Ein Maulwurf für den roten Planeten
Redaktion
/ Pressemitteilung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt e. V. astronews.com
27. Mai 2011
Im Rahmen des Discovery-Programms der NASA wurden bereits
mehrere erfolgreiche Missionen verwirklicht, wie etwa Kepler,
Deep Impact oder Mars Pathfinder. Jetzt wird in Amerika
nach einer Discovery-Mission gesucht, die im Jahr 2016 starten
soll. Unter den drei verbliebenen Kandidaten ist auch eine Marsmission
mit maßgeblicher deutscher Beteiligung.
So könnte die Geophysical Monitoring Station auf
dem Mars einmal aussehen.
Bild: NASA/JPL |
Im Wettbewerb um die nächste Raumsonde, die im Rahmen des Discovery-Programms
der NASA starten soll, hat es die Geophysical Monitoring Station
(GEMS) in die entscheidende letzte Runde geschafft. Das Deutsche Zentrum
für Luft- und Raumfahrt (DLR) ist daran mit einem geophysikalischen
Experiment zur Untersuchung des Marsinneren maßgeblich beteiligt. Ziel
der Mission, deren Start 2016 erfolgen könnte, ist es, zum ersten Mal
überhaupt durch direkte Messungen einen Einblick in das "Innenleben" des
Mars zu gewinnen.
Dabei soll ein vollautomatischer "Maulwurf" mit der Bezeichnung "HP3"
(Heat Flow and Physical Properties Package, oder "HP Cube") mit seinen
Sensoren bis zu fünf Meter tief in den Marsboden eindringen, um den
Wärmefluss aus dem Innern des Mars zu vermessen. "Unser Beitrag HP3
würde neue Einblicke zur thermischen Entwicklung des Mars und zu
verborgenen Wasservorkommen unter der Marsoberfläche liefern. Es ist ein
ausgereiftes Experiment, dessen Ergebnisse wichtige Impulse für die
Marsforschung liefern könnte", sagt Prof. Tilman Spohn,
wissenschaftlicher Leiter von HP3 und Direktor des DLR-Instituts für
Planetenforschung in Berlin-Adlershof.
Das HP3-Experiment des DLR nutzt einen elektromechanischen
Schlagmechanismus, der einen Instrumentenbehälter bis zu fünf Meter tief
in den Marsboden einbringen kann. "Bisher ist solch ein
vollautomatischer Maulwurf noch auf keinem Körper des Sonnensystems zum
Einsatz gekommen", sagt Dr. Tim van Zoest, Physiker am DLR-Institut für
Raumfahrtsysteme in Bremen, wo der Schlagmechanismus entwickelt wurde.
"Vergleichbare Experimente zur Analyse des Untergrunds gab es bisher nur
von Hand auf dem Mond bei den amerikanischen Apollo-Missionen 15 und 17
zu Beginn der 1970er Jahre, das waren damals aber eher konventionelle
Bohrer, die wie ein Korkenzieher von Muskelkraft in den Mondboden
gebohrt wurden."
Die Sensoren von HP3 wurden am DLR-Institut für Planetenforschung in
Zusammenarbeit mit dem Institut für Weltraumforschung der
Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Graz entwickelt.
Insbesondere soll der Wärmefluss unter der Marsoberfläche erfasst
werden. "Die Vermessung des Wärmeflusses direkt unter der Oberfläche
erlaubt es uns, auf die Wärmeproduktion im Marsinneren zu schließen.
Damit erhalten wir Hinweise auf die Zusammensetzung des Roten Planeten
und seine fortwährende Abkühlung, die im Zusammenhang mit dem noch heute
stattfindenden Vulkanismus steht", erklärt Dr. Matthias Grott vom
DLR-Institut für Planetenforschung. "Zudem soll HP3 die geologische
Schichtung in den ersten fünf Metern unter der Marsoberfläche -
insbesondere Eisvorkommen - durch die Vermessung der geoelektrischen
Eigenschaften des Bodens erfassen", ergänzt der Physiker, der an der
Entwicklung von HP3 beteiligt ist.
Eine weitere europäische Beteiligung im GEMS-Missionsvorschlag ist das
Seismometer unter französischer Federführung des Institut de
Physique du Globe de Paris (IPGP). Das Max-Planck-Institut für
Sonnensystemforschung in Katlenburg-Lindau/Harz baut unter der Leitung
von Prof. Ulrich Christensen ein System, mit dem das Seismometer auf dem
Mars installiert werden kann. Mit dem Seismometer sollen Marsbeben und
Asteroideneinschläge erfasst werden. Da Erschütterungen - ähnlich wie
auf der Erde - den gesamten Planetenkörper durchlaufen, kann anhand
seismischer Messungen auf die Größe und Beschaffenheit der Kruste, des
Mantels und des Planetenkerns des Mars geschlossen werden. Die dritte
wissenschaftliche Nutzlast im GEMS-Missionsvorschlag ist ein Experiment,
das federführend bei der amerikanischen Firma Lockheed Martin entwickelt
wird und weitere Hinweise auf den Aufbau des Marsinnern liefern soll.
Nach der Mars-Landemission Pathfinder im Jahre 1997 ist das DLR
gegenwärtig an zwei aktuellen Missionen im Discovery-Programm
der NASA als Partner beteiligt: Zur Mission der Merkur-Sonde MESSENGER
sowie der der Sonde Dawn, die die Asteroiden Vesta und Ceres
erkunden wird, trägt das DLR mit Kameras, Spektrometern und der
Bildverarbeitung bei. Ziel der Discovery-Missionen ist die
Erkundung des Sonnensystems mit einem begrenzten Missionsvolumen von
jeweils 500 Millionen US-Dollar.
Das GEMS-Wissenschaftsteam unter der Leitung von Dr. Bruce Banerdt am
Jet Propulsion Laboratory der NASA im kalifornischen Pasadena
erhält nun drei Millionen US-Dollar zur weiteren Entwicklung des
Projekts. "Das Experiment hat bereits jetzt schon einen hohen
technischen Reifegrad - deshalb haben wir bei HP3 einen
Entwicklungsvorsprung vor ähnlichen Experimenten, beispielsweise aus den
USA", erklärt Spohn.
Insgesamt waren im vergangenen Jahr 28 Missionsvorschläge bei der NASA
eingereicht worden. Neben GEMS sind zurzeit noch zwei weitere Missionen
im Rennen für diese Discovery-Mission: Der Titan Mare
Explorer (TiME) soll einen Kohlenwasserstoffsee auf dem Saturnmond
Titan erforschen. Der Comet Hopper ist auf die detaillierte
Untersuchung eines Kometenkerns ausgerichtet. Die endgültige
Entscheidung, welcher Vorschlag für die nächste Discovery-Mission
ausgewählt wird, fällt 2012. Der Start soll dann 2016 erfolgen.
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Mission Mars, die astronews.com-Berichterstattung über die Erforschung des roten Planeten |
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