Auf der Suche nach der Dunklen Energie
Redaktion /
Pressemitteilung des AIP astronews.com
18. April 2008
Am texanischen Hobby-Eberly Teleskop will man die
Verteilung von unzähligen weit entfernten Galaxien bestimmen und dadurch neue
Erkenntnisse über die Eigenschaften der Dunklen Energie gewinnen. Eine wichtige
Rolle bei diesem Projekt spielen spezielle Glasfaserbündel, die am
Astrophysikalischen Institut in Potsdam entwickelt wurden.

Auf der Suche nach den Eigenschaften der Dunklen
Energie: das Hobby-Eberly Teleskop in Texas.
Foto: AIP |
Am dunklen Nachthimmel über West-Texas beobachtet das 9.2-Meter Hobby-Eberly
Teleskop (HET) des McDonald Observatoriums die Tiefen des Weltalls. Es ist einem
der größten Rätsel der Astrophysik auf der Spur: der sogenannten Dunklen
Energie, einem Phänomen das eng mit der Zukunft unseres Weltalls verknüpft ist.
Die Wissenschaftler wollen nun durch die Vermessung von Millionen Galaxien
Näheres über die Eigenschaften der mysteriösen Dunklen Energie in Erfahrung
bringen.
Dazu bauen sie auf ein besonderes Instrument: Ein am Astrophysikalischen
Institut Potsdam (AIP) entwickeltes Glasfaserbündel soll die gleichzeitige
Erfassung und Spektroskopie von Hunderten von Punkten eines Himmelsauschnitts
für dieses ehrgeizige Projekt ermöglichen. Um die Entfernungen zu den Galaxien
bestimmen zu können, müssen die Astronomen diese Objekte nicht nur finden,
sondern ihr Licht auch spektroskopisch analysieren, also in seine Anteile
verschiedener Wellenlängen zerlegen.
Dafür wird das Teleskop mittels des Faserbündels an einen leistungsfähigen
Multikanalspektrographen (genannt VIRUS) angeschlossen. Ein Prototyp des VIRUS
Faserbündels und des Spektrographen wurde nun erstmals erfolgreich am Teleskop
eingesetzt. Ab 2010 soll eine großräumige Durchsuchung des Himmels beginnen.
"Wenn es gelingt, die statistische Verteilung von entfernten Galaxien in Raum
und Zeit zu bestimmen, so lässt dies Rückschlüsse auf die Natur der Dunklen
Energie zu", erklärt Andreas Kelz, der als Wissenschaftler des AIP an der
Entwicklung des Instruments beteiligt ist.
Bis vor kurzen glaubten Astronomen, dass es für das Schicksal des Universums
zwei mögliche Szenarien gibt: Entweder enthält das Universum so viel Materie,
dass ihre Anziehungskraft die gegenwärtig zu beobachtende Ausdehnung bremst und
das Universum letztendlich in sich kollabieren lässt, oder die Expansion geht,
wenn auch verlangsamt, unendlich weiter. Neuere Beobachtungen hingegen legen
nahe, dass sich das Universum vielmehr beschleunigt ausdehnt, es also eine Art
Anti-Schwerkraft gibt, welche das Universum auseinandertreibt.
Diese Dunkle Energie genannte Kraft ist noch völlig unverstanden, auch wenn
angenommen wird, dass sie etwa 70 Prozent der Gesamtenergie des Universums
ausmacht. "Die Idee einer Energie, welche der Schwerkraft entgegenwirkt ist
nicht neu.", erinnert Matthias Steinmetz, der als wissenschaftlicher. Vorstand
des AIP auch an dem Projekt beteiligt ist. "Bereits Einstein postulierte sie
1920, hatte seine kosmologische Konstante dann aber wieder als 'größte Eselei'
seines Lebens verworfen. Durch die aktuellen Messungen bekommt sie aber wieder
neue Brisanz."
Ein Antrag von Steinmetz zur Erforschung der Dunklen Energie konnte sich
bereits erfolgreich im Wettbewerbsverfahren der Leibniz Gemeinschaft
durchsetzen. "Dazu bedarf es nicht nur eines großen Teleskops, sondern auch
eines Instruments mit ungewöhnlicher Multiplex-Fähigkeit", erläutert Kelz die
Fähigkeiten der AIP-Faserbündel, welche im kompletten VIRUS-Instrument die
Erfassung von über 42.000 Spektren in einer Aufnahme ermöglichen.
Da diese Leistungsfähigkeit nicht mehr in einem Großinstrument zu
verwirklichen ist, gehen die Forscher dazu über, baugleiche Kleinserien zu
konzipieren. Dieser Ansatz trägt nicht nur zur Kostenreduzierung bei, sondern
erlaubt auch eine kommerzielle Fertigung in der Industrie. Das AIP hätte sich,
so Martin Roth, Programmbereichsleiter für 3D-Spektroskopie, "im Bereich
der Vielkanalspektroskopie inzwischen einen Platz an der Weltspitze erarbeitet.
Zudem betreibt das Institut Technologie-Transfer in Kooperation mit Unternehmen
und Forschungseinrichtungen der Region. Ziel ist es, die am AIP entwickelte
Technologie auch in anderen wissenschaftlichen Fachdisziplinen und in der
Industrie nutzbar zu machen, so zum Beispiel in der Medizin, der Pharmazie, im
Geo- und Umweltmonitoring, oder in der industriellen Prozesssteuerung - um nur
einige Beispiele zu nennen."
Mit dem Forschungskonzept "innoFSPEC - Faseroptische Spektroskopie und
Sensorik" beteiligt sich das AIP zusammen mit der Universität Potsdam am
Wettbewerb des BMBF zur Errichtung eines Zentrums für Innovationskompetenz.
Dieses einzigartige inter-disziplinäre Zentrum soll Grundlagenforschung auf dem
Gebiet der Faserspektroskopie und Sensorik betreiben.
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