Mini-Meteoriten und Satellitenkommunikation
Redaktion
/ Pressemitteilung des DLR astronews.com
10. Oktober 2016
In der vergangenen Woche starteten wieder zwei
Forschungsballons des BEXUS-Programms mit Experimenten an Bord, die
europäische Studierendenteams entwickelt hatten. Mit ihnen wurden unter
anderem neue Verfahren zur Satellitenkommunikation und auch astrophysikalische
Fragestellungen untersucht. Die Ausschreibung für die nächsten Flüge läuft
bereits.

Am 5. Oktober 2016 startete der
Stratosphärenballon BEXUS 22 mit vier
Experimenten in der Gondel vom Raumfahrtzentrum
Esrange bei Kiruna in Nordschweden.
Foto: DLR [Großansicht] |
In der vergangenen Woche sind die beiden Forschungsballons BEXUS 22 und BEXUS
23 vom schwedischen Raumfahrtzentrum Esrange bei Kiruna in Schweden in Richtung
Stratosphäre gestartet. An Bord der beiden Ballongondeln befanden sich acht
wissenschaftliche Experimente von Studententeams aus Deutschland, Polen,
Tschechien, Belgien, Italien, Spanien und Portugal. Die Experimente der
gemeinsamen Missionen des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) und
der Schwedischen Raumfahrtbehörde SNSB stammen aus der Satellitenkommunikation
und -navigation sowie der Astrophysik und der Technologieerprobung.
An Bord von BEXUS 22 waren zwei deutsche Experimente: Lotus-D (Laser Optical
Transmissionexperiment of University Students - Data) und TDP-3 (Technology
Demonstrator Platform 3). Bei Lotus-D planten Studierende der TU Dresden, eine
Kommunikationsverbindung mit LED-Licht zwischen einer kleinen mobilen
Bodenstation und dem Forschungsballon herzustellen.
Dabei wurde abhängig von der
LED-Leistung, dem Abstand zum Ballon und den am Startgelände vorherrschenden
Wetterbedingungen die maximal erreichbare Übertragungsrate der Daten - gemessen
in Bit pro Sekunde - ermittelt. Mit Hilfe einer umgebauten Leuchtdiode, die über
ein Teleskop zur Ballongondel ausgerichtet wird, wurde ein Datensatz
übermittelt. An der Gondel wurde der Lichtstrahl detektiert und aufgezeichnet.
Über einen Vergleich mit den hinterlegten Daten wurde die erreichbare
Datenübertragungsrate in Abhängigkeit von Umwelteinflüssen und Entfernung
analysiert. Die sich hieraus ergebende Bitfehlerrate konnte direkt ermittelt
werden.
Für die Atmosphärenforschung werden Höhenforschungsraketen und -ballone
eingesetzt. Die Experimente werden jedoch durch die Größe des Ballons oder der
Rakete begrenzt und benötigen daher kompakte Datenverarbeitungs- und
Kontrollsysteme mit geringem Stromverbrauch. Für eine Fernsteuerung der
Experimente oder die Übertragung von wissenschaftlichen Daten wird ebenfalls ein
kompaktes aber dennoch leistungsstarkes Kommunikationssystem benötigt.
Die
Studierenden der TU München haben mit ihrem Experiment TDP-3 ein neues
Datenverarbeitungssystem entwickelt, das diese Bedingungen erfüllt und an
verschiedene Experimente und Plattformen angepasst werden kann. Damit soll die
Entwicklungszeit zukünftiger Experimente deutlich verringert werden. Das Team
hat außerdem einen neuartigen Teilchendetektor in das Experiment integriert, um
die Funktionalität des Datenverarbeitungssystems während des Fluges zu testen.
Zudem waren zwei weitere Experimente aus Italien und Polen in der Gondel von
BEXUS 22 untergebracht: Bei dem Experiment STRATONAV der Sapienza Universität
von Rom und der Universität Bologna wurde die Genauigkeit eines speziellen
Navigationssystems während des BEXUS-Stratosphärenfluges getestet. Wenn das
System funktioniert und ausgereift ist, kann es in Weltraummissionen zur
Positionsbestimmung eingesetzt werden. Mit dem Experiment BuLMA wollten die
Studierenden der Technischen Universität Warschau während der Mission
Mini-Meteoriten und Staubpartikel einfangen, um diese im Labor zu untersuchen.
Teile des Experiments können für Mars-Missionen angepasst werden.
Auf der Ballongondel BEXUS 23 werden vier Experimente getestet: OSCAR heißt
das Projekt der Studierenden der Universität Hasselt in Belgien. Während der
Mission werden Kohlenstoff-basierte optische Solar- und Sensorzellen für die
Anwendung in der Luft- und Raumfahrt sowie die Leistung und Stabilität der
organischen Solarzellen unter extremen Bedingungen, wie Strahlung und hohen
Temperaturunterschieden, getestet. Außerdem haben die Forscher einen optischen
Magnetometer-Prototypen zur Messung von schwachen Magnetfeldern entwickelt, der
unter Stratosphären-Bedingungen getestet wird.
Das Ziel des Experiments PREDATOR der Tschechischen Technischen Universität
Prag ist, Flughöhenunterschiede von Flugzeugen mittels eines kostengünstigen
Systems zu messen und es als zusätzliches Referenzsystem für Fehlerkorrekturen
zu testen. Dabei wird der Druck an zwei Orten auf der Gondel gemessen. Aufgrund
der bekannten Entfernung kann die eigentliche Höhe des Ballons festgestellt
werden.
Bei dem Team der Universität Porto aus Portugal stehen
Navigationsinformationen im Vordergrund, die mithilfe von Radio- und
Fernsehsignalen während des BEXUS-Flugs ermittelt werden sollen. Dafür werden in
dem Experiment SIGNON empfangene Signale prozessiert und Entfernungen bestimmt,
um die Flugbahn des Ballons zu messen. Diese Navigationsmethode kann in großen
Höhen von 450 bis 550 Kilometern bei Kleinsatelliten angewendet werden. Die
Studierenden der Universität Baskenland in Spanien testen mit ihrem Experiment
ACORDE einen kostengünstigen und leichten Partikel-Detektor, der Spuren
kosmischer Strahlung detektieren kann. Mit diesem Detektor wollen die
Studierenden die Menge und Art der Strahlung während des Flugs messen.
Das deutsch-schwedische Programm BEXUS (Ballon-Experimente für
Universitäts-Studenten) ermöglicht Studenten, eigene praktische Erfahrungen bei
der Vorbereitung und Durchführung von Raumfahrtprojekten zu gewinnen. Die
diesjährige Ausschreibungen des DLR Raumfahrtmanagements in Bonn sowie der
Europäischen Weltraumorganisation ESA und des Swedish National Space Board
SNSB für BEXUS 24/25 im Herbst 2017 und das Raketenprojekt REXUS 23/24 laufen
bereits. Neue Experimentvorschläge können bis zum 17. Oktober 2016 eingereicht
werden.
Jeweils die Hälfte der Ballon-Nutzlasten steht für Experimente von Studenten
deutscher Universitäten und Hochschulen zur Verfügung. Die schwedische
Raumfahrtagentur SNSB hat ihren Anteil auch für Studierende der übrigen
ESA-Mitgliedsstaaten geöffnet. Die deutschen Studententeams erhalten technische
und logistische Unterstützung vom Zentrum für Angewandte Raumfahrttechnik und
Mikrogravitation (ZARM) in Bremen. Die Flüge werden von EuroLaunch, einem Joint
Venture der Mobilen Raketenbasis des DLR (MoRaBa) und dem Esrange Space Center
des schwedischen Raumfahrtunternehmens SSC, durchgeführt.
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