Das pulsierende Herz des Krebsnebels
von Stefan Deiters astronews.com
8. Juli 2016
Der Krebsnebel im Sternbild Stier gehört vermutlich zu den
bekanntesten astronomischen Objekten überhaupt. Eine neue Aufnahme, die auf
Daten des Weltraumteleskops Hubble beruht, zeigt nun das pulsierende Herz dieses
Supernova-Überrests. Für die Ansicht wurden Daten aus insgesamt zehn Jahren
kombiniert.
Blick ins Herz des Krebsnebels.
Bild: NASA, ESA [Großansicht] |
Der Krebsnebel im Sternbild Stier dürfte zu den bekanntesten und auch am
besten untersuchten Objekten am nächtlichen Himmel gehören. Er entstand durch
eine Supernova-Explosion, die am 4. Juli 1054 zu sehen war: Damals tauchte am Himmel ein neuer Stern auf, der so hell war, dass
man ihn - nach
chinesischen Berichten - sogar für einige Wochen tagsüber mit bloßem Auge
erkennen konnte. Der Krebsnebel ist ungefähr 6.500 Lichtjahre von der Erde
entfernt.
Während der damaligen Supernova-Explosion wurde ein großer Teil der Masse
des sterbenden Sterns in die Umgebung geschleudert und es entstand ein
spektakulärer Supernova-Überrest, dessen faszinierende Filamentstruktur auf
zahlreichen Abbildungen zu sehen ist.
Die gestern von der europäischen Weltraumagentur ESA veröffentlichte Ansicht
konzentriert sich allerdings auf den Zentralbereich des Nebels und kombiniert
hochaufgelöste Ansichten in verschiedenen Filterbereichen, die im Abstand von
rund zehn Jahren aufgenommen wurden und durch unterschiedliche Farbgebung
gekennzeichnet sind. So werden auch zeitliche Veränderungen der Strukturen
erkennbar.
Im Zentrum des Krebsnebels befindet sich der Überrest des Sterns, dessen
Explosion die chinesischen Astronomen einst verfolgt haben: Es handelt sich um
einen rotierenden Neutronenstern, der eine ähnliche Masse wie unsere Sonne hat,
jedoch nur einen Durchmesser von einigen zehn Kilometern. Er dreht sich mit
hoher Geschwindigkeit, nämlich 30 Mal pro Sekunde, um die eigene Achse.
Rund um den Neutronenstern, auf der Aufnahme übrigens der rechte der beiden
hellen Sterne nahe der Bildmitte, finden außerordentliche energiereiche Prozesse
statt. Die Bewegung des Materials in dieser Region wird durch die
leicht regenbogenartige Farbgebung auf dem Bild deutlich, die durch den
"Zeitraffereffekt" der kombinierten Bilder zustande kommt.
Ionisiertes Gas, das Filamente bildet und in dem auch Hohlräume entstanden
sind, ist in rot zu sehen. Bläulich erscheint Strahlung, die von Elektronen
abgegeben wird, die sich in einem Magnetfeld mit nahezu Lichtgeschwindigkeit
bewegen.
Das intensive Magnetfeld des Sterns leitet Gas und Staub zu den beiden Polen
des Neutronensterns. Von dort wird es in eng gebündelten Strahlen wieder ins All
beschleunigt. Astronomen nennen diese Partikelstrahlen "Jets". Von den Polen des
Sterns schießen zwei, hier nicht sichtbare symmetrische Jets ins All, die immer wieder auch Richtung Erde
zeigen - ganz wie der umlaufende Strahl eines Leuchtfeuers. Der Neutronenstern
scheint also - von der Erde aus betrachtet - zu blinken oder zu pulsieren. Man
nennt solche Objekte daher auch Pulsare.
Die Daten für die Aufnahme wurden mit der Advanced Camera for Surveys
des Weltraumteleskops Hubble gewonnen.
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