Das Geheimnis der Venus-Wolken
Redaktion
/ Pressenotiz des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung astronews.com
9. Dezember 2008
Die Wolkendecke aus ätzender Schwefelsäure, die die Venus
umhüllt, gibt Forschern seit Jahrzehnten Rätsel auf: Wie lässt sich das Aussehen
der Wolken erklären und welche Höhe haben sie? Dank der europäischen Sonde
Venus Express ist es nun gelungen, die Vorgänge in der Atmosphäre des
Planeten zu verstehen, die für die Wolken und ihr Aussehen verantwortlich sind.
UV-Bild der Wolkendecke der Venus aufgenommen
mit der Weltraumkamera VMC aus einer Entfernung
von 30.000 Kilometern. Die unbekannten
Schwebeteilchen in der Atmosphäre erzeugen ein
Muster aus hellen und dunklen Bereichen.
Bild: ESA / MPS / DLR / IDA |
Die Venus ist von einer dichten Atmosphäre umgeben. Doch anders als auf der
Erde setzt sich diese hauptsächlich aus lebensfeindlichen Gasen wie etwa
Kohlendioxid und verschiedenen Schwefelverbindungen zusammen. Die Wolken etwa
bestehen zum größten Teil aus feinen Tröpfchen ätzender Schwefelsäure. Zudem
enthalten sie Schwebeteilchen, die Wissenschaftler bisher noch nicht
identifizieren konnten.
Diese unbekannten Teilchen spielen eine wichtige Rolle dabei, die Wolken der
Venus sichtbar zu machen. Da das Material ultraviolettes Licht absorbiert,
zeigen Aufnahmen in diesem Wellenlängenbereich das Muster der Wolken. Wo die
Aufnahme dunkel ist, weist die Wolkendecke eine hohe Konzentration der
Schwebeteilchen auf. Die helleren Bereiche entsprechen einem niedrigen Vorkommen
der Teilchen. Doch selbst das präziseste UV-Bild kann nicht die physikalischen
Vorgänge erklären, die die Wolken beeinflussen.
"Frühere Missionen zur Venus konnten nur bestimmte Teile des Lichtes, das die
Venus zurück ins All reflektiert, betrachten", erklärt Dr. Dmitry Titov vom
Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung (MPS). So konnten Wissenschaftler
etwa aus dem ultravioletten Licht die Verteilung der Wolken und aus der
Infrarot-Strahlung die Lufttemperatur bestimmen. Doch da die Datensätze immer
von verschiedenen Missionen stammten, ließen sich beide Eigenschaften nur
schlecht zueinander in Beziehung setzen.
Mit seiner UV-Kamera VMC und dem Infrarot-Spektrometer VIRTIS bietet
Venus Express zum ersten Mal die Möglichkeit, diese verschiedenen
Wellenlängen des Lichtes gleichzeitig zu erfassen. Den Wissenschaftlern vom MPS
ist es deshalb in ihrer neuen Studie gelungen, Temperatur und Wolkenformationen
gleichzeitig aufzunehmen. Die Daten zeigen, dass über den Tropen der Venus die
Lufttemperatur stark mit der Höhe abnimmt. So entstehen turbulente Aufwinde, die
die Wolken zerreißen und die unbekannten Schwebeteilchen nach oben wirbeln.
In den mittleren Breiten sieht das völlig anders aus: Der Temperaturverlauf
ist dort umgekehrt. Dies erzeugt in diesen Breiten einen riesigen Kranz aus
kalter Luft, der den Planeten umkreist. Luft und Schwebeteilchen können deshalb
nicht in der Atmosphäre aufsteigen, so dass UV-Aufnahmen einen hellen,
kontrastlosen Nebel zeigen.
Aus den neuen Daten lässt sich zudem die genaue Höhe der Wolken über der
Südhalbkugel ablesen. Trotz der unterschiedlichen Bedingungen befinden sie sich
sowohl in der Nähe des Äquators als auch bei mittleren Breiten 72 Kilometer über
der Oberfläche. Erst zum Südpol hin nimmt dieser Wert auf etwa 64 Kilometer ab.
Hier bilden die Wolken einen gewaltigen Wirbel. "Nur wenn wir die Höhe der
Wolken kennen, können wir aus unseren Aufnahmen der Wolkendecke die
Windgeschwindigkeiten auf der Venus rekonstruieren", erklärt Titov. Die neue
Untersuchung liefert somit die Voraussetzungen dafür, das Wetter auf der Venus
besser als bisher zu verfolgen.
Die Raumsonde Venus Express ist am 9. November 2005 zur Venus gestartet. Seit
fast drei Jahren umkreist sie den Planeten. Die Weltraumkamera VMC, die sich an
Bord befindet, nimmt seitdem Bilder der Wolken auf. Sie wurde von
Wissenschaftlern des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung im
niedersächsischen Katlenburg-Lindau, des Instituts für Planetenforschung des DLR
und des Instituts für Datentechnik und Kommunikationsnetze der TU Braunschweig
entwickelt und gebaut.
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