Mit GREAT auf der Jagd nach jungen Sternen
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Radioastronomie astronews.com
9. Januar 2009
Das Flugzeug-Observatorium SOFIA soll im Sommer die ersten
wissenschaftlichen Flüge machen. Im Dezember wurde nun eine wichtige Komponente
für den Beobachtungsbetrieb fertiggestellt, der in Deutschland entwickelte
German REceiver for Astronomy at Terahertz Frequencies (GREAT). Mit ihm
sollen die chemischen und physikalischen Prozesse in der Umgebung junger Sterne
untersucht werden.
SOFIA (Stratospheric Observatory for Infrared
Astronomy) während eines Testflugs im Mai 2007.
Hinter den Tragflächen ist als Auswölbung die Tür
zu erkennen, hinter der das Teleskop eingebaut
ist und die für astronomische Beobachtungen in
der Stratosphäre geöffnet wird (siehe
Bildausschnitt unten).
Foto: NASA / DLR
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GREAT, der "German REceiver for Astronomy at Terahertz Frequencies", ist ein
in Deutschland entwickelter Empfänger für das Flugzeug-Observatorium SOFIA, das
"Stratosphären-Observatorium für Infrarot-Astronomie". Das Instrument hat Anfang
Dezember nach umfangreichen Labortests den sogenannten Pre-shipment Review
erfolgreich bestanden und wird nun auf den Weg zu seinem Ersteinsatz an Bord von
SOFIA gebracht. GREAT wurde von einem Konsortium deutscher Forschungsinstitute
unter Leitung von Dr. Rolf Güsten vom Bonner Max-Planck-Institut für
Radioastronomie entwickelt und ist einer der beiden Empfänger, die bei den
ersten wissenschaftlichen Flügen des Observatoriums Mitte 2009 zum Einsatz
kommen sollen.
SOFIA ist ein amerikanisch-deutsches Gemeinschaftsprojekt für den Betrieb
eines Flugzeug-Observatoriums in 13 bis 14 Kilometer Höhe in der Stratosphäre.
Damit wird die Untersuchung des Universums im infraroten Licht möglich, bei
Wellenlängen, die aufgrund der Absorption der Strahlung durch den Wasserdampf
der Erdatmosphäre vom Boden aus nicht zu empfangen sind.
Der Pre-shipment Review für GREAT hat am 4. und 5. Dezember 2008 am
Max-Planck-Institut für Radioastronomie (MPIfR) stattgefunden. Unter der Leitung
des DLR und mit Beteiligung von NASA-Experten wurde bei dieser Überprüfung
festgestellt, dass GREAT im jetzt erreichten Zustand sowohl die
wissenschaftlichen Zielsetzungen erreichen wird als auch technisch den harten
Anforderungen der NASA im Hinblick auf die Flugtauglichkeit und -sicherheit
gerecht wird. "Damit steht dem Transport in die USA, dem Einbau an das
SOFIA-Teleskop und dem Einsatz zu ersten wissenschaftlichen Messungen nun nichts
mehr im Wege", freut sich Dr. Stefan Heyminck (MPIfR), der für GREAT
verantwortliche Projektingenieur.
Neben dem MPIfR und dem I. Physikalisches Institut der Universität zu Köln
sind an dem Konsortium, das den GREAT-Empfänger entwickelt, das DLR-Institut für
Planetenforschung und das Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung
beteiligt. GREAT ist ein spektral hochauflösender Empfänger für das
Flugzeug-Observatorium SOFIA, der in der Stratosphäre zum Einsatz kommen wird,
um Ferninfrarotstrahlung aus dem Universum in einem vom Erdboden aus nicht mehr
zugänglichen Frequenzbereich von 1,2 bis 5 Terahertz (THz) zu untersuchen. Damit
erweitert GREAT den vom Atacama Pathfinder Experiment (APEX)
überdeckten Spektralbereich zu höheren Frequenzen. Das zu SOFIA komplementäre
12-Meter APEX Teleskop wird vom MPIfR in 5.100 m Höhe in der chilenischen
Atacama-Wüste mitbetrieben und beobachtet zwischen 0,2 und 1 THz in
Frequenzbereichen, in denen die Erdatmosphäre noch durchlässig ist.
"Aufgrund der Absorption durch den Wasserdampf in der Erdatmosphäre ist es
äußerst schwierig, und meist sogar unmöglich, Strahlung jenseits von 1 THz vom
Erdboden aus zu beobachten", sagt Dr. Rolf Güsten vom MPIfR, der Leiter des
GREAT-Projektes. "Erst in Flughöhen von zwölf Kilometern und mehr wird die
Atmosphäre für die Ferninfrarot-Strahlung aus dem Weltraum durchlässig." Damit
werden die Wissenschaftler des GREAT-Konsortiums, unterstützt von amerikanischen
und deutschen Astronomen, einen bislang wenig erschlossenen Frequenzbereich für
astronomische Messungen erschließen und unser Verständnis der physikalischen
Vorgänge im interstellaren Medium bei der Entstehung junger Sterne und
Planetensysteme erweitern.
GREAT wird die stärksten Emissionslinien, die das interstellare Medium
kühlen, die Feinstrukturübergänge des einfach ionisierten Kohlenstoffs und
Stickstoffs, beobachten, und damit die Energiebilanz der untersuchten Objekte
eingrenzen. Das Zusammenspiel von Heizungs- und Kühlungsprozessen reguliert die
Temperatur des interstellaren Mediums, und kontrolliert damit die
Anfangsbedingungen für die Entstehung der nächsten Generation von Sternen. Die
Untersuchung physikalischer und chemischer Prozesse in der Umgebung von jungen
Sternen, in der Milchstraße und auch in nahen Galaxien, wird eines der
Hauptforschungsgebiete mit GREAT bilden.
Bei der Erforschung unseres Planetensystems wird GREAT einzigartige
Untersuchungen z.B. von Venus ermöglichen, und wie unterschiedlich sich die
Atmosphäre unseres Schwesterplaneten zu der der Erde entwickelt hat. Auch der
Saturnmond Titan wird im Detail untersucht, mit seiner Atmosphärenchemie, die
derjenigen der prä-biologischen Erde bei tiefen Temperaturen sehr ähnlich ist.
In GREAT kommen, gefördert durch die Max-Planck-Gesellschaft, das DLR und die
Deutsche Forschungsgemeinschaft im Rahmen des Sonderforschungsbereichs 494,
Grenztechnologien zum Einsatz, bei deren Entwicklung die beteiligten Institute
weltweit federführend sind. Durch den großen technologischen Fortschritt bei der
Entwicklung von extrem schnellen supraleitenden Detektoren lassen sich nunmehr
äußerst empfindliche Empfänger für den Terahertz-Frequenzbereich bauen, die mit
GREAT ihre astronomische Anwendung finden. Zur spektralen Analyse der
astronomischen Signale ist GREAT mit einer Reihe von Spektrometern neuester
Generation ausgestattet.
SOFIA ist ein Gemeinschaftsprojekt des Deutschen Zentrums für Luft- und
Raumfahrt (DLR) und der US-amerikanischen National Aeronautics and Space
Administration (NASA), für das eine Boeing 747-SP umgebaut und im hinteren Teil
mit einem 17 Tonnen schweren hochpräzisen Teleskop mit einem Spiegeldurchmesser
von 2,7 Metern ausgestattet wurde (astronews.com berichtete).
Der deutsche Beitrag besteht in der Entwicklung und dem Bau dieses Teleskops
als Herzstück des Observatoriums sowie in der Unterstützung beim Einbau, bei der
Inbetriebnahme und bei der auf 20 Jahre angelegten Betriebsphase. Das
amerikanische Betriebszentrum des Flugzeuges ist das NASA Dryden Flight
Research Center in Kalifornien; der deutsche Beitrag zum Betrieb des
Observatoriums wird vom Deutschen SOFIA Institut (DSI) an der Universität
Stuttgart im Auftrag des DLR durchgeführt.
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