Suche nach dem Echo kosmischer Kollisionen
Redaktion / idw
astronews.com
1. Dezember 2006
Freude bei den deutschen Astronomen, die sich mit den
bislang unentdeckten Gravitationswellen beschäftigen: Die Deutsche
Forschungsgemeinschaft hat einem deutschlandweiten Forschungsverbund sieben
Millionen Euro bewilligt, um auch in den nächsten Jahren nach diesen Echos
kosmischer Kollisionen zu fahnden. Eindrucksvolle Simulationen sind den
Wissenschaftlern schon gelungen.
Zwei Schwarze Löcher "rühren" die Raumzeit um. Das Bild der sich
dabei ausbreitenden Gravitationswellen gleicht einem
Kinderkreisel: farbige Spiralen drehen sich umeinander.
Computersimulationen solcher kosmischen Phänomene sind 2006 im
SFB/TR7 gelungen. Um Gravitationswellen - wie zu erwarten - in
den nächsten Jahren zu entdecken, wird auch der intensive
Einsatz solcher Computermodelle erforderlich sein. Bild:
FSU |
Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) hat dem Sonderforschungsbereich/Transregio
7 (SFB/TR7) "Gravitationswellenastronomie" rund sieben Millionen Euro bewilligt.
"Damit können wir die 2003 begonnene erfolgreiche Arbeit bis 2010 fortsetzen und
unter anderem 25 Wissenschaftlerstellen finanzieren", freut sich Prof. Dr. Bernd
Brügmann von der Friedrich-Schiller-Universität Jena, der Sprecher des
Forschungsverbundes ist. Im SFB/TR7 haben sich Wissenschaftler der
Friedrich-Schiller-Universität Jena, der Eberhard Karls Universität Tübingen,
der Leibniz Universität Hannover und der Max-Planck-Institute für
Gravitationsphysik in Hannover und Potsdam sowie für Astrophysik in Garching
zusammengeschlossen. Etwa die Hälfte der bewilligten Mittel fließt an die Jenaer
Universität. An den 15 Einzelprojekten des SFB/TR7 werden sich in den kommenden
vier Jahren deutschlandweit insgesamt etwa 75 Physiker, Astronomen und
Mathematiker beteiligen, um Gravitationswellen theoretisch und experimentell zu
erforschen.
Ziel der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler um Bernd Brügmann ist es,
Gravitationswellen einer direkten astronomischen Beobachtung zugänglich zu
machen. Insbesondere geht es ihnen um ein besseres Verständnis derjenigen
kosmischen Ereignisse, bei denen Gravitationswellen entstehen. Dazu gehören
Supernova-Explosionen, verschmelzende Neutronensternsysteme oder umeinander
kreisende Schwarze Löcher, die für Wirbel im All sorgen. "Diese Ereignisse
gleichen Tornados, die unglaubliche Gezeitenkräfte ausüben und alles mit sich
reißen", macht Prof. Brügmann die Dynamik dieser Phänomene deutlich.
"Dank der engen und erfolgreichen Zusammenarbeit aller beteiligten Institute
spielt der SFB/TR7 bereits heute international eine führende Rolle", glaubt
Brügmann. "Das hat einen positiven Effekt für den wissenschaftlichen Nachwuchs
in Deutschland." Außerdem ermöglicht es die Clusterbildung, international
renommierte Spitzenforscher an die beteiligten Universitäten und Institute zu
holen und den Physikernachwuchs speziell in Gravitationsphysik und
Relativistischer Astrophysik auszubilden.
"Gravitationswellen sind Schwingungen von Raum und Zeit, die schon Albert
Einstein 1916 im Rahmen der Allgemeinen Relativitätstheorie vorhergesagt hat",
erklärt Prof. Brügmann. Die beispielsweise bei der Kollision von Schwarzen
Löchern entstehenden Gravitationswellen breiten sich mit Lichtgeschwindigkeit in
alle Richtungen des Universums aus und müssen sich auf ihrer Reise durch das All
auch auf der Erde messen lassen. Dass das bisher noch nicht gelungen ist, liegt
vor allem an der sehr geringen Intensität dieser Signale. Doch das wollen die im
SFB/TR 7 zusammenarbeitenden Wissenschaftler in naher Zukunft ändern. "Innerhalb
der nächsten vier bis sechs Jahre werden wir die ersten kosmischen
Gravitationswellensignale registrieren", ist Brügmann, der Inhaber des einzigen
Lehrstuhls für Gravitationstheorie in Deutschland ist, überzeugt.
Um Gravitationswellen messen zu können, braucht es zweierlei: Einen sehr
empfindlichen Detektor und eine sehr exakte Vorhersage über die Form der zu
empfangenden Signale. An diesen beiden entscheidenden Voraussetzungen haben die
im SFB/TR7 zusammengeschlossenen Forscher in den vergangenen Jahren erfolgreich
gearbeitet. Sie sind unter anderem am Betrieb des deutsch-britischen
Gravitationswellendetektors GEO600 in Ruthe bei Hannover beteiligt. Dieser
hochempfindliche Detektor misst die Verschiebung zwischen zwei Lichtwellen, die
im rechten Winkel durch ein Messgerät laufen. Verändert eine Gravitationswelle
die Länge der beiden Arme dieses so genannten Laserinterferometers, so geraten
die Lichtwellen "aus dem Takt", was der Detektor als positives Signal
registriert.
Bereits heute ist die Messgenauigkeit von GEO600 so hoch, dass man etwa 40
Millionen Lichtjahre weit ins All "lauschen" kann. "Die derzeit in der
Entwicklung befindliche nächste Generation dieser Geräte wird noch um ein
Vielfaches empfindlicher sein", kündigt Prof. Brügmann an. Dafür haben
Wissenschaftler des SFB/TR7 inzwischen neuartige optische Komponenten in bisher
unerreichter Qualität entwickelt.
Brügmann und seinen Kollegen ist es in der zurückliegenden ersten
Förderperiode des SFB/TR7 außerdem gelungen, die Bewegung zweier Schwarzer
Löcher umeinander in ihrer dynamischsten Phase mit hoher Genauigkeit zu
berechnen. Damit haben sie eine entscheidende Grundlage gelegt, die davon
ausgehenden Gravitationswellen vorherzusagen. Modellrechnungen sind sowohl für
den Nachweis als auch für die Analyse von Gravitationswellen wichtig. Sie
erlauben beispielsweise auch Rückschlüsse auf die Quelle der Gravitationswellen,
ob es sich etwa um zwei Schwarze Löcher oder um Neutronensterne handelte.
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SFB-TR7, Gravitational
Wave Astronomy - Methods - Sources - Observation |
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