Die Unregelmäßigkeiten der Sonnenaktivität
Redaktion /
idw / Pressemitteilung der Fraunhofer-Gesellschaft astronews.com
29. April 2011
Ein Spektrometer auf der Internationalen Raumstation ISS
misst seit einiger Zeit die Sonnenaktivität mit großer Genauigkeit und lieferte
bereits unerwartete Ergebnisse. Künftig sollen diese in einer Datenbank
öffentlich zugänglich gemacht werden: Klimaforscher können mit den Daten
untersuchen, wie stark die Sonnenaktivität das Erdklima beeinflusst.
Das europäische
Weltraumlabor Columbus auf der Internationalen
Raumstation ISS: Das Sonnenspektrometer SolACES
(oben rechts im Bild) misst die Variabilität der
Sonnenstrahlung mit bisher unerreichter
Präzision.
Foto: NASA |
Bisher schwankte die Sonnenaktivität zyklisch: Alle elf Jahre erreichte sie ein
Minimum, alle elf Jahre strahlte die Sonne mit maximaler Intensität. Beim
letzten Minimum im August 2008 brauchten die Forscher allerdings Geduld: Die
Aktivität des Himmelskörpers stieg nicht wie erwartet an, sondern verringerte
sich weiter – völlig unerwartet brach die Sonne aus ihrem sonst so verlässlichen
Rhythmus (astronews.com berichtete) aus. Erst ein Jahr später im September 2009
begann ihre Aktivität wieder leicht anzusteigen.
In wie weit beeinflussen die Schwankungen der Sonnenintensität und diese
Verschiebung des Sonnenzyklus das Erdklima? Diese Frage zu klären hilft ein
Sonnenspektrometer, das Forscher am Fraunhofer-Institut für Physikalische
Messtechnik IPM in Freiburg entwickelt haben - aus einem Guss von der Elektronik
über die Optik bis hin zur Mechanik. Das Spektrometer ermittelte auch die Daten,
die die Verschiebung des Sonnenzyklus belegen. Es befindet sich an der
Internationalen Raumstation ISS, finanziert wurde es über die Europäische
Raumfahrtbehörde ESA und vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt DLR.
"Mit dem Spektrometer messen wir die extreme Ultraviolett-Strahlung, kurz EUV,
mit Wellenlängen von 17 bis 220 Nanometern", erklärt Dr. Raimund Brunner,
Projektleiter am IPM. Das Besondere dabei: Die Wissenschaftler können mit dem
Spektrometer nicht nur über einen längeren Beobachtungszeitraum als bei
bisherigen Missionen üblich, die Aktivität der Sonne messen, sondern auch viel
präziser. Möglich machen das zwei Ionisationskammern im Spektrometer, die mit
Edelgas gefüllt sind. Trifft EUV-Strahlung auf das Edelgas, löst sie Elektronen
aus dem Gas heraus - es fließt elektrischer Strom. Dieser Strom ist proportional
zur Stärke der Sonneneinstrahlung und dient den Forschern als Grundlage, um das
Spektrometer zu kalibrieren und genaue quantitative Aussagen zu machen - und
schlussendlich etwas über die Sonnenaktivität zu erfahren.
"Wir erzielen Messwerte mit Fehlern, die unter zehn Prozent liegen, was weitaus
besser ist als bei bisherigen Ergebnissen", betont Dr. Gerhard Schmidtke,
wissenschaftlicher Leiter des Projektes. Die Ergebnisse aus diesem sowie aus
zwei ergänzenden Experimenten auf der Raumstation sollen Klimaforschern künftig
dabei helfen herauszufinden, in wie weit die Schwankungen der Sonnenintensität
das Klima unserer Atmosphäre beeinflussen: Wie viel des Treibhauseffekts ist
hausgemacht? Wie viel davon ist vielleicht auf die Änderung der Sonnenstrahlung
zurückzuführen?
Die Messdaten verraten insbesondere vieles über die Bedingungen in der Iono- und
Thermosphäre, die ab einer Höhe von 80 Kilometern über der Erdoberfläche
beginnen. Die EUV-Strahlung steuert die Temperatur und die Teilchendichten der
Ionosphäre. Das hat Folgen: Ändert sich die Intensität der Einstrahlung,
beeinflusst das sowohl die Bahn von Satelliten als auch die Funkverbindung der
Satelliten untereinander und zur Erde. So muss beispielsweise für
zentimetergenaue GPS-Daten die Zusammensetzung der Ionosphäre bekannt sein.
Künftig sollen die gewonnenen Daten in einer Datenbank im Internet gespeichert
werden, um sie öffentlich zugänglich zu machen. Was der Grund dafür ist, dass
die Sonne erstmals seit der Dokumentation der Sonnenaktivität aus ihrem
elfjährigen Rhythmus ausgebrochen ist, können die Forscher noch nicht mit
Sicherheit sagen. Sie vermuten, dass es neben dem bisher bekannten Sonnenzyklus
noch einen weiteren gibt, den Gleissberg-Zyklus, der eine sehr viel größere
Zeitspanne hat – vermutlich 75 bis 100 Jahre – und den elfjährigen Zyklus
überlagert. Die Missionszeit des Spektrometers mit der Bezeichnung SolACES, die
anfangs nur für eineinhalb Jahre geplant war und nun bereits drei Jahre beträgt,
wurde kürzlich von der ESA um weitere drei Jahre verlängert. "So können wir auch
das Maximum der Sonnenintensität im Jahre 2013 mit untersuchen", freut sich der
Wissenschaftler.
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