Die Atmosphäre eines fernen Gasriesen
von Stefan Deiters astronews.com
15. März 2013
Die Planeten um den Stern HR 8799 in rund 130 Lichtjahren
Entfernung gehören zu den wenigen extrasolaren Welten, die sich direkt
beobachten lassen. Jetzt haben Astronomen die Atmosphäre eines der Gasriesen um
HR 8799 detailliert untersucht. Die Beobachtungen erlauben auch Rückschlüsse
darauf, wie der Planet einst entstanden ist.
So stellt sich
ein Künstler den untersuchten Gasriesen um den
Stern HR 8799 vor.
Bild: Dunlap Institute for Astronomy &
Astrophysics / Mediafarm. |
"Dies ist das detaillierteste Spektrum eines extrasolaren Planeten, das
bislang gemacht wurde", freut sich Bruce Macintosh vom Lawrence Livermore
National Laboratory, der zu dem internationalen Astronomenteam gehörte, das
die Beobachtungen des Gasriesen um HR 8799 in rund 130 Lichtjahren Entfernung
durchgeführt hat. "Das zeigt die Stärken der direkten Abbildung von
Planetensystemen - dank der ausgezeichneten Auflösung der Beobachtungen konnten
wir unsere Theorien über die Entstehung von Planeten testen."
Die Untersuchungen führten die Astronomen mit einem der Keck-Teleskope
auf Hawaii und dem dort montierten Instrument OSIRIS durch. Das damit gewonnene
Spektrum der fernen Welt offenbarte Spuren verschiedener Moleküle in der
vermutlich wolkigen Atmosphäre des Gasriesen. Unter anderem entdeckten die
Forscher dort Wasserdampf und Kohlenmonoxid.
"Dank dieser detaillierten Beobachtungen können wir nun den Anteil von
Kohlenstoff mit dem von Sauerstoff in der Atmosphäre vergleichen", erklärt
Travis Barman vom Lowell Observatory die Bedeutung der Studie. "Diese
chemische Mischung liefert uns dann Hinweise darauf, wie das Planetensystem
entstanden ist."
Es gibt hauptsächlich zwei konkurrierende Modelle über die Entstehung von Gasriesen
um andere Sonnen: Wenn Sterne entstehen, sind sie zunächst von einer
sogenannten protoplanetaren Scheibe aus Gas und Staub umgeben. Nach einer
Theorie bilden sich hier zunächst feste Kerne, die dann allmählich so massereich
werden, dass sie immer mehr Gas aus der Scheibe anziehen. Alternativ könnten die
Gasriesen aber auch durch den schnellen gravitativen Kollaps eines Teilbereichs
der Scheibe entstanden sein.
Bestimmte Eigenschaften eines Planeten, wie etwa seine atmosphärische
Zusammensetzung, liefern Hinweise darauf, welches der beiden Modelle bei seiner
Entstehung eine Rolle gespielt hat. Die Menge von Wasserdampf in der Atmosphäre
des untersuchten Gasriesen um HR 8799 und der Anteil von Kohlenstoff zu
Sauerstoff dort, sprechen dafür, dass die Planetenbildung durch die Entstehung
eines festen Kerns einsetzte, zu dem sich Eis und anderen Festkörper
zusammenfanden. Durch die Bildung von Eis verringerte sich zudem der
Sauerstoffgehalt des verbleibenden Gases.
"Als der feste Kern dann groß genug war, sorgte dessen Anziehungskraft sehr
schnell dafür, dass immer mehr Gas aus der Umgebung angezogen wurde und so ein
massereicher Planet entstand, wie wir ihn heute vor uns haben", erklärt Quinn
Konopacky, die am Dunlap Institute for Astronomy & Astrophysics der
University of Toronto arbeitet. "Da dieses Gas einiges an Sauerstoff
verloren hat, verfügt der Planet über weniger Sauerstoff und weniger Wasser als
wenn er durch eine gravitative Instabilität entstanden wäre."
Bei dem untersuchten Planeten handelt es sich um den Planeten HR 8799c, einen
von insgesamt vier Planeten, die man um den 130 Lichtjahre entfernten Stern HR
8799 entdeckt hat (astronews.com berichtete). Obwohl
die Astronomen in der Atmosphäre der fernen Welt Wasser nachweisen konnten,
dürfte HR 8799c eine äußerst lebensfeindliche Welt sein: Wie Jupiter verfügt der
Planet über keine feste Oberfläche, auf der sich Leben entwickelt haben könnte
und ist zudem mit einer Temperatur von über 500 Grad Celsius vergleichsweise
heiß. Die Wärme stammt noch aus seiner Entstehungsphase.
Trotzdem kann die Untersuchung von HR 8799c auch Hinweise zur Frage der
Existenz von erdähnlichen Planeten liefern. "Die Tatsache, dass die Gasriesen um
HR 8799 vermutlich wie die Gasriesen in unserem Sonnensystem entstanden sind,
ist ein guten Zeichen", so Macintosh. "Durch die gleichen Prozesse haben sich
nämlich auch die terrestrischen Planeten in der Nähe unserer Sonne gebildet."
Die Astronomen berichten über ihre Ergebnisse in der Wissenschaftszeitschrift
Science.
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