Ein Seismometer auf dem Roten Planeten
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung astronews.com
5. April 2018
In einem Monat ist es endlich soweit: Die NASA-Mission
InSight soll zu ihrer Reise zum Mars aufbrechen und dort ab Ende des Jahres
vor allem das Innere des Roten Planeten untersuchen. Mit an Bord ist auch das
Seismometer SEIS. Dessen Fertigstellung hatte sich zuletzt verzögert und für die
zweijährige Verschiebung des Starts gesorgt.
InSight wird das erste geophysikalische Labor
auf dem Mars sein. Das Seismometer SEIS ist das
kuppelförmige Instrument, das in der linken
Bildhälfte auf dem Marsboden steht.
Bild: NASA / JPL [Großansicht] |
Keine Region des Mars ist so unerforscht wie sein Inneres. Bisher haben
Raumsonden und Landeeinheiten vor allem die Oberfläche und die Atmosphäre
unseres Nachbarplaneten untersucht. Mit der NASA-Mission InSight, die
voraussichtlich in genau einem Monat, am 5. Mai 2018, ins All startet, soll sich
dies ändern. Wenn die Landesonde am 26. November auf dem Mars aufsetzt, wird sie
das erste geophysikalische Labor sein, das dort betrieben wird. Mithilfe des
Seismometers an Bord, zu dem das Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung
(MPS) in Göttingen beigetragen hat, wollen die Forscher den inneren Aufbau und
die Zusammensetzung des Roten Planeten entschlüsseln und so Erkenntnisse über
seine Entstehungsgeschichte gewinnen.
Von außen betrachtet könnten Erde und Mars kaum unterschiedlicher sein:
Während unsere Heimat eine lebensfreundliche, wasserreiche Welt ist, zeigt sich
der Mars als eiskalte, rote Gesteins- und Sandwüste. In ihrem Inneren jedoch
offenbart sich die enge Verwandtschaft beider Himmelskörper. Wie auch Merkur und
Venus sind sie aus eisenreichem Kern, silikathaltigem Mantel und fester
Gesteinskruste aufgebaut. Doch nur für die Erde sind die Dicke und die genaue
Zusammensetzung dieser Schichten bekannt.
"Wir vermuten, dass der Mars eine etwas andere Entwicklung durchlaufen hat
als die Erde", erklärt Prof. Dr. Ulrich Christensen, Direktor am MPS und
Mitglied des Seismometer-Teams der InSight-Mission. Grund dafür ist
unter anderem, dass er deutlich kleiner ist als unser Planet und in seinem
Innern ein geringer Druck herrscht. Mineralien, die unter hohem Druck entstehen
und einen großen Teil des Erdmantels ausmachen, treten im Mars wahrscheinlich
erst in größeren Tiefen auf oder überhaupt nicht.
Ebenfalls ungeklärt ist, ob der Mars für einen kurzen Zeitraum
Plattentektonik aufwies. Heute besteht seine Oberfläche aus einer einzelnen,
zusammenhängenden Platte; heiße Aufströme aus dem Innern konzentrieren sich
wahrscheinlich allein auf die beiden vulkanischen Regionen Tharsis und Elysium.
Auf der Erde hingegen steigt überall heißes Mantelmaterial aus dem Innern auf,
kühlt ab und sinkt wieder in die Tiefe. Die Kontinentalplatten, die sich
gegeneinander verschieben, sind eine Folge dieser gewaltigen – wenn auch sehr
langsamen – Umwälzungsprozesse im Innern.
"Gerade das Fehlen der Plattentektonik in den vergangenen vier Milliarden
Jahren erlaubt uns einen Blick zurück", so Christensen. Große Teile der
Marskruste sind aus der Frühzeit der Planetenentwicklung erhalten geblieben,
während es auf der Erde so gut wie keine Kruste aus dieser Zeit mehr gibt. Die
Forscher erhoffen sich somit, am Beispiel des Mars Grundsätzliches über die
Entstehung aller erdähnlichen Planeten zu erfahren.
Eine wichtige Rolle spielt dabei das Seismometer SEIS (Seismic Experiment for
Interior Structure) an Bord von InSight. "Wie die Erde erschüttern auch
den Mars immer wieder Beben", erklärt SEIS-Teammitglied Dr. Brigitte
Knapmeyer-Endrun vom MPS. "Allerdings rechnen wir auf dem Mars mit einer
deutlich geringeren seismischen Aktivität." Wie auf der Erde pflanzen sich die
Wellen, die bei einem solchen Beben entstehen, durch den gesamten Planeten fort.
Ihre Geschwindigkeit hängt maßgeblich von dem Material ab, durch das sie sich
ausbreiten. Zudem werden die Wellen an den Grenzschichten im Innern abgelenkt
und reflektiert.
"Auf der Erde arbeiten seismologische Messstationen nicht alleine, sondern im
Verbund", so Knapmeyer-Endrun. Aus den Messdaten, die an verschiedenen Stellen
an der Oberfläche aufgenommen werden, ergibt sich so ein Gesamtbild der Vorgänge
im Innern. "Für den Mars ist ein solches Netzwerk in naher Zukunft kaum denkbar.
Schließlich wären dafür mehrere Landungen nötig", so Christensen. SEIS ist somit
eine Art Einzelkämpfer; die Anforderungen an die Messgenauigkeit des Instruments
sind deshalb besonders hoch. "Entscheidend ist, dass SEIS exakt waagegerecht auf
der Marsoberfläche zum Stehen kommt", erklärt Knapmeyer-Endrun.
Nach der Landung wird ein robotischer Arm das Messgerät von der
Instrumentenplattform auf den Boden setzen. Das Lageregelungssystem, das am MPS
entwickelt und gebaut wurde, richtet das Instrument dann aus. Neben dem
Seismometer verfügt InSight über das Instrumentenpacket HP3 (Heat-Flow
and Physical Properties Package), das eine Sonde bis zu fünf Meter tief in den
Marsboden treiben soll, um den Wärmefluss aus dem Planeteninnern zu messen.
Das Experiment RISE (Rotation and Interior Structure Experiment) nutzt die
Kommunikationssysteme der Landeeinheit, um die Rotation des Planeten exakt zu
vermessen. Zudem verfügt InSight über zwei Kameras, eine Wetterstation
und ein Magnetometer. Bis die ersten Messdaten auf der Erde eintreffen, werden
jedoch noch einige Monate vergehen. Als Starttermin für InSight ist der
5. Mai vorgesehen. Bei ungünstigem Wetter kann die Sonde ihre Reise aber auch
einige Tage später antreten.
Am 26. November soll InSight auf dem Mars in der äquatornahen Region
Elysium Planitia landen. Dabei setzt die NASA auf Bewährtes: Die Landeeinheit
ist ein fast baugleicher Zwilling der Phoenix-Sonde, die im Mai 2008
erfolgreich in der Polarregion des Mars niederging. Das MPS war bisher an drei
Landemissionen zum Mars beteiligt: Die Mission Mars Pathfinder brachte
1996 den ersten Rover auf den Mars, Phoenix entdeckte 2008 gefrorenes
Wasser in der Polarregion und der Mars-Rover Curiosity bahnt sich seit
2012 seinen Weg durch den Gale Krater. Zudem ist das MPS Partner der
ESA-Missionen Mars Express und ExoMars.
InSight ist eine Mission der amerikanischen Weltraumagentur NASA.
Das Seismometer SEIS wurde unter Leitung der französischen Weltraumagentur CNES
mit Beiträgen des Institut de Physique du Globe de Paris (Frankreich), der
Eidgenössischen Technischen Hochschule (Schweiz), des Max-Planck-Instituts für
Sonnensystemforschung (MPS), des Imperial College und die Universität Oxford
(Großbritannien) und des Jet Propulsion Laboratory (USA) zur Verfügung
gestellt. HP3 wurde vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) unter
Beteiligung der Polnischen Weltraumagentur (CBK) gebaut.
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