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MILCHSTRASSE
Rätsel um zentralen Balken gelöst?
Redaktion / Pressemitteilung des Leibniz-Instituts für Astrophysik Potsdam (AIP)
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26. August 2020

Die genaue Struktur der Milchstraße stellt die Astronomie noch immer vor Rätsel: Hauptproblem ist, dass wir uns selbst mitten in der Milchstraße befinden, was die Beobachtungen erschwert. Widersprüchliche Daten gab es in der Vergangenheit insbesondere über den zentralen Balken unserer Heimatgalaxie. Neue Simulationen könnten nun helfen, dieses Rätsel zu lösen.

Simulation

Ausschnitt aus einer Milchstraßensimulation, in der der zentrale Balken und die Spiralarme mit unterschiedlicher Geschwindigkeit rotieren. Treffen sie sich, erscheint der Balken länger und seine Drehgeschwindigkeit ist geringer. Bild: T. Hilmi [Großansicht]

Das Herz unserer Milchstraße beherbergt eine große balkenförmige Struktur von Sternen, über deren Größe und Rotationsgeschwindigkeit in den letzten Jahren Uneinigkeit herrschte. Eine neue Studie löst die in verschiedenen Beobachtungsstudien festgestellten Diskrepanzen indem sie die Tatsache nutzt, dass Balken und galaktische Spiralarme sich mit unterschiedlichen Rotationsgeschwindigkeiten bewegen und etwa alle 80 Millionen Jahre einander treffen. Wenn sich der schneller rotierende Balken einem Spiralarm nähert, verändert die anhaltende gegenseitige Anziehungskraft ihre Rotationsgeschwindigkeiten und der Balken erscheint länger.

Während Studien über die Bewegungen sonnennaher Sterne auf einen sowohl schnellen als auch kleinen Balken schließen lassen, finden direkte Beobachtungen der galaktischen Zentralregion übereinstimmend einen deutlich langsameren und längeren Balken. Ein internationales Team von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern unter der Leitung von Tariq Hilmi von der University of Surrey und Ivan Minchev vom Leibniz-Institut für Astrophysik Potsdam (AIP) hat eine Erklärung für diese scheinbare Diskrepanz gefunden.

Das Team untersuchte die letzten Stufen in der Evolution der Milchstraße. Dazu analysierten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler modernste Simulationen der Galaxienentstehung und konnten zeigen, dass sowohl die Größe des Balkens, als auch seine Rotationsgeschwindigkeit zeitlich schwanken, wodurch der Balken zu bestimmten Zeiten bis zu doppelt so lang und 20 Prozent schneller erscheint als zu anderen. Diese Pulsationen des galaktischen Balkens resultieren aus seinen regelmäßigen Begegnungen mit den galaktischen Spiralarmen – eine Art "kosmischer Tanz".

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Spiralarme sind Dichtewellen innerhalb unserer Galaxie und bewegen sich mit ähnlicher Geschwindigkeit wie die Sonne. Eine volle Umdrehung um das Zentrum der Milchstraße vollführen sie in etwa 200 Millionen Jahren, während der zentrale Balken etwa 60 Millionen Jahre benötigt. Wenn sich der schneller rotierende Balken einem Spiralarm nähert, bewirkt ihre gegenseitige Anziehung aufgrund der Schwerkraft eine Verlangsamung des Balkens und eine Beschleunigung des Spiralarms. Sobald sie verbunden sind, bewegen sich beide Strukturen wie eine Einheit, und der Balken erscheint viel länger, als er tatsächlich ist. Wenn sich die Tänzer voneinander trennen, beschleunigt der Balken, während die Spiralarme ihre Rotationsgeschwindigkeit wieder verlangsamen.

"Die Kontroverse um den galaktischen Balken, die auf verschiedenen Studien von Beobachtungsdaten beruht, kann dann einfach aufgelöst werden: Wir leben zu einer Zeit, in der der Balken und die Spiralarme miteinander verbunden sind, wodurch die Illusion eines großen und langsamen Balkens entsteht, während die Bewegung der Sterne in der Nähe der Sonne von der wahren, viel kleineren Statur des Balkens bestimmt wird", erklärt Minchev.

Tatsächlich haben jüngste Beobachtungen gezeigt, dass der innere Spiralarm der Milchstraße mit dem Balken verbunden ist. Die meisten Spiralgalaxien wie unsere Milchstraße beherbergen in ihrem Zentrum eine Balkenstruktur. Die Anziehungskraft dieses galaktischen Balkens formt nicht nur die Umlaufbahnen der Sterne in seiner Nähe, sondern bis zu unserer Sonne und darüber hinaus. Die Kenntnis der wahren Balkengröße und seiner Rotationsgeschwindigkeit ist entscheidend, um zu verstehen, wie sich unsere Heimatgalaxie gebildet und entwickelt hat und wie Galaxien im gesamten Universum Balken bilden.

Anders als bei externen Galaxien ist der Balken der Milchstraße aufgrund unserer Position in der galaktischen Scheibe jedoch schwer direkt zu beobachten. Daten aus der bevorstehenden dritten Datenveröffentlichung der Gaia-Mission werden dieses Modell weiter testen können – und künftige Missionen werden herausfinden, ob ein solcher Tanz auch in anderen Galaxien stattfindet.

Die Ergebnisse wurden jetzt in einem Fachartikel in der Zeitschrift Monthly Notices of the Royal Astronomical Society veröffentlicht. 

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siehe auch
Gaia: Der zentrale Balken der Milchstraße - 19. Juli 2019
Milchstraße: Bulge und Balken eine Struktur? - 22. Mai 2015
Milchstraße: Masse mithilfe von Sternstrom bestimmt - 22. April 2015
Lokale Gruppe: Wie massereich ist unsere Milchstraße? - 31. Juli 2014
VLBA: Milchstraße massereicher als gedacht - 6. Januar 2009
Spitzer: Milchstraße hat zwei Arme weniger - 4. Juni 2008
Spitzer: Milchstraße hat einen Balken - 17. August 2005
Links im WWW
Fachartikel in den Monthly Notices of the Royal Astronomical Society
Leibniz-Institut für Astrophysik Potsdam (AIP)
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