HUBBLE-KONSTANTE
Beachtliche
Diskrepanz
von Stefan
Deiters
astronews.com
27. September 1999
Eines der Hauptaufgaben des Hubble-Weltraumteleskops ist
die exakte Messung der Hubble-Konstanten, die direkt mit dem Alter des
Universums verknüpft ist. Der im Mai veröffentlichte Wert schien das
früher bestehende Problem zu lösen, dass das Universum jünger ist als
die Sterne in ihm. Doch jetzt hat eine Forschergruppe noch einmal nachgemessen ...
Schon im Bericht über den veröffentlichten Wert des HST-Key-Projects
zur Hubble-Konstanten bezweifelte astronews.com, dass damit der jahrelange
Streit um die Hubble-Konstante wirklich beigelegt ist. Die
Hubble-Konstante geht auf Edwin Hubble zurück, der entdeckte, dass sich alle Galaxien
voneinander fortbewegen. Und je weiter die Galaxien von uns entfernt sind, desto größer ist
ihre Fluchtgeschwindigkeit. Dieser Hubble-Effekt ist ein deutlicher Beleg für die Expansion
des Weltalls. Die Fluchtgeschwindigkeit pro Megaparsec
(=3,26 Millionen Lichtjahre) Entfernung bezeichnet man als Hubble-Konstante.
Die Hubble-Konstante ist aber nicht nur ein Maß für die Zunahme der
Fluchtgeschwindigkeit der Galaxien mit der Entfernung: Man kann aus ihr auch umgekehrt das
Alter des Universums bestimmen. Ist die Hubble-Konstante groß, brauchte das Universum
nicht so lange um seine heutige Ausdehnung zu erreichen und ist somit recht jung. Bei
einer kleinen Hubble-Konstante hat man es mit einem recht alten Weltall zu tun.
Die Messung der Hubble-Konstanten ist nicht so einfach, da man zu ihrer
Bestimmung genau wissen muss, wie weit eine andere Galaxie von uns
entfernt ist. Ein Methode, die bisher als recht zuverlässig galt und die
auch das Hubble-Team verwendete, ist die "Cepheiden-Methode".
Cepheiden sind pulsierende Riesensterne, deren Helligkeit mit ihrer
Pulsationsperiode zusammenhängt. Kennt man aber die Helligkeit eines
Sterns, lässt sich daraus seine Entfernung ableiten.
Das Problem ist nun folgendes: Einige Wissenschaftler haben mit Hilfe
des Hubble-Weltraumteleskop und der Cepheiden-Methode die
Entfernung zur Galaxie NGC 4258 bestimmt. Nur dummerweise unterscheidet
sich dieser Wert von einer anderen unabhängigen und zudem recht genauen
Methode, die sogenannte Maser (das sind Laser im Mikrowellenbereich)
benutzt, die von einer Quelle im Zentrum der Galaxie ausgesandt werden,
die ein großes Schwarzes Loch umkreist. Das berichtet das Wissenschaftsmagazins Nature
in seiner aktuellen Ausgabe.
Würde man nun diesen Unterschied auf die Cepheiden-Entfernungssklala
umrechnen, erhielte man einen Wert für das Alter des Universums, der
unser Weltall zehn bis 15 Prozent jünger machen würde. "Wir haben
eine beachtliche Diskrepanz zwischen der maserbasierten und der
Cepheiden-Entfernungsskala entdeckt", so Dr. Eyal Maoz vom NASA Ames
Research Center. "Das legt nahe, dass die Entfernung zu anderen
Galaxien um einen Faktor von etwa 12 Prozent überschätzt wurde. Das
bedeutet, dass das Universum schneller expandiert als erwartet und es
daher auch um den entsprechenden Faktor jünger ist."
Anderen Wissenschaftlern macht die Entdeckung hingegen weniger
Kopfzerbrechen. In Nature gibt Bohdan Paczynski von der Princeton
University zu bedenken, dass die Entfernungsskala des HST-Teams auf der
Entfernung zur Großen Magellanschen Wolke beruht, die das Team mit
50 Kiloparsec annimmt. Mittlerweile würde man aber die Entfernung zu
dieser kleinen Satellitengalaxie unserer Milchstraße nur auf etwa 44,5
Kiloparsec schätzen. Und mit diesem Wert wäre die gefundene Diskrepanz
weitaus geringer als sie jetzt erscheint.
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