Studenten gegen Weltraummüll
Redaktion
/ Pressemitteilung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt astronews.com
13. Mai 2013
Mit zwei REXUS-Forschungsraketen sind in der
vergangenen Woche wieder mehrere Experimente von Studierenden aus ganz Europa zu
einem Kurztrip an den Rand des Weltraums gestartet. Untersucht wurden dabei
unter anderem neue Methoden zur Beseitigung von Weltraummüll. Bei der Landung
einer Rakete verlief jedoch nicht alles nach Plan.

So wie hier beim Test sollte sich das
Segel des SpaceSailors-Experiments während des
Flugs nach dem Abwurf der Raketenspitze
entfalten, unter der es direkt montiert ist.
Foto: SpaceSailors-Team / DLR |
In der vergangenen Woche sind wieder zwei REXUS-Forschungsraketen mit
Studentenexperimenten an Bord vom Raumfahrtzentrum Esrange bei Kiruna in
Schweden aus gestartet. Am 9. Mai 2013 um 6.00 Uhr MESZ hob die REXUS-13-Forschungsrakete
mit vier Studenten-Experimenten an Bord ab, die Schwesterrakete REXUS 14
war bereits zwei Tage zuvor, am 7. Mai um 6.00 Uhr MESZ gestartet.
Die Doppelkampagne, an der rund 50 Studenten aus Deutschland, Schweden,
Großbritannien, der Schweiz und Ungarn mit ihren selbst geplanten und gebauten
Experimenten teilnahmen, ist Teil des Studentenprogramms REXUS/BEXUS des
Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) und der schwedischen
Raumfahrtbehörde SNSB (astronews.com berichtete). Die
Flugdauer der knapp sechs Meter langen einstufigen Raketen vom Typ "Improved
Orion" dauerte von der Zündung bis zur Landung der Nutzlast rund zehn Minuten.
Sie erreichten dabei Höhen von etwa 83 (REXUS 13) und 82 (REXUS 14)
Kilometern, also die Grenze zum Weltraum.
Die Fragestellungen, die sich die Studenten mit ihren Experimenten annahmen,
waren vielfältig: Die Teams Space Sailors der RWTH Aachen und
Strathsat-R der Universität Strathclyde in Großbritannien haben sich
beispielsweise Gedanken darüber gemacht, wie sogenannter Weltraumschrott
schneller entsorgt werden kann. Aufgrund der Abbremsung durch die
"Restatmosphäre" fallen nicht mehr funktionsfähige Satelliten zwar zur Erde
zurück und verglühen in der Atmosphäre. Der Vorgang dauert jedoch - abhängig von
der Höhe ihrer Umlaufbahn - viele Jahre. Solange stellen diese Satelliten noch
eine Gefahr für andere Satelliten dar.
Die Studenten hatten nun eine clevere Idee: Wird der Querschnitt des
Satelliten vergrößert, erhöht sich die Bremswirkung der Testatmosphäre und der
Abstieg erfolgt schneller. Deshalb testeten die Studenten auf REXUS an
Kleinstsatelliten - Würfeln mit zehn Zentimetern Kantenlänge - wie sich unter
Weltraumbedingungen verschiedenartige Schirme oder Segel aus den Satelliten
entfalten lassen.
Die Studenten der Technischen Universität Luleå in Schweden wollten mit dem
SOLAR-Experiment die Reparaturmöglichkeiten auf Weltraummissionen verbessern.
Ihr Experiment soll beweisen, dass in Schwerelosigkeit keine qualitätsmindernden
Gaseinschlüsse in den Lötstellen zurückbleiben, wenn das Löten bei niedrigem
Druck geschieht. Die Studenten werden die Lötstellen nach der Rückkehr des
Experiments unter Röntgenstrahlung genau analysieren.
Auch Tanken im All ist nicht unproblematisch: Während sich auf der Erde der
Treibstoff aufgrund der Schwerkraft am Boden des Tanks sammelt und von dort über
den Tankausfluss und die Treibstoffleitungen zum Motor gelangt, bilden sich in
Schwerelosigkeit in der Flüssigkeit Blasen, sobald der Tank nicht mehr komplett
gefüllt ist. Diese können sich dann vor den Ausfluss setzen und die
Treibstoffversorgung unterbrechen. Aufgrund der Oberflächenspannung des
Treibstoffes kann dieser jedoch durch eine Lamellenstruktur am Boden eines Tanks
wie in einem Schwamm festgehalten werden.
Das CAESAR-Team von der Fachhochschule Westschweiz hat vier solche "Schwämme"
mit radial angeordneten Lamellen auf eine Zentrifuge gesetzt. Sie wurden mit
verschiedenen Mengen Flüssigkeit gefüllt und mit vier unterschiedlichen,
geringen Beschleunigungen gedreht. Die Studenten beobachteten mit Kameras, wie
sich die Flüssigkeiten unter diesen Bedingungen zwischen den Lamellen verhalten.
Mit den experimentellen Daten wollen die Studenten theoretische Ansätze
überprüfen und dazu beitragen, die Strukturen von Treibstofftanks für die
Raumfahrt zu verbessern
Das Team MUSCAT vom schwedischen Royal Institute of Technology
testete hingegen ein neues Messprinzip. Während des Flugs wurden vier
kugelförmige Sonden aus der Rakete freigesetzt, die mit GPS ausgestattet sind.
Aus den Positionsdaten, die während des freien Falls gemessen werden, können in
Kombination mit Berechnungsmethoden aus der Fluidmechanik über den
Luftwiderstand die Temperaturen in der Atmosphäre an mehreren Stellen
gleichzeitig ermittelt werden.
Die Landung der Nutzlast erfolgte am Fallschirm. Obwohl sich bei REXUS 13
der Hauptfallschirm nicht öffnete, konnte der Vorfallschirm die Nutzlast so weit
abbremsen, dass die Raketenmodule beim Aufprall unbeschädigt blieben. Lediglich
die Raketenspitze, die als Knautschzone wirkte, wurde stark verformt. Die
Nutzlasten von REXUS 13 und 14 sowie die ausgeworfenen Sonden
wurden nach der Landung sofort von Helikoptern geborgen und zum Startplatz
zurücktransportiert.
Damit konnten alle Studententeams ihre Experimente bereits nach etwa einer
Stunde wieder in Empfang nehmen und die Daten sichern. Das ist die Voraussetzung
für die Auswertung, die in den kommenden Wochen und Monaten erfolgen wird. Die
erste Analyse hat allerdings gezeigt, dass trotz der ausführlichen Tests an den
Tagen vor dem Start während des Fluges nicht alle Experimente so wie geplant
funktioniert haben.
Die Studenten waren bereits am 29. April 2013 auf Esrange eingetroffen. In
den Tagen bis zum Start wurde getestet, ob die Experimente nach dem Transport
noch voll funktionsfähig sind. Geprüft wurde auch, ob sie einzeln und im Verbund
mit den anderen Experimenten problemlos mit den Systemen der Rakete
zusammenarbeiten. Vor den Starts wurden noch Flugsimulationen und ein
Test-Countdown durchgeführt, bei denen alles so ablief wie beim richtigen Flug,
nur dass die Raketen nicht gezündet wurden. Jedes Experiment ist innerhalb eines
zylindrischen Behälters, eines so genannten Moduls, befestigt. Aufeinander
geschraubt bilden sie zusammen mit dem Servicemodul, dem Bergungssystem, der
Raketenspitze und dem Adapter für den Raketenmotor die Nutzlast. Mit dem
Raketenmotor ist die Rakete dann komplett.
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