Fliegendes Teleskop mit Lehrern an Bord
Redaktion
/ Pressemitteilung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt e. V. astronews.com
18. Juli 2011
Dass Lehrer hin und wieder in die Luft gehen, mag für manche Schüler
keine Neuigkeit sein. Ende letzter Woche starteten zwei Pädagogen
allerdings zu einem ganz besonderen Flug: An Bord der fliegenden
Sternwarte SOFIA konnten sie einem Astronomen bei der Arbeit über die
Schulter schauen.
Das fliegende Observatorium SOFIA bei einem
Testflug am Tag.
Foto: NASA |
In der Nacht vom 14. auf den 15. Juli 2011 waren zum ersten Mal zwei
deutsche Lehrer mit an Bord der fliegenden Sternwarte SOFIA, dem
Stratosphären-Observatorium für Infrarot-Astronomie. Wolfgang Viesser
vom Christoph-Probst-Gymnasium in München und Jörg Trebs von der
Thomas-Mann-Oberschule in Berlin wurden gemeinsam vom Deutschen
SOFIA-Institut (DSI) der Universität Stuttgart und dem Deutschen Zentrum
für Luft- und Raumfahrt (DLR) ausgewählt, um hautnah mitzuerleben, wie
Forschung auf SOFIA in 14 Kilometern Höhe live abläuft.
Das vom DLR finanzierte SOFIA-Bildungsprogramm des DSI ist einmalig in
Deutschland. Das Programm betreut 34 Partnerschulen aus allen
Bundesländern. Ziel ist es, Schülerinnen und Schüler aller
Jahrgangsstufen nachhaltig für Ingenieur- und Naturwissenschaften zu
gewinnen - besonders für die Astronomie. Das interdisziplinäre Projekt
SOFIA ist hierfür ideal geeignet, da Lehrer im wahrsten Sinne des Wortes
mit an Bord gehen können. "Unser Mitflugprogramm ist daher ein zentrales
Element unseres Bildungsprogramms", erläutert Cecilia Scorza, die am DSI
das Bildungsprogramm koordiniert. "Die hierfür ausgewählten Lehrer
sollen ihre Erfahrungen mit ihren Kollegen sowie Schülerinnen und
Schülern teilen und diese dauerhaft für die SOFIA-relevanten
astronomischen Themen begeistern."
Bei ihrem Flug mit SOFIA schauten die beiden Lehrer dem Astronom Jochen
Eislöffel bei seinen Forschungen über die Schulter. Eislöffel befasst
sich an der Thüringer Landessternwarte in Tautenburg unter anderem mit
der Untersuchung des Materieausflusses von jungen Sternen in ihrer
Entstehungsphase. Er hatte für die Nacht vom 14. auf den 15 Juli
Beobachtungszeit für sein wissenschaftliches Programm zugewiesen
bekommen. Während des "Preflight Review" der NASA am Morgen des 14. Juli
erhielten die deutschen Gäste zusammen mit der gesamten Flugmannschaft
zunächst Detailinformationen zum geplanten Flugablauf. Um 20.00 Uhr war
es dann soweit: Gemeinsam mit den Wissenschaftlern, den
SOFIA-Ingenieuren und den NASA-Piloten gingen Wolfgang Viesser und Jörg
Prebst an Bord von SOFIA. Der Flug begann und endete auch auf SOFIAs
Heimatflughafen, der Dryden Aircraft Operations Facility in
Palmdale im US-Bundesstaat Kalifornien.
Ziel der Beobachtungen von Jochen Eislöffel war der gerade entstehende
Stern L1157 im Sternbild Drache, dessen Infrarotinformationen von der
Erde aus wegen des Wasserdampfs in der Atmosphäre nicht beobachtbar
sind. Mit GREAT, dem "German Receiver for Astronomy at Terahertz
Frequencies”, wollte Eislöffel die sogenannte 16-15-CO-Linie bei 1.84
Terahertz beobachten und daraus die Ausflussgeschwindigkeiten des
Materials messen, das von dem gerade entstehenden Stern abgestoßen wird.
Nach insgesamt 110 Minuten Beobachtungszeit war das Projekt von Jochen
Eislöffel abgearbeitet und Objekte anderer Beobachtungsprogramme, die
auch auf dem Flugplan standen, wurden angesteuert.
Gespannt beobachteten Vieser und Trebs, mit welchem Aufwand und wie
konzentriert Eislöffel seine einzelnen Aufnahmen um 2 Uhr morgens
durchführte. "Sechs Wochen Vorbereitung für 110 Minuten Beobachtungszeit
- das ist Liebe zur Wissenschaft", staunte Wolfgang Vieser. Direkt nach
den Aufnahmen begannen die Forscher mit der Analyse der Daten und
erläuterten den beiden Lehren die einzelnen Schritte. Trebs zeigte sich
überrascht, welche Kniffe der Astronom Eislöffel anwenden musste, um aus
den gewonnen Daten letztlich die gewünschten Informationen zu erhalten:
"Beim normalen Blick durch das Fernrohr ist der Stern greifbar, beim
Spektroskopieren fängt die Arbeit nach der Beobachtung ja erst an", so
Trebs.
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