Für die NASA ist es eine Katastrophe: Vier ihrer Raumsonden -
der Mars Climate Orbiter, der Mars Polar Lander und
zwei Deep Space 2-Sonden - scheinen verloren und damit das
komplette Mars Surveyor 1998 Programm. Allerorten wird nun nach
Schuldigen gesucht und viele geben der neuen "Billiger, besser,
schneller"- Devise der Weltraumbehörde die Hauptschuld. Nicht so die
Planetary Society. Solche Pannen, so der Verein, hätte es
schließlich auch schon früher gegeben.
Längst
geht es in der Diskussion um den jetzt wohl recht wahrscheinlichen Verlust
des Mars Polar Landers nicht nur um die aktuelle Panne, sondern
vielmehr um die Zukunft des gesamten Marsprogramms der NASA: Die wollte
nämlich regelmäßig rund alle zwei Jahre - wenn Mars und Erde optimal
zueinander stehen - Raumsonden zur Erforschung des roten Planeten
losschicken. So ist für 2001 der Start des Mars Surveyor 2001
Orbiters und eines weiteren Landers geplant, der wieder einen
kleinen Rover an Bord haben soll.
Wieder zwei Jahre später wollen die Amerikaner einen weiteren Lander
zum Mars auf den Weg bringen. Dieser, so der Plan, hat einen noch
größeren Rover an Bord, der Gesteinsproben sammelt und zum Lander
zurückbringt. Dieser besitzt dann eine kleine Rakete, mit der die Gesteine vom
Mars zur Erde zurücktransportiert werden sollen. 2003 wollen auch die
Europäer ihren Mars Express starten, der auch einen kleinen
Rover an Bord haben wird. Und auch für 2005 hat die NASA schon Pläne
für den Start eines Landefahrzeuges parat.
Mit dem Verlust von nunmehr vier NASA-Raumschiffen, beginnt mancher,
die ambitionierten Pläne der NASA zu überdenken. Wohl zu recht, soll
doch beispielsweise der Mars Surveyor 2001 Lander im wesentlichen
die gleiche Technologie zur Landung verwenden, wie der Mars Polar
Lander. Viele machen die "Billiger, besser,
schneller"-Devise der NASA für die jüngsten Pannen verantwortlich,
mit der die NASA beweisen wollte, dass man Weltraummissionen auch in
kürzerer Zeit und mit deutlich weniger Geld verwirklichen kann.
Zu Unrecht, findet Louis Friedman, geschäftsführender Direktor der Planetary
Society, einer von Carl Sagan gegründeten Organisation, die sich für
die Erforschung unserer und ferner Planetensysteme einsetzt. Die
Gesellschaft hatte das Mikrofon an Bord des Landers zur Verfügung
gestellt und anlässlich der Landung ein großes Planetfest
organisiert. "Billiger, besser, schneller ist nicht der
Schuldige", schreibt Friedman auf der Webseite der Planetary
Society. "Schon vorher gab es Misserfolge und viele von ihnen bei
Missionen, die lange vorbereitet wurden und sehr teuer waren." Die
neue NASA-Methode Planetenmissionen zu realisieren sei halt sehr neu und
viele in Forschung und Industrie - aber auch die Öffentlichkeit mit ihren
Erwartungen - hätten sich wahrscheinlich noch nicht richtig darauf
eingestellt. Immerhin würde der finanzielle Verlust aller vier Mars
Surveyor 1998-Sonden weniger als die Hälfte der 1993 gescheiterten Mars Observer-Mission ausmachen.
Der jetzige Verlust, so Friedman, sei zwar ein enttäuschender Unfall,
doch letztlich keine Katastrophe. Die Unterstützung - besonders der
Öffentlichkeit - für die Erkundung des roten Planeten sei ungebrochen.
Doch natürlich besteht Handlungsbedarf: Am meisten wird derzeit
kritisiert, dass der Lander während des Landevorganges für 20
Minuten keinen Kontakt zur Erde hatte. Das war geplant, doch macht es in
der jetzigen Situation eine Ursachenforschung sehr schwierig. Immerhin
funktionierte der Lander bis zum Abbruch des Funkkontakts
einwandfrei und was danach passierte, ob er in der Atmosphäre verglühte oder
auf der Marsoberfläche verunglückte, dürfte wohl nicht herauszufinden sein.
Richard Cook, Projektmanager des Mars Polar Landers, bestätigte
auch schon Überlegungen, bei der 2001er-Version eine zusätzliche Antenne
anzubringen, die einen Funkkontakt während der Landung ermöglicht.
Die NASA-Offiziellen schließen sogar mittlerweile auch eine
Verschiebung der nächsten - für Anfang 2001 geplanten - Marsmissionen
nicht aus: Der amerikanische Online-Dienst SpaceViews zitiert
NASA-Chef Goldin mit den Worten: "Wir werden nichts
überstürzen und nur ein Raumschiff bauen, um irgendeinen Termin
einzuhalten."