Künstliche Intelligenz für Satelliten
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der Universität Würzburg astronews.com
16. April 2021
Schon seit mehreren Jahren entwickelt man an der Universität
Würzburg Kleinstsatelliten und erprobt mit ihnen neue Technologien im Erdorbit.
Beteiligt werden daran auch Studierende, die so erste praktische
Projekterfahrungen in der Raumfahrt sammeln können. Mit SONATE-2 soll nun ein
Satellit gebaut werden, dessen Künstliche Intelligenz im Erdorbit selbstständig
dazulernt.
SONATE-2 im Orbit: Visualisierung des neuen
Technologie-Erprobungssatelliten für hochautonome
Nutzlasten und Künstliche Intelligenz.
Bild: Hakan Kayal
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Plötzlich waren kreisrunde Löcher auf der Oberfläche des Mars zu sehen, die
vorher nicht da waren. Auf Fotos vom Saturnmond Enceladus wurden Geysire
entdeckt, die mächtige Fontänen aus Dampf Richtung Weltraum schleudern. Und auf
den Bildern, die der Mars-Rover Curiosity zur Erde schickte, fanden
sich Strukturen, die wie versteinerte Würmer aussehen. Alle diese Phänomene, die
teils nur vorübergehend erscheinen, wurden durch Zufall entdeckt - oder weil
Menschen sich viel Zeit nahmen, um die Bilder von den Nachbarplaneten der Erde
zu sichten.
"Mit Technologien der Künstlichen Intelligenz (KI ließen sich bislang
unbekannte Anomalien viel leichter aufspüren", sagt Hakan Kayal, Professor für
Raumfahrttechnik an der Julius-Maximilians-Universität (JMU) Würzburg. Die
Wissenschaft stünde im Bereich der Raumfahrt noch ganz am Anfang: "Es gibt dazu
nur eine Handvoll Projekte." Wenn eine KI unbekannte Phänomene aufspüren soll,
muss sie zuvor trainiert werden. Sie muss mit Bekanntem "gefüttert" werden,
damit sie Unbekanntes erkennen kann.
"Es gibt schon Satelliten, die mit KI arbeiten. Deren KI wird auf der Erde
trainiert und dann in den Orbit gefunkt. Wir haben allerdings anderes vor: Wir
wollen die KI an Bord eines Kleinsatelliten unter Weltraumbedingungen
trainieren", beschreibt Kayal sein Projekt. Dieses Vorhaben sei herausfordernd,
aber machbar: "Auch miniaturisierte IT-Systeme werden immer leistungsfähiger.
Und wir lassen uns Zeit für das Training der KI. Da kann ein Lernprozess im
Orbit ruhig auch einmal mehrere Tage in Anspruch nehmen."
Warum aber das Training der KI in den Weltraum verlagern, auf Computer im
Kleinstformat, wo es doch mit Großrechnern auf der Erde viel einfacher zu
realisieren wäre? Kayal denkt dabei an die fernere Zukunft: Er möchte
Kleinsatelliten mit KI nicht nur zur Beobachtung der Erde, sondern auch
interplanetar einsetzen – um neue extraterrestrische Phänomene zu entdecken,
vielleicht sogar Spuren außerirdischer Intelligenzen.
"Sobald man interplanetar unterwegs ist, wird die Kommunikation mit dem
Satelliten zum Flaschenhals", sagt der Wissenschaftler. Mit zunehmender
Entfernung zur Erde dauert der Datentransfer länger, "da kann man nicht ständig
Daten hin- und herschicken. Darum muss die KI dazu in der Lage sein, auf dem
Satelliten selbstständig zu lernen. Und sie darf ausschließlich relevante
Entdeckungen zur Erde melden."
Diese Technologie wird Kayals Team um Projektleiter Oleksii Balagurin auf dem
Kleinsatelliten SONATE-2 implementieren und im Orbit erproben. Das
Bundesministerium für Wirtschaft und Energie fördert das Vorhaben mit 2,6
Millionen Euro. Angelaufen ist das Projekt am 1. März 2021; im Frühjahr 2024
soll der Satellit in den Orbit gebracht werden. Die Mission dort ist auf ein
Jahr veranschlagt.
Der Würzburger Kleinsatellit wird etwa so groß wie ein Schuhkarton sein (30
mal 20 mal 10 Zentimeter). Mit seinen Kameras, die in unterschiedlichen
Spektralbereichen Bilder aufnehmen, wird er die Erde im Blick haben. Die
Bilddaten fließen in die KI, die automatisch Objekte erkennen und klassifizieren
soll. Rund um die Erde wird die Technologie zuerst eingehend erprobt, bevor sie
später womöglich auf interplanetare Reise gehen kann. Kayal hat diese
Zukunftsmission namens SONATE-X schon fest in seinem Forschungsplan – das X
steht für extraterrestrisch.
SONATE-2 wird noch andere innovative und hochautonome Features an Bord haben.
Das Sensordaten-Verarbeitungssystem wird im Vergleich zum Vorgängersatelliten
SONATE weiter miniaturisiert und energiesparender gemacht. Dazu kommen neuartige
Satellitenbuskomponenten, etwa verbesserte Sternsensoren für die autonome
Lageregelung. Die Kameras sollen nicht nur statische Objekte erkennen und
aufnehmen, sondern auch kurze, vorübergehende Phänomene wie Blitze oder Meteore.
Das Team von SONATE-2 wird aus circa zehn Personen bestehen. Auch Studierende
können mitwirken – als Hilfskräfte oder im Rahmen von Bachelor- und anderen
Abschlussarbeiten. Die Ausbildung des Nachwuchses in dieser Spitzentechnologie
hat einen festen Platz im Projekt. Die JMU bietet neben ihren
Informatik-Studiengängen auch einen Bachelor- und Masterstudiengang "Luft- und
Raumfahrtinformatik" sowie den Master "Satellite Technology" an.
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