeten vor dem Stern zu erklären ist.
Ein direktes Bild der fernen Planeten erhält man bei diesen beiden Verfahren
allerdings nicht. Direkte Beobachtungen von extrasolaren Planeten sind daher
noch immer sehr selten. Das liegt vor allem daran, dass das helle Licht eines
Sterns die leuchtschwachen und deutlich kleineren Planeten schlicht überstrahlt.
Vor neun Jahren erst gelang einem Astronomenteam mithilfe des Very Large
Telescope der europäischen Südsternwarte ESO erstmals die Abbildung eines
Gasriesen um einen Braunen Zwerg (astronews.com berichtete).
Dasselbe Team glaubt jetzt erneut einen Planeten direkt beobachtet zu haben - es
wäre der bislang masseärmste Planet, bei dem dies gelungen ist.
"Die direkte Abbildung von Planeten ist eine technisch sehr anspruchsvolle
Angelegenheit und erfordert die fortschrittlichsten Instrumente - sowohl auf der
Erde als auch im Weltall", erläutert Julien Rameau vom Institut de
Planetologie et d'Astrophysique de Grenoble in Frankreich, der
Erstautor eines Fachartikels über die neue Beobachtung. "Bislang wurden nur
wenige Planeten direkt beobachtet, wodurch jeder neue Fund einen wichtigen
Meilenstein auf dem Weg zum Verständnis von Riesenplaneten und ihrer Entstehung
darstellt."
Auf dem heute von der ESO präsentierten Bild erscheint der vermutete
neuentdeckte Planet als schwacher, aber deutlich zu erkennender Punkt in
unmittelbarer Nähe des Sterns HD 95086. Eine spätere Beobachtung zeigte, dass
der potentielle Planet und HD 95086 offenbar tatsächlich zusammengehören. Aus
der Helligkeit des Planeten schließen die Astronomen, dass der inzwischen HD
95086b genannte Planet eine Masse aufweist, die nur der vier- bis fünffachen
Masse des Jupiter entspricht.
Die neuentdeckte Welt umrundet seinen Zentralstern in etwa dem 56-fachen
Abstand der Erde von der Sonne. Das entspricht etwa der doppelten Entfernung des
Neptun von der Sonne. HD 95086 ist etwas massereicher als unsere Sonne. Mit
einem Alter von 10 bis 17 Millionen Jahren ist der Stern noch sehr jung und
zudem von einer Scheibe aus Material umgeben. Dadurch wurde er zum idealen
Kandidaten für die Fahndung nach jungen massereichen Planeten. Das gesamte
System ist etwa 300 Lichtjahre von der Erde entfernt.
Wegen des geringen Alters des Zentralsterns vermuten die Astronomen, dass der
neue Planet innerhalb der Scheibe aus Gas und Staub um HD 95086 entstanden
ist. "Seine derzeitige Position wirft einige Fragen über den Entstehungsprozess
auf", so Teammitglied Anne-Marie Lagrange aus Grenoble. "Er ist entweder
entstanden, indem sich zunächst ein fester Gesteinskern gebildet hat, der dann
allmählich Gas aus der Umgebung anzog, bis er schließlich in eine dicke
Atmosphäre gehüllt war oder aber der Planet bildete sich aus einer klumpigen
Ansammlung von Gas innerhalb der Scheibe durch eine Instabilität. Durch
Wechselwirkungen zwischen dem Planeten und der Scheibe oder mit anderen Planeten
könnte er sich zudem von seinem Entstehungsort entfernt haben."
"Aus den Helligkeiten von Stern und Planet ergibt sich, dass HD 95086b
eine Temperatur von etwa 700 Grad Celsius hat", ergänzt Kollege Gaël Chauvin.
"Das ist kalt genug, damit Wasserdampf und eventuell auch Methan in der
Atmosphäre existieren kann." Entsprechende Beobachtungen sollten sich
beispielsweise mithilfe eines neuen Instrumentes machen lassen, das Ende dieses
Jahres am Very Large Telescope montiert wird. Damit könnte man
eventuell auch weitere Planeten in dem System aufspüren, die in geringerem
Abstand um den Stern kreisen.
Die aktuellen Beobachtungen wurden mit dem Instrument NACO am Very Large
Telescope im Infraroten gemacht. Über ihre Entdeckung berichten die
Astronomen in der Fachzeitschrift Astrophysical Journal Letters.
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