Weiter Rätsel um Wert der Hubble-Konstante
von
Stefan Deiters astronews.com
5. Januar 2021
Die langjährige Diskussion um den Wert der Hubble-Konstante
schien dank der Messungen des Weltraumteleskops Hubble eigentlich
beendet, bis Daten des Satelliten Planck einen Wert lieferten, der
deutlich unter dem bis dahin akzeptierten lag. Nun haben Astronominnen und
Astronomen mit den Daten eines Radioteleskops den Wert von Planck
bestätigt.
Über den Wert der sogenannten Hubble-Konstante wird in der Astronomie schon
seit Jahrzehnten diskutiert: Sie beschreibt im Prinzip die
Ausdehnungsgeschwindigkeit des Universums und erlaubt damit auch Rückschlüsse
auf das Alter des Kosmos. Bis in die 1990er Jahre hinein gab es zwei Lager,
die sehr unterschiedliche Werte für die Hubble-Konstante postulierten. Eines der
wichtigsten Ziele des Weltraumteleskops Hubble war es daher, diese Diskrepanz
aufzuklären und die Hubble-Konstante möglichst genau zu messen.
Dazu wurden die Entfernungen und Geschwindigkeiten von Galaxien möglichst
präzise bestimmt und daraus schließlich ein Wert ermittelt, der etwa bei 75
Kilometer pro Sekunde und Megaparsec lag. Doch der scheinbare Friede währte
nicht lange: Messungen des ESA-Satelliten Planck, der die kosmische
Hintergrundstrahlung betrachtete, deuteten auf einen Wert hin, der erheblich
unter dem von Hubble und auch anderen Teleskopen gemessenen Wert lag: bei etwa
68. Was die Sache noch schlimmer machte war, dass beide Lager überzeugt davon
waren, dass die jeweiligen Messungen so genau sind, dass sich der Unterschied
nicht durch Messfehler wegdiskutieren lässt.
So kam der Verdacht auf, dass es entweder ein grundsätzliches Problem mit
unserem kosmologischen Weltmodell gibt oder aber bei den Messungen etwas
fundamental schiefgelaufen ist. Der höhere Wert der Hubble-Konstante, der auf
Messungen der Bewegung von Galaxien beruht, wurde inzwischen mehrfach bestätigt
- auch durch unabhängige Teams. Bei den Planck-Daten war dies bislang nicht der
Fall.
Nun aber hat ein Team Daten des Atacama Cosmology Telescope ausgewertet, das
- genau wie Planck - die kosmische Hintergrundstrahlung misst. Ende 2020 wurde
das Ergebnis vorgestellt: Die Daten bestätigen den auch mit Planck gefundenen
niedrigeren Wert der Hubble-Konstante. "Wir konnten nun zeigen, dass Planck und
das Atacama Cosmology Telescope zu den gleichen Ergebnissen kommen",
unterstreicht Simone Aiola vom Center for Computational Astrophysics des
Flatiron Institute. "Das deutet darauf hin, dass diese schwierigen Messungen
zuverlässig sind."
Das Problem der unterschiedlichen Werte für die Hubble-Konstante bleibt der Kosmologie
somit auch im Jahr 2021 erhalten - und dies zunächst ohne einen Hinweis darauf, wo genau
der Fehler liegen könnte. Über ihre aktuellen Ergebnisse berichtet das Team in
einem Fachartikel, der im Journal of Cosmology and Astroparticle Physics
erschienen ist.
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