Suche nach Raumzeitwellen geht weiter
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der Universität Jena astronews.com
7. Dezember 2010
Mehrere Institute in Deutschland widmen sich seit 2003 intensiv der Fahndung
nach Gravitationswellen, jenen eigentümlichen Schwingungen von Raum und Zeit,
die bislang nur indirekt nachgewiesen werden konnten. Und die Suche soll
weitergehen: Die Deutsche Forschungsgemeinschaft hat beschlossen, den
entsprechenden Sonderforschungsbereich für weitere vier Jahre mit acht Millionen Euro zu fördern.
Gravitationswellen
sind winzige Verzerrungen in der Raumzeit. Bisher
wurden sie noch nicht direkt beobachtet.
Bild: NASA / JPL |
"Gravitationswellen gehören zur Gravitation wie Lichtwellen zum
Elektromagnetismus", meint Prof. Dr. Bernd Brügmann von der
Friedrich-Schiller-Universität Jena. Gravitationswellenastronomie mache
da weiter, wo die Astronomie mit elektromagnetischen Wellen an ihre
Grenzen stoße, so der Inhaber des Lehrstuhls für Gravitationstheorie.
"So tragen Gravitationswellen etwa Informationen über Schwarze Löcher,
aus dem Innersten von Supernova-Explosionen oder gar vom Urknall, der
Geburt unseres Universums."
Allerdings sind sie extrem schwierig zu messen. Die Deutsche
Forschungsgemeinschaft (DFG) hat dem Sonderforschungsbereich/Transregio 7
(SFB/TR7) "Gravitationswellenastronomie" jetzt rund acht Millionen Euro
bewilligt. "Damit kann der Forschungsverbund seine 2003 begonnene erfolgreiche
Arbeit bis 2014 fortsetzen und unter anderem 30 Wissenschaftlerstellen
finanzieren", freut sich Prof. Brügmann, der Sprecher des Forschungsverbundes
ist.
Dem SFB/TR7 gehören Wissenschaftler der Friedrich-Schiller-Universität Jena,
der Eberhard Karls Universität Tübingen, der Leibniz Universität Hannover und
der Max-Planck-Institute für Gravitationsphysik in Hannover und Potsdam sowie
für Astrophysik in Garching an. In den 17 Teilprojekten arbeiten insgesamt
rund 80 Physiker, Astronomen und Mathematiker, die in den kommenden vier
Jahren weiter "Jagd" auf die Gravitationswellen machen werden. Der SFB/TR7 hat
einen positiven Effekt für den wissenschaftlichen Nachwuchs in Deutschland. Er
ermöglicht die Clusterbildung, international renommierte Spitzenforscher an
die beteiligten Universitäten und Institute zu holen und den Physikernachwuchs
speziell in Gravitationsphysik und Relativistischer Astrophysik auszubilden.
Ziel des SFB/TR7 ist es, Gravitationswellen direkt zu messen und sie
theoretisch und experimentell zu erforschen. "Diese Wellen sind Schwingungen
von Raum und Zeit, die von gewaltigen kosmischen Ereignissen ausgelöst
werden", erläutert Prof. Dr. Kostas Kokkotas von der Eberhard Karls
Universität Tübingen. Bereits 1916 von Albert Einstein in seiner Allgemeinen
Relativitätstheorie vorausgesagt, lassen sie sich bis heute nur indirekt
nachweisen, etwa als Energieverluste von Objekten, die Gravitationswellen
abstrahlen. "Neutronensterne, extrem kompakte Objekte, die am Ende der
Entwicklung eines Sterns entstehen können, sind solche Objekte", erklärt Prof.
Kokkotas. "Neutronensterne sind sehr interessante Quellen für
Gravitationsstrahlung, vor allem, wenn sie sehr schnell rotieren. Um ihre
Strahlung nachzuweisen, muss man sehr genau wissen, wie diese Strahlung
aussieht, und unter welchen Bedingungen sie erzeugt wird. Dazu führen wir
aufwändige Simulationsrechnungen durch."
Dass es bisher noch nicht gelungen ist, Gravitationswellen direkt zu messen,
liegt vor allem an der sehr geringen Intensität dieser Signale. Doch ein
Durchbruch ist in Sicht: "Ab 2012 wird bei den großen amerikanischen
Detektoren die besonders ausgefeilte Lasertechnik installiert, die wir u. a.
auch am deutsch-britischen Gravitationswellendetektor GEO600 in Ruthe bei
Hannover auch im Rahmen des SFB/TR7 entwickelt haben. Ab 2015 werden diese
Detektoren so empfindlich sein, dass der Nachweis dann innerhalb weniger Jahre
gelingen müsste", so Prof. Dr. Karsten Danzmann von der Leibniz Universität
Hannover, die GEO600 betreibt. Danzmann ist auch Direktor am
Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik in Potsdam und Hannover.
Für die nächste Generation der Detektoren haben die Wissenschaftler des
SFB/TR7 neuartige optische Komponenten in bisher unerreichter Qualität
entwickelt. Brügmann und seinen Kollegen ist es in den zurückliegenden ersten
beiden Förderperioden des SFB/TR7 außerdem gelungen, die Bewegung zweier
Schwarzer Löcher umeinander in ihrer dynamischsten Phase mit hoher Genauigkeit
zu berechnen.
Im Rahmen des SFB/TR7 gibt es auch ein Projekt für Öffentlichkeitsarbeit, um
die Arbeit an diesem komplexen Thema auch für Nichtwissenschaftler bekannt und
zugänglich zu machen. Dafür werden öffentliche Veranstaltungen organisiert,
eine mobile Ausstellung, das "Einstein-Wellen-Mobil", besucht Institutionen
wie Schulen oder Planetarien, und eine begleitende Webseite steht für
Informationen zur Verfügung. Alle Aktivitäten in diesem Projekt wollen
unterhalten und gleichzeitig wissenschaftliche Substanz vermitteln.
Interessenten können sich dem Thema auf spielerische Weise nähern, finden aber
immer auch ein Angebot an tiefer gehenden Erklärungen.
|
|