Entdecker der Dunklen Energie ausgezeichnet
von Stefan Deiters astronews.com
20. Juli 2007
Die beiden Forscherteams, die 1998 unabhängig voneinander
festgestellt hatten, dass sich die Expansion unseres Universums beschleunigt,
wurden jetzt mit dem mit einer halben Millionen Dollar dotierten Gruber
Kosmologie Preis ausgezeichnet. Die damalige Entdeckung führte zu der
revolutionären Erkenntnis, dass unser Universum im Wesentlichen von einer
geheimnisvollen Dunklen Energie dominiert wird.

Alles expandiert und das immer schneller. Für
diese Erkenntnis gab es jetzt den Gruber
Kosmologie-Preis.
Bild:
STScI / NASA |
Der Kosmologie-Preis der Gruber-Stiftung wird seit sieben Jahren
vergeben und ging schon an so renommierte Wissenschaftler wie Sir Martin Rees,
Alan Sandage, Rashid A. Sunyaev und im letzten Jahr an John Mather und das Team
des Satelliten COBE. In diesem Jahr wurden von der privaten Stiftung gleich zwei
Projekte ausgezeichnet, die durch ihre Entdeckung das Weltbild der Kosmologen
gründlich auf den Kopf gestellt haben: Saul Perlmutter und das Supernova
Cosmology Project sowie Brian Schmidt und das High-z Supernova
Search Team.
1998 hatten beide Teams unabhängig voneinander entdeckt, dass sich die
Expansionsgeschwindigkeit unseres Universums nicht etwa - wie allgemein erwartet
worden war - verringert, sondern vergrößert. Damit verbunden war die
Erkenntnis, dass es in unserem Weltall eine bislang noch vollkommen unbekannte
Dunkle Energie geben muss, die der Grund für diese beschleunigte Expansion ist.
"Als mir die ersten Daten vorgelegt wurden, die darauf hindeuteten, dass sich
das Weltall beschleunigt ausdehnt, war ich wirklich geschockt", erinnert sich
Astronomie-Professor Alex Filippenko, der als einziger Wissenschaftler in beiden
Teams mitgearbeitet hat. "Ich habe zunächst an einen Fehler in der Datenanalyse
oder der Interpretation geglaubt."
Auch Gerson Goldhaber, Physikprofessor an der University of California
in Berkeley, Astrophysiker am Lawrence Berkeley National Laboratory
(LBNL) und Mitglied des Supernova Cosmology Project erinnert sich an
den Moment, an dem er begriff, was die Ergebnisse zu bedeuten hatten: "Als wir
mit den Messungen begonnen haben, wollten wir eigentlich nachweisen, dass sich
die Expansion des Universums verlangsamt. Und wir haben entdeckt, dass sie sich
beschleunigt. Das war so ein Heureka-Moment, bei dem ich die Ehre hatte, dabei
zu sein."
Bis dahin war man allgemein davon ausgegangen, dass sich - bedingt durch die
Anziehung der Massen im Weltall - die Expansion des Universums verlangsamen
würde und die große Frage war, ob der Kosmos trotzdem immer weiter expandiert,
die Expansion
irgendwann zum Stillstand kommt oder das Universum vielleicht sogar wieder in sich
zusammenstürzt. Mit der Entdeckung der beschleunigten Expansion wurden die
bisherigen Theorien vollkommen auf den Kopf gestellt und eine neue wichtige
Komponente des Weltalls postuliert, die für diese Beschleunigung verantwortlich
ist: die Dunkle Energie.
Heute glaubt man, dass bis zu drei Viertel des Universums aus Dunkler
Energie besteht. "Ich glaube diese Entdeckungen markieren das Ende der
Anfangsphase für die Kosmologie", urteilt Adam Riess, der Hauptautor der
Publikationen des High-z-Supernova Search Teams war. "Die Bestandteile
des Universums stehen nun fest, aber ihre Natur bleibt weiterhin ein Geheimnis."
Um das Rätsel der Dunklen Energie zu lösen wird man, so die heute gängige
Auffassung, wohl eine neue Theorie finden müssen, die die beiden fundamentalen
Theorien der Physiker zu einer Theorie zusammenführt, nämlich Einsteins
Relativitätstheorie und die Quantenphysik.
Die Entdeckung der beschleunigten Expansion des Universum gelang den Teams
durch Beobachtung von Supernova-Explosionen von Typ Ia in entfernten Galaxien,
wodurch sie Entfernungen in großen Teilen des sichtbaren Universums recht genau
bestimmen konnten. "Es war ein verrücktes Ergebnis, das schwer zu akzeptieren
war", so die Gruber-Stiftung in der Begründung des Preisvergabe. "Trotzdem haben
zwei konkurrierende Teams gleichzeitig das gleiche Ergebnis erhalten."
Das Preisgeld von 500.000 US-Dollar wird zwischen Perlmutter und Schmidt
sowie den Autoren der beiden entscheidenden wissenschaftlichen
Veröffentlichungen aufgeteilt. "Der Gruber Kosmologie-Preis ist eine große Ehre
für beide Teams", so Perlmutter. "Es kommt sehr selten vor, dass ein
wissenschaftlicher Preis tatsächlich alle auszeichnen kann, die an der
Entdeckung mitgearbeitet haben. Aber hier ist das - mit einigen Ausnahmen -
tatsächlich der Fall und das ist fantastisch."
Der Kosmologie-Preis wird von der Gruber-Stiftung in Zusammenarbeit mit der
Internationalen Astronomischen Union (IAU) vergeben.
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