Hat der Riesenstern im Orion einen Begleiter?
von
Stefan Deiters astronews.com
23. Oktober 2024
Erst vor einigen Jahren hielt Betelgeuse die Astronomie in
Atem: Die Helligkeit des Riesensterns verringerte sich deutlich, was manche als
Hinweis auf eine unmittelbar bevorstehende Explosion werteten. Die gab es zwar
nicht, doch eine Frage bleibt: Was verursacht die periodischen
Helligkeitsschwankungen des Sterns? Ein Team tippt nun auf einen unentdeckten
Begleiter.
Der Riesenstern Betelgeuse könnte von einem kleinen Begleiter
umkreist werden, der für die beobachteten langperiodischen
Helligkeitsschwankungen verantwortlich ist.
Bild:
Lucy Reading-Ikkanda / Simons Foundation [Großansicht] |
Betelgeuse im Sternbild Orion ist von der Erde aus gesehen der zehnthellste
Stern am Nachthimmel. Es handelt sich um einen Riesenstern, der sein Leben
früher oder später in einer Supernova-Explosion beenden wird. Als vor einigen
Jahren die Helligkeit des Sterns für einige Monate überraschend stark zurückging, werteten das einige als Hinweis auf eine unmittelbar bevorstehende
Explosion - eine These, die allerdings nicht von allen Forschenden geteilt
wurde. Der Stern wurde dann bald auch wieder heller. Die Helligkeit von
Betelgeuse war auch vor diesem Ereignis nicht konstant, sondern schwankt in zwei
verschiedenen Perioden: Für eine der Perioden könnte ein bislang unentdeckten Begleiter
verantwortlich sein, der den Riesenstern
umkreist.
Der Begleitstern, seine offizielle Bezeichnung wäre Alpha Ori B,
verhält sich praktisch wie ein Schneepflug, und schiebt bei der Umrundung von
Betelgeuse lichtblockierenden Staub zur Seite, wodurch der Riesenstern zeitweise
heller erscheint. Jared Goldberg vom Center for Computational Astrophysics des
Flatiron Institute und sein Team haben diesen Prozess simuliert und sind zu
dem Schluss gekommen, dass keine andere Theorie die Beobachtungen besser
beschreibt als ein Begleitstern, dem Goldberg den Spitznamen "Betelbuddy"
gegeben hat. "Wir haben jede Quelle der Variabilität ausgeschlossen, die wir uns
vorstellen konnten, um zu erklären, warum die Aufhellung und Abdunkelung auf
diese Weise erfolgte", sagt Goldberg. "Die einzige Hypothese, die zu passen
schien, ist, dass Betelgeuse einen Begleiter hat."
Wie viele Riesensterne zeigt auch Betelgeuse Pulsationen, die etwas über das
Stadium verraten können, in dem sich der Stern gerade befindet - und damit auch
über sein möglicherweise bevorstehendes Ende. Bei Betelgeuse kennt man zwei Perioden,
in denen sich die Helligkeit des Sterns verändert: eine von etwa einem Jahr und
eine von sechs Jahren. Einer dieser Perioden ist die natürliche Periode des
Sterns, die durch physikalische Prozesse im Inneren des Sterns verursacht wird.
Wenn es sich dabei um die sechsjährige Periode handelt, wäre die Entwicklung des
Sterns wesentlich weiter als angenommen und der Stern könnte tatsächlich bald explodieren.
Anders sieht es es, wenn die einjährige Periode den natürlichen "Herzschlag" des
Sterns darstellt, worauf mehrere Studien hindeuten. In diesem Fall müssten die
langperiodischen Helligkeitsschwankungen durch etwas verursacht werden, was sich
außerhalb des Sterns befindet.
In anderen Systemen ist dies tatsächlich ein Begleitstern, der sich durch
Staub bewegt, der von dem Riesenstern ausgestoßen wurde. Der Staub blockiert ein
Teil des Lichts, das von dem Stern ausgesandt wird. "Pflügt" nun ein Stern durch
diesen Staub und diesen damit aus dem Sichtfeld, kann mehr Licht von dem Stern die Erde erreichen, er wird für uns
heller. Das Forschungsteam hat untersucht, ob andere Prozesse die lange Periode
der Helligkeitsschwankungen verursacht haben könnten. Beispiele dafür wären etwa
Prozesse im Inneren oder periodische Veränderungen des starken
Magnetfelds des Sterns.
Nach der Kombination von Daten aus direkten Beobachtungen von Betelgeuse mit
Computermodellen, die die Aktivität des Sterns simulieren, kam das Team zu dem
Schluss, dass der Begleitstern bei weitem die wahrscheinlichste Erklärung ist.
"Sonst passte nichts zusammen", sagt Goldberg. "Wenn es keinen 'Betelbuddy'
gibt, bedeutet das im Grunde, dass etwas viel Seltsameres vor sich geht - etwas,
das mit der aktuellen Physik unmöglich zu erklären ist." Noch unklar ist, wie
der Begleitstern aussehen könnte: Vermutlich handelt es sich um einen Stern mit
der doppelten Masse unserer Sonne. "Ein sonnenähnlicher Stern ist die
wahrscheinlichste Art von Begleiter, aber das ist noch lange nicht schlüssig",
so Meridith Joyce von der University of Wyoming.
Als nächstes will das Team versuchen, den vermuteten Begleiter von Betelgeuse
direkt zu beobachten und arbeitet entsprechende Beobachtungsvorschläge aus. Ein
Beobachtung könnte bereits um den 6. Dezember möglich sein. Über ihre Ergebnisse berichtet das Team in einem Fachartikel, der in der
Zeitschrift Astrophysical Journal erscheinen wird.
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